Hagen. Die Stadt Hagen hat das Aus für einen geplanten Kindergarten verkündet. Dem Investor seien die Kosten zu hoch.

Aus dem Bau eines Kindergartens an der Fleyer Straße 174 wird nichts. Wie die Stadt Hagen mitteilte, sehe sie die Realisierung des Projekts aufgrund der stark gestiegenen Kosten (Baukosten und Zinsen) als nicht mehr gegeben an.

Die Kita sollte im Auftrag der Firma AM Immobilien GmbH errichtet und von einem privaten Träger betrieben werden, der eine im Rahmen des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) übliche Miete zahlen würde. Aufgrund der hohen Kosten liege diese Miete zurzeit erheblich unter den für den Investor notwendigen Einnahmen, so die Stadtverwaltung.

Stadt sollte für Differenz aufkommen

Bis die Kibiz-Miete die Erwartungen erfülle, habe deshalb die Stadt Hagen für die Differenz aufkommen sollen. Das lehnte die Verwaltung jedoch ab. Grundsätzlich befasse sich die Stadt zwar durchaus mit den diversen Möglichkeiten, Kitaprojekte an dringend benötigten Standorten und im Sinne einer ausreichenden Versorgung mit Betreuungsplätzen zu realisieren und, wo es möglich sei, den Prozess zu unterstützen, so Clara Treude, Sprecherin der Stadt Hagen: „In diesem Fall haben wir uns aber gegen die gewünschte Delta-Finanzierung entschieden.“

„In diesem Fall haben wir uns aber gegen die gewünschte Delta-Finanzierung entschieden.“

Clara Treude
Sprecherin der Stadt Hagen

An der Fleyer Straße sollte ein Kindergarten mit vier Gruppen für insgesamt 75 Jungen und Mädchen errichtet werden. Die Notwendigkeit zur Schaffung weiterer Betreuungsplätze ist riesig in der Stadt, nach Angaben der Verwaltung besteht im nächsten Jahr ein Fehlbedarf von mehreren hundert Plätzen.

Kinderzahl in Mitte steigt stark an

Die Fleyer Straße und ihr Einzugsgebiet gehören zum Stadtbezirk Mitte, in dem die Kinderzahl besonders steil nach oben zeigt.

Eine Bauvoranfrage zum Bau der Kita hatte die Stadt bereits 2020 positiv beschieden. Doch nach einer Klage aus der Nachbarschaft, die sich u.a. darauf berufen hatte, dass durch den Kindergarten ein Gebietserhaltungsanspruch verletzt werde, musste das Projekt zunächst auf Eis gelegt werden.

Verwaltungsgericht weist Bedenken zurück

Das Verwaltungsgericht Arnsberg hatte die Bedenken der Kläger jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, nachbarliche Rechte würden durch den Bau der Kita nicht verletzt.

Angesichts steigender Kinderzahlen in Hagen möchte die Stadt den Neu- und Ausbau von Kindergärten eigentlich forcieren und in den nächsten zwei Jahren insgesamt knapp 600 neue Betreuungsplätze schaffen.

Kita-Ausbau kommt nicht voran

Doch der geplante Kindergarten an der Fleyer Straße ist nicht das einzige Projekt, das nicht oder nicht pünktlich verwirklicht werden kann. Derzeit befinden sich 26 Vorhaben in unterschiedlichen Planungs- und Realisierungsstadien. Das Ausbauprogramm komme kaum noch voran, klagt die Stadtverwaltung. So werde im kommenden Kindergartenjahr 2024/25 keine der zur Fertigstellung geplanten Einrichtungen eröffnen können (beispielsweise der Neubau in der Langenkampstraße in Hohenlimburg oder der Umbau des Kindergartens in der Prentzelstraße).

Hintergrund sind neben den Kostensteigerungen und explodierenden Zinsen fehlende Handwerker und Baumaterialien sowie die bürokratischen Hürden bei der Prüfung von Baugrundstücken und Baugenehmigungen sowie eine Vielzahl von geforderten Gutachten. Zwar wird es laut Stadt gelingen, im nächsten Jahr 169 Plätze mehr anzubieten als es derzeit noch der Fall ist, doch angesichts der weiterhin steigenden Kinderzahlen, des ungebrochenen Zuzugs von Flüchtlingen und der Einwanderung aus Südosteuropa erscheint das nur als Tropfen auf dem heißen Stein.

12.000 Kinder im Vorschulalter

Derzeit leben in der Stadt 12.000 Kinder im Vorschulalter, in den 106 Hagener Kindergärten und bei Tagesmüttern werden 7498 Jungen und Mädchen betreut, davon 1979 U3-Kinder. In Deutschland existiert bekanntlich keine Kindergarten-Pflicht, doch es gibt einen Rechtsanspruch. Würden also alle Eltern ihre Kinder ab dem ersten Lebensjahr in einer Tagesstätte anmelden, würde das System kollabieren.

So aber kommt die Stadt mit einem blauen Auge davon, weil viele Familien ihre Kinder erst mit vier oder fünf Jahren in eine Kita schicken. Die Bilanz ist ernüchternd: Um die vom Stadtrat vorgegebene Betreuungsquote von 38 Prozent im U3-Bereich zu realisieren, fehlen in Hagen noch 219 Plätze. Dadurch wird, inklusive Tagespflege, lediglich eine Quote von 34,2 Prozent erreicht.

562 Plätze fehlen für Drei- bis Sechsjährige

Für die Altersgruppe der drei- bis sechsjährigen Kinder, für die eine Betreuungsquote von 98 Prozent gilt, fehlen sogar 562 Betreuungsplätze. Hier liegt die Quote nur noch bei 88,8 Prozent. Macht zusammen 781 Kindergartenplätze zu wenig in Hagen.

Der Hagener Landtagsabgeordnete Wolfgang Jörg (SPD) hält es für dringend geboten, dass die Landesregierung umgehend das Kinderbildungsgesetz reformiert, damit der Bau neuer Kindergärten abgesichert ist und Investoren sich nicht, wie in der Fleyer Straße, von ihren Plänen zurückziehen, da ihnen sonst eine finanzielle Unterdeckung droht.

In Hagen gibt es 106 Kindergärten, 16 Großtagespflegestellen und 142 Tagesmütter.