Schwelm. Er ist weltweit unterwegs und hat einen eigenen YouTube-Kanal. So mischt Jason Stover von Gevelsberg aus die Whisky-Szene auf.
Eigentlich sollte das mit dem Whisky nur ein Jahresprojekt von Jason Stover sein. Der gebürtige Amerikaner, der heute in Gevelsberg lebt, wollte 2016 ein Jahr lang seine Geschmackserfahrungen mit der hochprozentigen Spirituose auf YouTube dokumentieren. „Es sollte ein Whisky-pedia von allen Whiskys werden, die man im Supermarkt so sieht“, erzählt der heute 55-Jährige. „Doch das Ganze ist dann etwas ausgeufert.“
Stover blieb buchstäblich an der Flasche hängen – zumindest mittlerweile beruflich. „Ich bin immer noch dabei, Whisky zu entdecken, zu probieren und meine Meinung online mitzuteilen.“ Und es gibt noch viel zu tun, denn jedes Jahr kämen weltweit circa 30.000 neue Whiskysorten auf den Markt. Mittlerweile verfolgen mehr als 6000 Abonnenten seine Tastings auf seinem YouTube-Kanal „WhiskyJason – Whisky aus der Sicht eines Amerikaners“. Und Stover hat sein Hobby zum Beruf gemacht: Er importiert und vertreibt nun auch selbst neun Whisky-Sorten aus den USA.
Mehr als 5000 Whiskys probiert
Mehr als 6000 Videos hat der 55-Jährige in deutscher und englischer Sprache mittlerweile online gestellt – und damit gleichzeitig auch schon mehr als 5000 verschiedene Whiskysorten probiert. Damit sich nicht zu viele Flaschen in seiner Wohnung ansammeln, bietet Jason Stover seinen Abonnenten auch Flaschenteilungen an. „Bevor ich einen Whisky vor der Kamera verkoste, biete ich sie vorher bei Social Media an und die Leute kaufen kleine Samples mit fünf oder zehn Zentiliter. Damit kriege ich die Flasche auch leer.“ Und Stover kann den Einkauf der vielen Whiskys auch damit finanzieren.
Für sein eigenes Urteil über einen Whisky reichen ihm wenige Zentiliter. „Für mich zählt der erste Eindruck. Nur bei 20 Whiskys würde ich heute sagen, dass ich je nach Tagesform vielleicht eine andere Meinung zur Sorte hätte. Aber ansonsten bin ich recht sicher, was meine Beurteilung angeht.“ Bevor es an ein Tasting geht, recherchiert Jason Stover erst einmal zu der jeweiligen Sorte und der Brennerei. Dann wird am Getränk geschnuppert, probiert und – bei besonders starken Sorten – auch mal mit etwas Wasser verdünnt. „Ich bin eigentlich Englisch-Dozent von Beruf und bewerte daher die Whiskys mit Schulnoten. Und ich gebe auch immer Auskunft zum Preis-Leistungs-Verhältnis.“
Tipps für Whisky-Laien
Und woran erkennt ein Laie einen guten Whisky? Unter anderem am Preis. Supermarkt-Produkte könnten oft „sprittig“ sein, also sehr nach Alkohol schmecken. „Ab 20 Euro wird ein Whisky häufig besser“, meint Jason Stover. Außerdem solle man darauf achten, dass der Whisky nicht kalt-filtriert wurde. Bei dieser Filtermethode werden Inhaltsstoffe im Whisky vor der Flaschenabfüllung entfernt – allerdings könne das Getränk dadurch wässriger und geschmacksärmer werden.
Auch die Farbe des Whiskys sei entscheidend: „Er sollte eine natürliche Farbe ohne Zusatzfarbstoff haben, dann kann man sehen, wie sich der Fasseinfluss verhält“, erklärt der Experte. Außerdem solle man auf dem Etikett auf den Begriff „peated“ achten. Das bedeute, dass der Whisky getorft ist. „Das mag nicht jeder.“ Ansonsten rät Stover den interessierten Laien, sich über Bewertungen aus dem Netz über die Whiskysorten zu informieren.
