Hagen..

Prof. Karl-Heinz Hasenritter vom Institut für Verwaltungswissenschaften hat im Auftrag der Stadt Hagen den Bereich Kultur (Osthaus-Museum, Kulturbüro und Historisches Centrum) analysiert. Rund 32 000 Euro kostet die Untersuchung, die unter dem Titel „Organisationsberatung der Kultureinrichtungen der Stadt Hagen“ erschienen ist. Insbesondere der Vorschlag, künftig auf Wechselausstellungen im Historischen Centrum zu verzichten, stößt auf Kritik. Über das Gutachten und die Reaktionen darauf sprach unsere Zeitung mit dem Verwaltungswissenschaftler.

Die Reaktionen auf das Gutachten sind zum Teil heftig. Hatten Sie damit gerechnet?

Die Wechselausstellungen im Historischen Centrum erreichen vor allem Kinder und Jugendliche.
Die Wechselausstellungen im Historischen Centrum erreichen vor allem Kinder und Jugendliche. © WP Michael Kleinrensing | WP Michael Kleinrensing

Prof. Karl-Heinz Hasenritter: Ja, davon konnte man ausgehen. Mein persönliches Motiv, diesen Auftrag trotz der erwarteten Widerstände wahrzunehmen, war von meinen Erfahrungen als Regierungsberater im Schuldenmanagement der Türkei in den 90er-Jahren geprägt. Ich möchte als selbstbewusster Bürger dieser Stadt nicht, dass sich eine solche Not und ein solches Elend in der Stadt Hagen wiederholt wie ich es dort erlebt habe. Die Türkei hat es seinerzeit in einem Kraftakt zu Lasten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschafft, sich aus der Schuldenfalle zu befreien.

Aber sind die Einsparungen in dem Bereich, den Sie untersucht habe – das Theater ist ja ausgeklammert – nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

Hasenritter: Sie sind zumindest Teil eines großen Ganzen. Wir können es in Hagen immer noch aus eigener Kraft schaffen, wenn wir mutig genug sind, das „Weiter so“ zu stoppen. Die Zeit dafür ist allerdings fast abgelaufen. Die Stadt Hagen hat eine Zukunft als selbst verwaltete Kommune nur dann, wenn sie mit den laufenden Einnahmen die laufenden Ausgaben erwirtschaften kann. Um eine weitere Neuverschuldung zu vermeiden, muss die Stadt Hagen kurzfristig auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite ca. 45 Millionen Euro selber erwirtschaften. Und zwar real und nicht nur auf dem Papier. Vor diesem Hintergrund sollte man unsere Konsolidierungsvorschläge einordnen.

Vorschläge, die auch bei vielen Mitarbeitern nicht auf Gegenliebe stoßen dürften . . .

Hasenritter: Unserem Gutachten ging ein interner Organisationsentwicklungsprozess mit breiter Mitarbeiterbeteiligung voraus. Dieser Prozess hat leider zu keinem konsensfähigen Ergebnis im Hinblick auf eine Fachbereichsbildung und notwendige Konsolidierungen geführt. So entstand der Wunsch, einen externen Gutachter zu beauftragen. Kürzungen im Konsens sind erfahrungsgemäß schwierig zustande zu bringen.

Und das Ergebnis ist eine Analyse, die zunächst äußert erfolgreiche Wechselausstellungen im Historischen Centrum in Frage stellt. Warum?

Hasenritter: Es geht ja nicht um eine qualitative Bewertung der Ausstellungen. Unser Auftrag ist es in erster Linie, die den Kultur-Leistungen zugeordneten Geschäftsprozesse zu analysieren und Verbesserungsvorschläge zu machen. Anschließend haben wir im Ist und Soll den Personalbedarf ermittelt. Den Sparvorschlag zum Wegfall der Wechselausstellung im Historischen Centrum haben wir in erster Linie gemacht, weil hier im Verhältnis zu allen anderen Leistungsbereichen die mit Abstand höchste Personalressourcenbindung gegeben ist. Die Exponate werden teilweise eigens von den städtischen Mitarbeitern erstellt. Der Schwerpunkt der personellen Einsparvorschläge insgesamt liegt aber eher beim Osthaus-Museum.

Wo liegen die Fehler, die zu den Ihrer Meinung nach zu hohen Ausgaben im Kulturbereich führen?

Hasenritter: Das Museum für Ur- und Frühgeschichte hat die Stadt erst vor rund sieben und die lokalgeschichtliche Dauerausstellung erst vor rund sechs Jahren in neuen Räumen eröffnet. Das Schuhmacher-Museum wurde in 2009 eröffnet. Schon zum Zeitpunkt der Planung dieser Einrichtungen befand sich die Stadt in einer gravierenden Finanzmisere. Der Unterhalt dieser Einrichtungen ist „auf Pump“ finanziert. Eine ökonomische Rechtfertigung lässt sich nur finden, wenn daraus im Gegenzug Einnahmepotenziale aus dem Tourismus für den Kulturbetrieb, das Hotel- und Gaststättengewerbe und den Einzelhandel und letztlich die Stadt entstehen. Diesen Zusammenhang haben wir versucht zu verdeutlichen. Deshalb erfahren der Hohenhof und das Kunstquartier eine andere Bewertung als ein lokalgeschichtliches Museum.

Prof. Sollbach hat Ihnen in einem Interview mit unserer Zeitung in Bezug auf die Herkunft der Exponate in der aktuellen Wechselausstellung sachlich falsche Aussagen vorgehalten. Hat er Recht?

Hasenritter: Nein. Ich möchte nicht in einen Kollegenstreit darüber eintreten, welche Exponate der Stadt Hagen zuzuordnen sind. Wer etwa meinen sollte, eine Poco-Küche oder eine vergleichbare Küchenmarke als Symbol für koschere Essenszubereitung, die in Hagen gegebenenfalls gespendet oder gekauft wurde, als Hagener Exponat begreifen zu müssen, soll dabei bleiben. Ich tue es nicht. Auch ein kopiertes Bild der Klagemauer in Jerusalem, das man mit einem davor gebauten Mauerelement aus Eigenproduktion versieht, weist für mich keinen Hagener Bezug auf. Ich könnte zahlreiche weitere Beispiele in dieser Richtung anführen. Wenn alles beim Alten bleibt, dürfen wir schon jetzt auf die Hagener Exponate der geplanten nächsten Wechselausstellung „Zwergenwelten Europas“ gespannt sein.