Schwelm/Gevelsberg. Lkw rammte mehrere Autos: So haben die Kräfte der Feuerwehr und des Rettungsdienstes diesen belastenden Einsatz erlebt.

Es war eine kurze Nacht für Markus Kosch. Immer wieder drehten sich seine Gedanken um das, was an diesem Samstag auf der A1 passiert war. Ein außergewöhnlich herausfordernder Einsatz, der hunderte Einsatzkräfte im Ennepe-Ruhr-Kreis über Stunden beschäftigte und die Schlagzeilen im Land dominierte. „Das lässt einen nicht so schnell wieder los.“

Kosch war mit seiner Schwelmer Feuerwehr als einer der ersten vor Ort, koordinierte die Einsatzkräfte auf dem Gebiet des Ennepe-Ruhr-Kreises, auf dem ein 30 Jahre alter Lkw-Fahrer eine Spur der Verwüstung hinterließ. Der stellvertretende Wehrchef sagt: „Bei der Anfahrt wussten wir noch nicht, dass der Lkw schon seit Neuss unterwegs war.“ Erst etwa 60 Kilometer später, kurz vor der Abfahrt Hagen-West, kam der Lkw-Fahrer zum Stehen.

M. Kleinrensing WP Hagen Unfall A!
Der Lkw-Fahrer sorgte für eine Spur der Verwüstung. © WP | Michael Kleinrensing

In der Erstmeldung sei von einer Amokfahrt die Rede gewesen, sagt Kosch. „Was ist genau passiert? Ist mit einem Second shot zu rechnen? Also, dass etwas Zweites passiert?“ Fragen, die dem Feuerwehrmann durch den Kopf gingen und für einen großen Druck gesorgt hätten. Er sagt: „Dieses unklare Bild war extrem besorgniserregend.“ Bei all der Dramatik und dem Chaos, das erst herrschte: Es sei trotz allem ein großes Glück, dass nicht noch mehr passiert sei.

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Von Martin Weiske, Carmen Thomaschewski, Alex Talash, Rolf Hansmann, Jan Reinold und Michael Koch

„Das Szenario, das uns am Anfang gemeldet wurde, war grauenhaft.“

Die Autobahnpolizei Düsseldorf spricht am Morgen danach von insgesamt 50 beteiligten Autos und mindestens 19 Verletzten, zwischenzeitlich war sie von 26 Verletzten ausgegangen. Es war über Stunden eine undurchsichtige Lage. Der Lkw-Fahrer, der mit überhöhter Geschwindigkeit erst auf der A46 und dann auf der A1 unterwegs war, und laut Augenzeugenberichten immer wieder Autos rammte, wurde noch am Unfallort verhaftet. Es gibt laut Polizei erste Hinweise auf Alkohol und Drogen. Der Mann mit polnischer Staatsbürgerschaft ließ sich widerstandslos verhaften, auch wenn er sich zuvor eine Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert hatte. Er soll Anhaltezeichen ignoriert haben und unbeirrt im Kreuz Wuppertal-Nord auf die A1 gefahren sein.

„Das Szenario, das uns am Anfang gemeldet wurde, war grauenhaft“, sagt auch Thomas Knutzen. Er  war der organisatorische Leiter des Rettungsdienstes für den Bereich des Ennepe-Ruhr-Kreises und organisierte den Einsatz der Rettungskräfte. Er sagt, dass anfänglich von vielen Verletzten die Rede war, von Menschen, die in ihren Wagen eingeklemmt seien. Das habe sich zum Glück aber nicht bestätigt.

„Immer wieder sah man Trümmerfelder“

Unklar war auch, wo sich die Unfälle ereignet haben, erklärt Markus Kosch. Also seien die Einsatzkräfte in Wuppertal-Langerfeld in Richtung Hagen aufgefahren und hätten die Autobahn Kilometer für Kilometer abgesucht. Der erste beschädigte Wagen, den die Einsatzkräfte entdeckten, stand kurz hinter dem Autobahnkreis Wuppertal-West. Beide Insassen seien leicht verletzt gewesen und bereits durch den Rettungsdienst versorgt worden. Das nächste Auto stand auf Höhe des Rastplatzes Funkenhausen. Dort waren fünf Menschen betroffen. „Immer wieder sah man Trümmerfelder und beschädigte Autos“, sagt Thomas Knutzen. Je weiter sie Richtung Hagen fuhren, umso schlimmer wurde es. Vor allem zwischen Volmarstein und Hagen-West. Dort stand schließlich der Lkw, der für so viel Chaos sorgte, quer, umgeben von mehreren schwer beschädigten Autos.

