Ennepetal/Gevelsberg. Anfang des Jahres fand eine aufmerksame Bürgerin ein Hundebaby in der eisigen Kälte. Durch eine junge Polizistin fand Mila ein neues Zuhause.

Es war ein verschneiter Januartag, als Anfang dieses Jahres eine aufmerksame Bürgerin in Ennepetal in der Nähe einer Kirche einen hilflosen Welpen einsam durch die klirrende Kälte umherlaufen sah. Da sie keinen möglichen Besitzer in der unmittelbaren Umgebung fand, brachte sie den Hund schließlich zur Polizei. Dort nahm sich Polizeikommissarin Laura Kerkenberg zusammen mit ihren Kollegen des Hundebabys an. Aus einem Karton und einer warmen Decke wurde ein provisorisches Körbchen eingerichtet.

„Es wurde sich rührend um sie gekümmert“, bestätigt auch Christoph Neuhaus, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr. Für eine Nacht kam Mila, wie sie später getauft wurde, bei einem dieser Kollegen unter, bleiben konnte sie dort aber nicht. Und auch Laura Kerkenberg war klar: Ein Welpe und Arbeit im Schichtdienst – das passt nicht zusammen. Trotzdem wollte die 24-jährige Kommissarin unbedingt vermeiden, dass Mila ins Tierheim muss. Ein Anruf bei ihren Eltern und alle waren sich schnell einig. Mila kam am nächsten Tag zu Sabine und Frank Kerkenberg, die sich in Absprache mit dem Tierheim Strückerberg von da an um den kleinen Mischlingswelpen kümmerten, während die Suche nach dem Besitzer oder der Besitzerin weiter auf Hochtouren lief.

Niemand vermisste den Welpen

Die Polizei informierte zunächst das Ordnungsamt der Stadt, denn so befremdlich es klingen mag: „Es zählt in dem Moment erstmal als Fundsache“, erklärt Christoph Neuhaus. Da der unbekannte Welpe weder gechippt war, noch ein Halsband mit einer Adresse trug, gestaltete sich die Suche schwierig. Sogar mit einem Facebook-Post suchte die Polizei nach einem möglichen Herrchen oder Frauchen. „Wir haben wirklich alles dafür getan, den Besitzer zu finden.“ Ob Mila weggelaufen ist oder einfach kaltherzig auf der Straße ausgesetzt wurde, war zu Beginn noch völlig unklar. Letzteres wurde jedoch immer wahrscheinlicher, da sich auch Wochen nach dem Facebook-Post, der im Ennepe-Ruhr-Kreis für viel Aufsehen sorgte, niemand bei der Polizei meldete. Niemand schien Mila zu vermissen.

Ein neues Zuhause für Mila

Bei Sabine und Frank Kerkenberg bekam Mila nicht nur ihren neuen Namen, sondern auch ein neues Zuhause geschenkt. Die Gevelsberger brachten sie zum Tierarzt, wo sie untersucht, entwurmt und gechippt wurde. Es folgte eine aufregende und nicht immer leichte Zeit der Eingewöhnung. „Es war anstrengend. Die Nächte und die Tage auch“, erzählt Sabine Kerkenberg über die ersten Wochen und Monate, nachdem sie Mila bei sich aufgenommen haben. „Man musste immer aufpassen. Sie kam in jeden Winkel“, bestätigt auch Frank Kerkenberg.

Polizeikommissarin Laura Kerkenberg (rechts) mit ihren Eltern Sabine und Frank Kerkenberg und den Hunden Bonny und Mila. 
Polizeikommissarin Laura Kerkenberg (rechts) mit ihren Eltern Sabine und Frank Kerkenberg und den Hunden Bonny und Mila.  © WP | Laura Maurya