Denn Jason Stover ist der Meinung, dass ein teurer Whisky kein Garant für guten Geschmack ist. „Teuer ist nicht besser. Bei schottischem Whisky, der heute zwischen 40 und 100 Euro liegt, kriegst du einen super genialen Whisky. Und bei Bourbons, also amerikanischem Whisky, kannst du für 30 bis 80 Euro super Sachen bekommen.“ Außerdem halte sich eine Flasche Whisky auch länger als beispielsweise Wein.
Bourbon boomt in Amerika
In der deutschen Whisky-Szene ist Jason Stover mittlerweile bekannt, da er auch selbst auf Messen mit einem eigenen Stand vertreten ist und natürlich laufend neue Sorten entdecken will. „Ich bin absolut in der Szene drin. Für mich ist das Weiterbildung.“ Regelmäßig ist der Gevelsberger auch weltweit unterwegs, um Brennereien zu besichtigen und neue Produkte zu entdecken. Dieses Jahr geht es zum Beispiel nach Texas. „Doch da Bourbon in Amerika so boomt, müssen die Händler erst einmal dort den Markt bedienen, bevor sie nach Europa verkaufen. Da braucht man manchmal Überzeugungskraft“, erklärt Stover, der vor allem mit familiengeführten Brennereien zusammen arbeitet.
Auch wenn Jason Stover heute von Berufs wegen jede Menge Whisky trinkt: Zu Hause auf dem Sofa muss etwas anderes ins Glas. „Whisky ist für mich tatsächlich Arbeit. Entspannen kann ich heute bei einem Glas Portwein.“ Müsste er einen Whisky verschenken, wäre es ein New Riff Rye aus den USA – eine der Sorten, die er selbst importiert. „Der kommt immer super an.“ Allerdings stellt Jason Stover die von ihm vertriebenen Whiskys nicht auf seinem YouTube-Kanal vor. „Das habe ich von Anfang an getrennt, weil ich unabhängiger Whisky-tuber sein möchte.“
Jason Stover produziert aber nicht nur Videos, sondern berichtet zusammen mit Gesprächspartnern aus der Szene seit mehr als drei Jahren auch in drei verschiedenen Podcast-Formaten über Whisky-Neuheiten aus den USA und Irland oder interviewt deutsche Hersteller. Die Produktion eines YouTube-Videos dauert etwa 90 Minuten – und das täglich, denn Jason Stover stellt seit 2017 jeden Tag ein neues Tasting-Video online.
Hinzu kommen jeden Sonntag ab 21 Uhr Live-Streams bei Youtube, bei denen Stover zusammen mit einem Gast eine Verkostung durchführt. Zusätzlich gibt es auch noch Online-Tastings, die live stattfinden. „Dazu verkaufe ich im Vorfeld auch Samples an die Zuschauer, die dann live mittrinken können. Betreutes Trinken nenne ich das“, erklärt Stover und schmunzelt. Viel Geld verdient der 55-Jährige allerdings nicht mit seinem Kanal. „Das sind 100 Euro im Monat.“ Seinen Hauptumsatz mache er mit dem Vertrieb der Spirituosen und seiner Dozenten-Tätigkeit.
Deutschland kann auch Whisky
Mittlerweile wird Whisky nicht nur in den USA, Schottland oder Irland produziert, sondern beinahe weltweit. Doch wer produziert den besten Hochprozentigen? „Da muss ich natürlich Amerika sagen“, sagt Stover, der in Virginia in den USA aufwuchs und seit 1988 in Deutschland lebt. „Aber mein Herz schlägt auch für Irland.“
Und auch wenn Deutschland vor allem für seine Bier-Brau-Kunst bekannt ist, kann Jason Stover die Frage, ob Deutschland auch Whisky kann, so beantworten: „Absolut. Deutscher Whisky kann super lecker sein. Der hat sich in den letzten acht Jahren radikal verbessert.“ Sein persönlicher Wunsch ist es jetzt, japanische und australische Brennereien zu besichtigen. „Das wäre eine coole Sache. Die stehen noch auf meiner Liste.“
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