Schwelm. Der Hof Oberberge hält seit 2021 Hennen in mobilen Ställen. So funktioniert die Haltung der frei lebenden Hühner bei der Familie Simon.

Auf den Wiesen des Hofs Oberberge in Schwelm herrscht ab etwa 10 Uhr ein ordentliches Gewusel. Denn dann kommen hunderte braune Hennen aus ihren mobilen Ställen heraus, um draußen auf dem Freigelände zu scharren und zu picken. Seit 2021 unterhält der Hof Oberberge von Birgit und Hinnerk Simon mobile Ställe, in denen die Hennen in Freilandhaltung leben können. Landwirt Karsten Lindenberg, Schwiegersohn des Ehepaars Simon, ist für die Schwelmer Hennen zuständig.

Der Hof Oberberge hält vor allem Milchkühe, deren Milch früher direkt am Kuhstall verkauft wurde. Hühner gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine auf dem Hof. „Da kam aber schon von vielen die Frage, ob wir nicht auch Eier verkaufen“, erzählt Karsten Lindenberg. Um der Nachfrage zu entsprechen, schaffte die Familie im Frühjahr 2021 den ersten mobilen Hühnerstall an. „Wir haben uns dazu im Vorfeld beraten lassen, wie denn die Erfolgschancen dafür so stehen“, sagt der 36-Jährige. „Und die Beraterin riet uns direkt dazu, schon den zweiten Stall zu bestellen.“ Denn immer mehr Menschen legen Wert darauf, Produkte aus der Region zu kaufen.

Karsten Lindenberg hält auf dem Hof Oberberge in Schwelm Hühner in mobilen Freiluftställen.
Karsten Lindenberg hält auf dem Hof Oberberge in Schwelm Hühner in mobilen Ställen mit viel Platz auf dem Freigelände. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Die Investition in den kleinsten Stall, in dem 350 Hennen Platz finden, lohnte sich für den Hof Oberberge. Schnell wurden die Eier knapp. Also mussten mehr Ställe her. Heute unterhält der Hof vier mobile Ställe mit Platz für 2050 Hennen. Die Flächen, auf denen die Wagen stehen und die Hühner ihren Auslauf haben, befinden sich auf den Wiesen der Familie Simon.

Die Eier werden in 10er- und 6er-Kartons verkauft. „Wir sortieren sie nach Größen. Wir haben am meisten Eier der Größe L, da kostet eins 45 Cent.“ Auf die Größe der gelegten Eier habe man als Halter keinen Einfluss, die Eigröße sei vom Alter der Hennen abhängig. Verkauft werden die Eier und die Milch heute ausschließlich über Automaten, die in einer Hütte an der Zufahrt zum Hof Oberberge (Adresse: Oberberge 1) stehen. Bereits morgens fahren viele Bürger auf den Parkplatz, um die frischen Produkte zu kaufen.

Direkt an der Einfahrt zum Hof Oberberge in Schwelm steht das Verkaufshäuschen, in dem frische Milch und Eier in Automaten verkauft werden.
Direkt an der Einfahrt zum Hof Oberberge in Schwelm steht das Verkaufshäuschen, in dem frische Milch und Eier in Automaten verkauft werden. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Doch wie funktioniert das mit den mobilen Ställen? Tagsüber können sich die Hennen nach Lust und Laune auf dem Freigelände austoben. Mit Einsetzen der Dämmerung ziehen sich die Tiere abends selbstständig in ihre Wagen zurück, weil dort ihre Schlafplätze sind. Die Schließung der Klappen erfolgt derzeit vollautomatisch um circa 20.30 Uhr, im Sommer angepasst an den Sonnenuntergang entsprechend später. Morgens um etwa 10 Uhr öffnen sich die Klappen wieder – das sei laut Lindenberg für Freilandhühner gesetzlich so vorgeschrieben.

Zugang ins Innere haben die Hennen aber immer, denn dort erfolgt mehrmals am Tag die Futterausgabe und die Tiere finden sauberes Wasser. Im Inneren lassen sich die Hennen auf zwei Ebenen zum Schlafen auf Stangen nieder. „Auf dem Boden haben die Tiere auch eine Einstreu, in dem sie scharren und picken können“, erzählt Lindenberg.

Mittlerweile unterhält der Hof Oberberge in Schwelm-Linderhausen vier mobile Ställe, die Platz für mehr als 2000 Tiere bieten.
Das Freigelände für die Hennen muss vier Quadratmeter pro Tier groß sein. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Gesetzlich vorgeschrieben sei es auch, dass die Hennen im Stall mindestens eine achtstündige Nachtruhe einhalten können. „Dafür muss es im Stall auch komplett dunkel sein.“ Morgens um etwa halb 6 gehe schließlich das Licht wieder an und die Futterkette beginnt zu laufen. „Hühner haben einen schnellen Stoffwechsel und nach dem Schlafen direkt Hunger.“

Futter auf Legehennen abgestimmt

Das fertig gemischte Futter sei auf die Nahrungsbedürfnisse der Legehennen genau abgestimmt und enthalte zum Beispiel neben dem Hauptanteil Getreide und Mais auch Mineralstoffe und Vitamine. Nach dem Frühstück setzen sich die Tiere in ihre Nester, um die Eier zu legen. Diese gelangen schließlich über ein Förderband auf den Eiersammeltisch.

Die Hennen seien eine Hybrid-Rasse, die robust und vom Wuchs her gleichmäßig ist. „Damit haben sie in der Herde alle die gleichen Chancen.“ Die Tiere kommen mit 17 Wochen auf den Hof. Nach etwa 14 Monaten werden die Hennen auf dem Hof in Schwelm von einem mobilen Schlachter geschlachtet und als Suppenhühner verkauft. „Nach dieser Zeit geht die Legeleistung runter und man merkt, dass die Schalen der Eier dünner werden“, erklärt Lindenberg. Nach der Schlachtung aller Tiere beginnt pro Wagen sozusagen ein neuer Zyklus. „Anfang Januar schlachten wir wieder“, kündigt der Landwirt an.

Jeden Tag holt das Team vom Hof Oberberge die Eier aus den mobilen Ställen.
Jeden Vormittag holt das Team vom Hof Oberberge die Eier aus den mobilen Ställen. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Diese Art der Haltung zu Gunsten des Tierwohls sei für den Betreiber teurer als eine Bodenhaltung. „Und aufwändiger.“ Denn die Ställe müssten jeden Tag angefahren und in regelmäßigen Abständen versetzt werden, damit die Tiere wieder über frisches Gras verfügen. „In Festställen sind alle Vorgänge vollautomatisiert.“ Das Freigelände für die Hennen müsse vier Quadratmeter pro Tier groß sein. Eine Henne mache pro Tag bis zu 15.000 Pickschläge mit dem Schnabel. Daher sei es notwendig, den Tieren ausreichend Grasfläche anzubieten.

Für ihn als Landwirt sei es schön zu sehen, wie frei die Hennen auf dem Gelände agieren können. „Das macht einem schon Spaß.“ Trotzdem wolle er die Haltung in festen Ställe, die ihre Eier günstiger verkaufen, nicht komplett verurteilen. „Denn die Eier, die wir anbieten, sind ein hochpreisiges Produkt. Das kann sich nicht jeder leisten.“ Geschmacklich seien die Eier vom Hof Oberberge aber schon anders und intensiver als die aus dem Discounter. Und der gute Absatz der Eier gebe der Familie recht.

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