Die Polizei nahm am Samstagnachmittag (30.11.2024) einen Mann fest, der aus bislang ungeklärter Ursache auf mehreren Autobahnen zahlreiche Unfälle verursacht hatte. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt. Die Ermittlungen dauern an.

Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen wurde der Polizei gegen 16:25 Uhr ein Lkw mit polnischem Kennzeichen gemeldet, der in auffallend unsicherer Fahrweise auf der A 46 im Bereich Neuss unterwegs war. Das Fahrzeug konnte durch die Autobahnpolizei lokalisiert werden. Der Fahrer missachtete die polizeilichen Anhaltezeichen und bewegte sich weiter mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit und in Schlangenlinien über die A 46 in den Wuppertaler Raum. Um Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer zu minimieren, wurde über den Verkehrsfunk eine Warnung verbreitet, verbunden mit der Aufforderung, die Autobahnen schnellstmöglich zu verlassen. Nach einem Wechsel auf die A 1 geriet der Lkw zwischen Volmarstein und Hagen-West in den Gegenverkehr und kam nach der Kollision mit anderen Fahrzeugen zum Stillstand. Der Fahrer des Lkw konnte an dieser Unfallstelle durch die Polizei festgenommen werden. Maßnahmen zur Identifizierung des Mannes dauern an. Derzeit wird ermittelt, ob er zum Zeitpunkt seiner Fahrt unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen gestanden hat, bzw. was seine sonstige Motivation gewesen sein könnte. Weiterhin führt die Polizei eine Bestandsaufnahme durch, wie viele Unfälle der Mann auf der zurückgelegten Strecke verursacht hat und welche Personen- oder Sachschäden dabei entstanden sind. Auf der Internetseite des LKA NRW wird in Kürze das Hinweisportal für den heutigen Einsatz freigeschaltet.
Für die Feuerwehr waren es ein herausfordernder Einsatz. © Alex Talash | Alex Talash

„Es war wie eine Sackgasse“, sagt Knutzen. Niemand kam am Lkw vorbei, dann die Baustelle und die vielen Autos, die keinen Platz hatten, um eine Rettungsgasse zu bilden. „Wir mussten erst zu Fuß zu den Verletzten“, berichtet er. Auf dem Gebiet des Ennepe-Ruhr-Kreises wurden letztlich zehn Verletzte gezählt. Neun waren leicht verletzt, eine Person mittelschwer. Auch auf Hagener Gebiet gab es mehrere Verletzte. Dennoch: „Das hätte auch ganz anders ausgehen können“, sagt Thomas Knutzen.

Schockiert, aber besonnen und gefasst

Helikopter kreisten über der Autobahn, ein Meer aus Blaulicht, unzählige Menschen, die auf der Autobahn unterwegs waren, um zu helfen. Es wurde Stadtalarm für Schwelm und Gevelsberg ausgegeben. Mario Rosenkranz, der stellvertretende Kreisbrandmeister, war vor Ort, sehr viel Polizei, Hilfsorganisationen, die sich unter der Leitung des Ennepetaler DRK-Chefs Markus Wienert auch um die Menschen im Stau kümmerten, heiße Getränke verteilten. Viele Menschen, die Verantwortung übernahmen, für die Koordination sorgten.

Die Polizei nahm am Samstagnachmittag (30.11.2024) einen Mann fest, der aus bislang ungeklärter Ursache auf mehreren Autobahnen zahlreiche Unfälle verursacht hatte. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt. Die Ermittlungen dauern an.

Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen wurde der Polizei gegen 16:25 Uhr ein Lkw mit polnischem Kennzeichen gemeldet, der in auffallend unsicherer Fahrweise auf der A 46 im Bereich Neuss unterwegs war. Das Fahrzeug konnte durch die Autobahnpolizei lokalisiert werden. Der Fahrer missachtete die polizeilichen Anhaltezeichen und bewegte sich weiter mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit und in Schlangenlinien über die A 46 in den Wuppertaler Raum. Um Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer zu minimieren, wurde über den Verkehrsfunk eine Warnung verbreitet, verbunden mit der Aufforderung, die Autobahnen schnellstmöglich zu verlassen. Nach einem Wechsel auf die A 1 geriet der Lkw zwischen Volmarstein und Hagen-West in den Gegenverkehr und kam nach der Kollision mit anderen Fahrzeugen zum Stillstand. Der Fahrer des Lkw konnte an dieser Unfallstelle durch die Polizei festgenommen werden. Maßnahmen zur Identifizierung des Mannes dauern an. Derzeit wird ermittelt, ob er zum Zeitpunkt seiner Fahrt unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen gestanden hat, bzw. was seine sonstige Motivation gewesen sein könnte. Weiterhin führt die Polizei eine Bestandsaufnahme durch, wie viele Unfälle der Mann auf der zurückgelegten Strecke verursacht hat und welche Personen- oder Sachschäden dabei entstanden sind. Auf der Internetseite des LKA NRW wird in Kürze das Hinweisportal für den heutigen Einsatz freigeschaltet.
Ein riesiges Polizeiaufgebot war vor Ort. © Alex Talash | Alex Talash

„Wir hatten ein gut funktionierendes Einsatzleitungsteam, es ist alles strukturiert abgelaufen“, erklärt Markus Kosch. Zu dem Team zählte auch Robert Refflinghaus. Der stellvertretende Feuerwehrchef aus Gevelsberg war gerade bei der Weihnachtsfeier des Löschzuges 2, als der Alarm um kurz nach 17 Uhr einging. Der Löschzug wurde nach Schwelm gerufen, um den Grundschutz sicherzustellen, alle anderen Kräfte der Gevelsberger Wehr fuhren zur Autobahn. „Wir hatten alles im Rennen, was ging“, sagt Robert Refflinghaus. Er hatte an diesem Samstag den Einsatzführungsdienst, richtete einen Bereitstellungsraum für die Einsatzkräfte auf der Autobahn ein. „Erst wollten wir auch den PSU dazu holen, aber wir haben dann gemerkt, dass kein Bedarf ist“, sagt Markus Kosch und meint damit die Psychosoziale Unterstützung – Fachkräfte, die Unfallopfer und Zeugen betreuen.

Sperrung der Autobahn bis Sonntagmittag

Die Menschen vor Ort seien sehr besonnen gewesen, sagt Markus Kosch. Ernst und schockiert, aber ruhig und gefasst. Viele standen an der Seite, Betroffene und Augenzeugen. Viele Rettungsdecken waren zu sehen, Menschen, die sich in den Arm nahmen, die zu Essen und zu trinken teilten, sich gegenseitig halfen.

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Die Rettungskräfte aus dem EN-Kreis hätten sich von Volmarstein aus vorgearbeitet, die Hagener Kollegen von der anderen Seite. „Wir haben dann die Mittelleitplanke abmontiert, damit wir besser an die große Unfallstelle kamen.“ Die Polizei habe dafür gesorgt, dass der Stau zügig abgeleitet wurde. Kosch spricht von einem guten Teamwork. Um kurz nach Mitternacht übergab er die Leitung des Einsatzes an Christian Mielke. Bis Sonntagmittag liefen die Aufräumarbeiten auf der Autobahn, beide Fahrtrichtungen blieben gesperrt.

Thomas Knutzen sagt, dass er seit 35 Jahren im Rettungsdienst arbeite, doch so etwas wie am Samstag habe er noch nie erlebt. Die lange Chaosphase, in der viel zu wenig bekannt war, und dann die Größe der Einsatzstelle: von Volmarstein bis Hagen-West. Es sei ein beeindruckender Einsatz gewesen, eine Szenerie, die man sich kaum vorstellen könne. „Ein Einsatz, bei dem alle enorm konzentriert waren und der zum Glück nicht so schlimm war, wie erst befürchtet“, sagt Markus Kosch. Und doch wird er viele Menschen noch lange beschäftigen.