Hagen. 48-Millionen-Steuerhinterziehung: Im Spielhallen-Prozess in Hagen hofft der Hauptangeklagte auf Haftverschonung. Doch die Richter bleiben hart.

Der Spielhallen-Prozess, in dem es um 48,4 Millionen Euro hinterzogener Steuern geht: Noch 16 Tage – dann befindet sich der Hagener-Casino-Betreiber-Boss (43) seit genau einem Jahr in Untersuchungshaft. Im Hagener Gefängnis sei er mit harten Kriminellen und Drogensüchtigen zusammen und leide furchtbar darunter, appellierte Verteidiger Malte Cordes (Dortmund) ans Gericht, seinen Mandanten auf freien Fuß zu setzen. Doch die Wirtschaftsstrafkammer lehnte das Ansinnen konsequent ab.

Tonnenweise Geld sichergestellt

Rückblende: Am 27. September letzten Jahres waren bei einer Groß-Razzia an elf Standorten in NRW 40 Spielhallen durchsucht worden, zeitgleich die Firmenräume und Privathäuser der Casino-Betreiberfamilie hier vor Ort. Auf ihrem Anwesen wurden tonnenweise Münzen und Scheine sichergestellt.

Mitangeklagter Freund: Erweitertes Geständnis


Der mitangeklagte Freund der Familie (50) gab am Mittwoch ein erweitertes Geständnis ab: Die Ma
nipulation der Spielgeräte hätte bereits im Januar – und nicht erst im März 2013 begonnen.
Auch nach der Durchsuchung Anfang 2016 wären die Manipulationen nicht eingestellt, sondern noch bis Ende 2017 weiterbetrieben worden. Erst ab 2018 hätte man damit aufgehört.

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In Untersuchungshaft genommen wurden damals das 43-jährige Familien-Oberhaupt und zunächst noch dessen jüngerer Bruder (39) sowie ein Freund der Familie (50), der ebenfalls Spielhallen betreibt. Alle drei sind derzeit angeklagt – doch sowohl der Bruder kam gegen eine Kaution (in Höhe von 450.000 Euro) frei, als auch der Freund (gegen eine Kaution in Höhe von 150.000 Euro). Lediglich der Casino-Betreiber-Boss schmort noch immer hinter Gittern. Das Gericht hatte schon im Vorfeld seine Freilassung abgelehnt, obwohl zwei Millionen Euro Kaution angeboten worden waren.

Am Mittwoch, am 19. Verhandlungstag, hielt Strafverteidiger Cordes den Zeitpunkt für gekommen, das Thema „Haftverschonung“ erneut anzusprechen: „Mein Mandant hat hier im Verfahren vorbehaltlos zur Sachaufklärung beigetragen“, brachte er vor und bot an, die Kaution, die für den jüngeren Bruder aufgebracht worden ist, „umzuschichten, um den Fluchtanreiz weiter zu mindern“.

Hagener JVA prägt deutlich

Richter Andreas Behrens betonte: Die Mitwirkung des Angeklagten im Verfahren sei zur vollsten Zufriedenheit der Kammer verlaufen, das werde sich auf das Strafmaß auswirken. „Doch bei der Steuerhinterziehung steht eine hohe Summe im Raum, bei der eine hohe Freiheitsstrafe zu befürchten ist. Wenn in so einem Fall keine U-Haft mehr angemessen ist, dann bräuchten wir in der Wirtschaftsstrafkammer keinen mehr in U-Haft zu nehmen.“

Mit penetranter Hartnäckigkeit versuchte der Anwalt, das Gericht doch noch umzustimmen: „Mein Mandant hat seine gesamte Familie hier, da trägt auch keiner Kopftuch, es sprechen alle gutes Deutsch. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass alle gerichtlichen Auflagen eingehalten werden und dokumentiert, dass niemand in die Türkei abhauen will.“

Sein Mandant habe ein abgeschlossenes Hochschulstudium mit der Note 1,3 und sei im Hagener Knast mit einer „völlig anderen Klientel“ zusammen: „Das prägt deutlich.“

Das kurdische Familien-Oberhaupt meldete sich schließlich noch selbst zu Wort: „Ich habe eher Angst, dass ich später abgeschoben werde.“