Hagen. Vier Lotto-Tabakläden in guter Lage hat Theo Vielhaber mal in Hagen betrieben - zwei davon sind nun verkauft. Über den Frust eines Händlers:
Im Schwenke-Center ist an diesem Morgen nicht viel los. Ein Mann mit Sporttasche kommt aus dem Fitnesscenter und geht an Theo Vielhaber vorbei, der vor seinem Lotto-Tabakwarengeschäft steht und ein bisschen wehmütig aussieht. Bis vergangenes Jahr gehörten ihm vier Geschäfte dieser Art im Stadtgebiet, doch zwei davon hat er schweren Herzens verkauft. Seine früheren Geschäfte in der Badstraße und am Märkischen Ring in Hagen führen nun andere Inhaber weiter.
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Lotto-Gewinner im Laden
Der 60-Jährige will nicht nur angesichts seines fortgeschrittenen Alters kürzertreten. Auch spricht oft Frust aus seiner Stimme, wenn er auf die fast zwei Jahrzehnte zurückblickt, seit er seinen ersten Laden in der Badstraße aufgebaut hat. „Heute bin ich nur noch mit Bürokratie beschäftigt und komme gar nicht mehr zum Kunden in den Verkauf. Dabei habe ich das immer am liebsten gemacht.“ So erinnert er sich noch gut an mehrere Lottogewinner, die in seinem Laden von ihrem Millionen-Gewinn erfahren haben. „Ein junger Mann war danach so platt, der musste sich erstmal hinter der Theke setzen. Ich habe ihm dann ein Glas Wasser gereicht.“
„Heute bin ich nur noch mit Bürokratie beschäftigt und komme gar nicht mehr zum Kunden in den Verkauf. Dabei habe ich das immer am liebsten gemacht“
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Erster Laden in der Badstraße
Per Zufall ist Theo Vielhaber damals über einen Bekannten an seinen ersten Lotto-Tabakwaren-Laden an der Badstraße gekommen. Direkt gegenüber hatte kurz zuvor das neue Sparkassen-Karree eröffnet. In den Jahren danach kamen ein zweiter Laden im Schwenke-Center und ein dritter Laden am Märkischen Ring dazu. Ein vierter Standort in Hohenlimburg rundete sein Filialnetz an Lotto-Tabak-Läden ab.
Flut trifft Geschäft
Es war auch die Filiale in Hohenlimburg, die ihn zuletzt viel Kraft gekostet hat. Als im Sommer 2021 der Starkregen fiel und Wassermassen über die Straßen strömten, da wurde auch sein Geschäft in Hohenlimburg überschwemmt. „Der Laden war komplett kaputt“, erinnert sich Theo Vielhaber. Er entschied sich, daneben einen Container aufzustellen und dort sein Geschäft weiterzuführen, zumindest für die Zeit der Aufräumarbeiten. Dorthin wurde ihm ein jugendlicher Testkäufer geschickt, wie er berichtet. Sein Azubi hat den Jugendlichen bedient. „Das kann leider passieren, wenn es gerade sehr stressig im Laden ist.“
Jugendschutzkontrollen
Zum Hintergrund: Für den Betrieb von Lotto-Annahmestellen gelten strikte Regeln, schließlich handelt es sich um staatlich geregeltes Glücksspiel. Jugendschutz spielt eine große Rolle, „und das ist auch gut so“, betont Vielhaber. Dass ihm ein Testkäufer geschickt wurde, wo er doch gerade seine Existenz nach der Flut neu aufbauen musste, dafür hat er aber kein Verständnis. Zwar war die Strafzahlung mit 500 Euro noch vergleichsweise human, sagt der Hagener. Doch dabei blieb es nicht.
„Es ist wie ein Damoklesschwert, das über mir schwebt. Daran hängt meine Selbstständigkeit.“
Eintrag im Zentralregister
Er zeigt einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister, darauf ist sein Laden notiert. „Zulassen der Teilnahme von Minderjährigen an öffentlichem Glücksspiel“, ist in dem Auszug vermerkt. Ein negativer Eintrag, der nach mehreren Jahren verschwindet, ihm bis dahin aber Sorgen bereitet. Denn den Betrieb seiner Annahmestellen muss er regelmäßig neu genehmigen lassen „und mit diesem Negativeintrag ist es im Ermessen des Sachbearbeiters, ob ich diese Genehmigung bekomme.“ Mehrfach habe er seither die Genehmigung zwar wieder erhalten. Aber: „Es ist wie ein Damoklesschwert, das über mir schwebt. Daran hängt meine Selbstständigkeit.“
Gewerbeerlaubnis nötig
Ob trotz Eintrag im Zentralregister die Gewerbeerlaubnis weiter erteilt wird oder nicht, das hänge von verschiedenen Faktoren ab, teilt das Bundesamt für Justiz hierzu auf Anfrage mit. „Die Entscheidung erfolgt nach einer umfassenden Prüfung aller relevanten Umstände, wobei das zentrale Kriterium stets die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ist.“
Steigende Kosten
Derweil machen Theo Vielhaber auch die steigenden Kosten bei Energie, Mieten und Gewerbesteuer zu schaffen. Denn die Provisionen für Lotto-Annahmestellen seien zu gering und bei vielen Artikeln könne er nicht am Preis schrauben. „Wir haben das Problem, dass viele unserer Artikel preisgebunden sind, wie Tabak, Lottoscheine und Zeitschriften. Da kann ich die Preise nicht erhöhen.“
Zwei Läden übrig
Mit zwei verbliebenen Geschäften in Hohenlimburg und im Schwenke-Center ist sein Filialnetz überschaubarer als früher. Diese Läden wird er erst einmal weiter betreiben - und auch seine zwei ehemaligen Läden ist er noch nicht ganz los. Denn als Selbständiger greift für ihn die gesetzliche Aufbewahrungsfrist: Zehn Jahre muss er Geschäftsunterlagen wie Kassenbons und Belege aufbewahren. Für die Papierbelege hat er ein Lager angemietet - und für die digitalen Daten einen Server.