Hagen. Das Problem ist kaum bekannt: Feuchtes Toilettenpapier sorgt in Hagen regelmäßig für verstopfte Pumpen. Diese Männer müssen dann helfen:
Max Freiheit klettert die Leiter hinab, gesichert mit einem Seil, gut fünf Meter tief in den Pumpensumpf. Das Wasser steht ihm bis zur Brust - es hat gerade erst geregnet. Die Autos und Lkw rauschen die Ruhrtalstraße entlang. Sie kriegen nicht mit, was sich unter der Erde direkt neben der Fahrbahn abspielt. Max Freiheit klinkt unten einen Haken an eine der großen Abwasserpumpen, die bei Regenwetter gut 35 Liter Wasser pro Sekunde fördern können. Sie wird von einem Kran an die Oberfläche gezogen und auf den Gehweg gehievt.
Sein Job und der seiner Kollegen liegt in der Hagener Unterwelt. Ein mehr als 680 Kilometer großes Kanalnetz liegt in dieser Stadt unter der Erde. Dazu 22 Pumpwerke, größere wie kleinere. An einem dieser Pumpwerke steht das WBH-Kanalteam, zu dem neben Max Freiheit heute Michael Pollok, Chris Sander und Roland Kapust (Fachleiter Kanalnetzunterhaltung beim Wirtschaftsbetrieb Hagen) zählen. Es ist das Pumpwerk, das in den letzten Jahren am meisten Probleme gemacht hat.
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Und das nicht etwa, weil immer wieder Müll oder Dreck in den Kanälen landet. „Die größten Probleme bereitet uns mit Abstand feuchtes Toilettenpapier“, sagt Roland Kapust.
Feuchtes Toilettenpapier verstopft die Pumpen
Wenn beispielsweise in der Nähe von neueren Baugebieten Abwasser über Pumpwerke angehoben werden muss, weil es nicht durch ein natürliches Gefälle wegtransportiert werden kann, dann werden die Feuchttücher zum regelrechten Pumpenkiller. Die Fasern verstopfen die Pumpen oder drehen sich in ihnen fest. Wenn niemand es dort händisch wieder herausholt, dann sorgt das für Wasserrückstau im Kanal. Und weil viele Haushalte keine Rückstauklappen haben, laufen dann Keller oder Häuser voll - ganz einfach erklärt. Ein Problem, das kaum in der Öffentlichkeit bekannt ist.
Max Freiheit und seine Kollegen sind jedenfalls die, die einspringen, wenn mal wieder eine dieser Pumpen verstopft ist. „Hier an der Ruhrtalstraße hatten wir fast jede Woche Probleme und Reinigungseinsätze. Eine verstopfte Pumpe zu befreien, das dauert gut drei Stunden. Bindet also unfassbar Zeit und Personal und kostet Geld“, sagt Roland Kapust. An diesem Problem-Standort gibt es mittlerweile eine Lösung. Ein Doppelwellenzerkleiner. So nennt sich die Maschine mit rotierenden Rollen, die grobe und feste Störstoffe zerkleinern kann. Gut 35.000 Euro hat der Einbau samt Maschine gekostet. „Wir können sie allerdings nicht an jedem Standort einsetzen. Gerade bei den kleineren reicht der Platz nicht“, erklärt Kapust.
„Eine verstopfte Pumpe zu befreien, das dauert gut drei Stunden. Bindet also unfassbar Zeit und Personal.“
Viele kennen das Problem nicht
Zwar gibt es an den anderen Pumpstandorten nicht so häufig und ausgeprägt Probleme wie zuletzt an der Ruhrtalstraße. „Aber die Probleme verschieben sich. Wir bemerken, dass da, wo jüngere Generationen sich ansiedeln, tendenziell häufiger feuchtes Toilettenpapier für verstopfte Pumpen sorgt. Früher war das kein Problem“, sagt Kapust.
Jedenfalls müssen im Fall der Fälle die Pumpen per Kran herausgezogen, der Pumpensumpf ausgesaugt und die Pumpen händisch auseinandergebaut und gereinigt werden. Dafür müssen die Kollegen zunächst in den Untergrund klettern und durch das Abwasser - hier an der Ruhrtalstraße Mischwasser aus Regen- und Abwasser - waten. Zuvor gilt es, Messungen mit einem kleinen Warngerät durchzuführen, das beispielsweise Alarm schlägt, wenn Gase im Pumpenraum festgestellt werden. Für den Einsatz müssen mehrere Kollegen vor Ort sein. Auch aus Sicherheitsgründen.
Seit der Doppelwellenzerkleinerer eingebaut ist, gehen an diesem Standort die Probleme gen Null. An anderen Standorten gibt es wöchentliche Prüfungen und regelmäßige Reinigungsaktionen. „Wir hoffen und können daher nur appellieren, dass die Leute weniger feuchtes Toilettenpapier nutzen“, sagt Kapust. „Vielen ist vermutlich gar nicht bewusst, dass es solche Probleme verursacht.“
„Vielen ist vermutlich gar nicht bewusst, dass feuchtes Toilettenpapier solche Probleme verursacht.“
Die Pumpe wird zurück unter die Erde gelassen und verschwindet unter der Luke. Das Team kann abrücken. Aber bis zum nächsten Einsatz wird es sicher nicht lange dauern.