Hagen-Kabel. Aus der S. Antonius-Kirche wurden Knochensplitter des Heiligen Antonius gestohlen. Für den Pastor liegt nah, dass die Täter die Kirche kennen.

Knochenreste des im Jahr 1231 verstorbenen Heiligen Antonius von Padua sind aus der gleichnamigen Antonius-Kirche an der Schwerter Straße gestohlen worden. Die heiligen Knochen waren in den 90er-Jahren nach Kabel gekommen und hinter einem geschmiedeten Käfig in der zeltartigen Kirche aufbewahrt worden. Der damalige Pastor Müller hatte sie für 3000 Mark von einem Goldschmied in Belgien gekauft. Jetzt bittet sein Nachfolger, Pastor Christoph Schneider, die Diebe: „Bitte bringen Sie die Reliquien zurück. Das Goldkästchen, in dem sie liegen, können Sie von mir aus behalten.“

Aus diesem geschmiedeten Käfig wurden die Überreste gestohlen.
Aus diesem geschmiedeten Käfig wurden die Überreste gestohlen. © Unbekannt | Mike Fiebig

Vergangener Freitagabend, 23 Uhr. Ein Zeuge beobachtet, wie ein schwarzer BMW vor der Antoniuskirche anhält. Vier von fünf Mitfahrern steigen aus und kommen laut dem Zeugen wenig später mit mehreren Gegenständen zurück. Vor Ort zeigt sich drei Tage später, dass die Einbrecher zunächst die wuchtige Holztür der Kirche aufbrechen wollen, dann aber ein Seitenfenster einschlagen. In der Kirche selbst fehlt nichts. Außer dem goldenen Kästchen mit den Reliquien, also mit Überresten des heiligen Antonius.

Für Pastor Schneider sieht es fast so aus, als wenn die Diebe die Stelle in der Kirche gekannt haben müssen. „So ein gezielter Diebstahl ist schon merkwürdig“, sagte er. Dabei hängen an den Wänden 400 Jahre alte und vergoldete Maria-Figuren, die eigentlich deutlicher auffallen. Allein die moderne Mikrofon-Anlage der Kirche würde jede Menge schnelles Geld bringen.

Der ehemalige Pastor Müller hatte die Reliquien in den 90er-Jahren in Belgien gekauft. Für 3000 Mark. Wobei Pastor Christoph Schneider präzisiert: „Reliquien selbst darf man nicht kaufen.“ Man dürfe aber Goldkästchen kaufen, in denen Reliquien liegen. Und man dürfe sie sich quasi innerkirchlich schenken lassen.

Opferstöcke lassen die Diebe hängen

Der Reliquienschrein aus der St. Antonius-Kirche in Kabel. Eine Archiv-Aufnahme. So sieht das Goldkästchen aus, das aus der Kirche entwendet wurde.
Der Reliquienschrein aus der St. Antonius-Kirche in Kabel. Eine Archiv-Aufnahme. So sieht das Goldkästchen aus, das aus der Kirche entwendet wurde. © Unbekannt | Archiv Pastoralverbund Nord

Bei Altarweihen beispielsweise kommt ein Erzbischof vorbei und übergibt Reliquien, die dann in den Altar eingelassen werden. Das ist auch in Kabel in den 70er-Jahren so geschehen. Von allen Kirchen im Hagener Norden ist St. Antonius die einzige, in der Knochen eines Heiligen gelagert sind. Die Opferstöcke – Geld-Blechdosen, die neben Reliquien an die Wand geschraubt sind – haben die Diebe übrigens hängen lassen.

Für Pastor Christoph Schneider liegt die Vermutung nah, dass die Täter schon öfter in der St. Antonius-Kirche gewesen sein müssen.  
Für Pastor Christoph Schneider liegt die Vermutung nah, dass die Täter schon öfter in der St. Antonius-Kirche gewesen sein müssen.   © WP / Mike Fiebig | Mike Fiebig


Der Heilige Antonius wirkte unter anderem als theologischer Lektor an der Universität von Bologna für den Franziskanerorden. Später lebte er in Südfrankreich, bevor er um 1227 nach Oberitalien zurückkehrte. Er galt als wichtigster Prediger seiner Zeit. Dazu sollen zahlreiche Wunder auf das Konto von Antonius gehen. Eines der bekanntesten ist die Fischpredigt in der Nähe von Rimini.

Antonius wollte der Stadtspitze eine Predigt gegen die Lehren der Katharer halten. Doch das misslang, weil er kein Gehör fand. Daraufhin richtete er seine Predigt am Meeresufer an die Fischer, die ihm so andächtig lauschten wie die Vögel dem heiligen Franz von Assisi. Elf Monate nach seinem Tod am 30. Mai 1232 wurde Antonius heiliggesprochen.

Pastor Christoph Schneider zur Echtheit der Antonius-Knochen: „Bei einem Sterbedatum innerhalb der vergangenen 1000 Jahre ist davon auszugehen, dass die Reliquien authentisch sind.“ Zumal diese das Siegel eines belgischen Erzbischofs tragen. Nach Heiligsprechung werden die Knochen des Verstorbenen ausgegraben und verteilt. Über dem Grab von Antonius in Padua steht die Basilica di Sant’Antonio, in der unter anderem die Reliquie der Zunge des heiligen Antonius befindet.

Die Polizei bittet um Mithilfe bei der Aufklärung des Reliquien-Diebstahls an der Schwerter Straße. Wer Beobachtungen gemacht hat, kann sich unter 02331/9862066 melden. Der Fall erinnert den Diebstahl der „Hasper Monstranz“ Mitte Januar 2014. Unbekannte Einbrecher waren in die St. Bonifatius-Kirche in Haspe eingebrochen und hatten die 137 Jahre alte vergoldete Monstranz gestohlen.

Das liturgische Schaugefäß hat für Katholiken eine hohe Bedeutung: In ihm wird der Leib Christi als Hostie ausgestellt. Die Hasper Monstranz war ein Papst-Geschenk. Später wurde sie in einem Lorbeergebüsch von Kindern beim Spielen wiedergefunden.