Der 63-Jährige ist bereits in Rente, was in der neuen Situation durchaus von Vorteil war. Ein Welpe ist schließlich ein Vollzeitjob und Mila schien obendrein ein Trauma mit sich herumzutragen. „Sie kam nie zur Ruhe, war völlig übermüdet, aber rannte immer weiter herum“, schildert Sabine Kerkenberg. „Man sagt, was sie in der ersten Zeit erleben, ist prägend.“ Es brauchte eine Weile, bis sie sich zu Hause gefühlt hat. Von Anfang an geliebt hat sie aber das Autofahren. „Sie guckt aus dem Fenster, beobachtet alles. Das findet sie super und wird ganz ruhig.“

Fundwelpe Mila liebt von Anfang an das Auto fahren. Sie liegt auch gerne auf dem Amaturenbrett oder guckt während der Fahrt, selbstverständlich angeschnallt, aus dem Fenster.
Fundwelpe Mila liebt von Anfang an das Autofahren. Sie liegt gerne auf dem Armaturenbrett oder guckt während der Fahrt, dann selbstverständlich angeschnallt, aus dem Fenster. © privat | Privat

Bei den Kerkenbergs gab es für Mila auch eine neue Adoptivschwester, an die sie sich gewöhnen musste: Die 8-jährige Mischlingshündin Bonny, die Sabine und Frank Kerkenberg über den Tierschutzverein adoptierten, als sie noch klein war. Die war zunächst nicht sonderlich begeistert, ihr Reich mit jemand anderem zu teilen. „Bonny hat Mila am Anfang komplett ignoriert“, erzählt Sabine Kerkenberg. Aber Mila sei immer drangeblieben und irgendwann „hat sie sich mit ins Körbchen gelegt und Bonny ließ es zu.“ Ein Wendepunkt für die Beziehung der beiden. „Sie haben sich von da an immer weiter angenähert und irgendwann fing Bonny an, sie draußen vor anderen zu verteidigen.“

Endlich angekommen

Mittlerweile ist Mila ein Jahr alt, hat sich in ihrem neuen Zuhause in Gevelsberg bestens eingelebt und wirkt glücklich und verspielt, wie sie sich mit Bonny gegenseitig durch den Raum jagt, an Frank Kerkenberg hochspringt oder Sabine Kerkenberg die Hand abschleckt. Sechs Monate musste die Familie zittern, ob sich nicht doch noch ein rechtmäßiger Besitzer meldet und Mila zurückhaben will. Denn das ist die Frist, wie für andere Fundsachen auch.

Christoph Neuhaus betont, dass in so einem Fall sehr eindringlich geprüft worden wäre, ob Mila überhaupt bei dieser Person hätte bleiben können. Auch Sabine Kerkenberg kann bis heute nicht fassen, wie jemand so mit seinem Tier, und dazu noch einem hilflosen Welpen, umgehen kann. „Den sucht man sofort und nicht erst Monate später“, sagt sie kopfschüttelnd. Aber auch nach sechs Monaten meldete sich niemand. Mila durfte offiziell bei den Kerkenbergs bleiben.

Nach einiger Zeit hat Bonny sich an Mila gewöhnt. Heute sind sie unzertrennlich.
Nach einiger Zeit hat Bonny sich an Mila gewöhnt. Heute sind sie unzertrennlich. © privat | Privat

In der Gegend war sie durch die Suchaktion zwischenzeitlich sogar zu einer kleinen Berühmtheit geworden. „Wenn man mit ihr in der Stadt unterwegs war, wussten viele Leute Bescheid und haben gesagt: ‚Das ist doch die Mila von Facebook‘“, erinnert sich Frank Kerkenberg mit einem Lächeln. Und auch zu der Frau, die sich in den ersten Stunden um sie gekümmert und ihr ein neues Zuhause organisiert hat, hat Mila eine enge Beziehung entwickelt. Laura Kerkenberg wohnt bei ihren Eltern um die Ecke, kümmert sich oft um Mila und spielt mit ihr. „Sie braucht viel Aufmerksamkeit und ist sehr anhänglich.“ Und nun steht das erste gemeinsame Weihnachtsfest mit zwei Hunden vor der Tür. „Wir feiern im Kreise der Familie“, sagt Sabine Kerkenberg. Eine Familie, zu der nun auch Mila gehört.

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