Hagen.

Es wäre vermessen gewesen, auf eine von weihnachtlicher Friedfertigkeit geprägte Ratssitzung zu spekulieren. Denn die jüngst bekannt gewordene Versteigerungsofferte für das im Hohenhof platzierte Hodler-Werk „Der Auserwählte“ ließ gestern im Hagener Rat noch einmal die Emotionen hochkochen. Vor allem die Tatsache, dass das Auktionshaus Christie’s bereits im September einen 10-Millionen-Euro-Erlös dem Oberbürgermeister in Aussicht gestellt hat, weckte zusätzlichen Argwohn.

Jörg Dehm machte unmissverständlich deutlich, dass der Hohenhof einen erheblichen Erhaltungsbedarf aufweise, für den eine dauerhafte Finanzierungsmöglichkeit gefunden werden müsse. Alle bisherigen Versuche, Gelder für diesen Hagener Kulturschatz zu akquirieren, seien gescheitert.

"Kein Grund, das Nachdenken einzustellen"

Zuletzt hatte selbst das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung festgestellt, dass der eigentliche Skandal der heutige Zustand der Osthaus-Villa sei und nicht etwa die empörte, bundesweite Debatte über eine bislang nicht einmal ins Auge gefasste Verkaufsabsicht des Hodler-Bildes. Der Verwaltungschef räumte ein, dass ein Verkauf von kommunalen Kulturgütern zwar von vielen Bildungsbürgern als ein Tabubruch geächtet werde, er dies allerdings noch nicht als „abschließendes Urteil“ ansehe: „Das Kopfstehen der Kulturszene ist für mich noch lange kein Grund, das Nachdenken einzustellen.“

Ein Gedanke, der von FDP-Fraktionschef Claus Thielmann unterstrichen wurde: „Wir sind so pleite wie sonstwas, da darf es keine Denkverbote geben“, plädierte er ähnlich wie Bürgermeister Hans-Dieter Fischer (CDU) dafür, einmal sehr genau im Keller des Karl-Ernst-Osthaus-Museums nachzusehen, welche Werke sich dort versilbern ließen, um die Existenz des Hohenhofes als Gesamtkunstwerk abzusichern. Karin Nigbur-Martini vertrat hingegen für Hagen Aktiv den Standpunkt, Hagen dürfte mit dem Argument der Nothaushaltskommune nicht alles rechtfertigen und die Stadt letztlich zu einer leeren Hülle abwirtschaften.

"Warnung vor deutschlandweiter Lachnummer"

SPD-Fraktionschef Mark Krippner warnte davor, sich durch konzeptlose Debatten auf Zuruf eines Auktionshauses weiter zur „deutschlandweiten Lachnummer“ zu machen. Vielmehr müsse der gesamte Themenkomplex Kunstverkauf zum Kunsterhalt zunächst mit der Fachlichkeit des Kulturausschusses erörtert und ein entsprechendes Konzept – auch in Abstimmung mit der Kommunalaufsicht – erarbeitet werden. Dem folgend empfahl auch OB Dehm, die Diskussion mit entsprechendem emotionalen Abstand zu den aktuellen Aufgeregtheiten neu zu führen.

Grünes Licht für Möbelmarkt

Weitaus gelassener gab der Rat, gegen die Stimmen von Grünen und Hagen Aktiv, der Bebauung der Haßleyer Insel durch einen Sonneborn-Möbelmarkt grünes Licht. Ebenso legte man der Bestellung von Dr. Marco Boksteen zum neuen Geschäftsführer der Hagener Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft ab März 2012 keine Steine in den Weg.

Denn letztlich wartete in der Lobby des Rates noch ein kulinarischer Jahresabschluss auf die Volksvertreter. Ein Moment, bei dem der weihnachtliche Frieden die aufgekommene Debatten-Hektik schon längst wieder überstrahlte. Und wer einen deutlich rhythmischeren Ausklang des politischen Jahres 2011 bevorzugte, zog zu vorgerückter Stunde noch mit auf die Tanzflächen des Fun-Parks.

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