Schwelm. Diebstahlserie im EN-Kreis: Im Schwelmer Stoffgeschäft SchwaaBa und weiteren Läden klaute mutmaßlich die gleiche Täterin mehrere Handys.

Die Frau gibt sich als Kundin aus. Läuft durch das Näh- und Stoffgeschäft „SchwaaBa“ in Schwelm, sucht sich jede Menge Stoffe aus. Das Einzige an ihr, was nicht unbedingt üblich ist: Sie spricht kein Deutsch, sondern nur Spanisch. Um ihr besser helfen zu können, holt die Mitarbeiterin von Geschäftsinhaberin Dominique Köster ihr privates Handy nach vorn, um ein Übersetzungsprogramm zu öffnen. Das war ein Fehler.

Die vermeintliche Kundin beschäftigt die Mitarbeiterin damit, dass sie viele Meter Stoff kaufen möchte. Kaum ist die Mitarbeiterin mit dem Auftrag abgelenkt und hat ihr Handy aus der Hand gelegt, zieht die Frau ihre Masche weiter durch: Sie schnappt sich wie nebenbei nicht nur das Smartphone ihrer Kundenberaterin, sondern auch das geschäftliche Handy aus dem Bürobereich, verabschiedet sich plötzlich – und ist weg. So stellt Dominique Köster, Inhaberin des Näh- und Stoffgeschäftes „SchwaaBa“, die Situation aus ihrer Sicht dar. Sie stellt sich die Frage, ob hier eine Serientäterin zugeschlagen hat.

Dominique Köster, Inhaberin des Näh- und Stoffgeschäftes
Dominique Köster, Inhaberin des Näh- und Stoffgeschäftes "SchwaaBa" in Schwelm, hängte Bilder der mutmaßlichen Diebin im Geschäft auf. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Frau ist offenbar in mehreren Städten aktiv

Diese Art des Diebstahls scheint aktuell gut zu funktionieren. Denn wie Jennifer Boeke, Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr-Kreis, berichtet, ist die Tat in Schwelm in dieser Form nicht die Erste. „Wir haben insgesamt drei Fälle dieser Handydiebstähle angezeigt bekommen. Zwei in Schwelm und einer in Gevelsberg.“ Und immer wieder scheint es dieselbe Täterin zu sein.

In Gevelsberg schlug eine Täterin laut Polizei am 22. Oktober in einem Bekleidungsgeschäft an der Mittelstraße zu und in Schwelm am 25. Oktober bei „Lebenslust“ (Hauptstraße) und am 28. Oktober bei „Potpourri“ (Kirchstraße). Und am vergangenen Montag (4. November) stand möglicherweise das Geschäft „SchwaaBa“ auf der Liste der vermeintlichen Diebin. So zumindest die Vermutung. „In allen Fällen wurde die Frau ähnlich beschrieben. Aber ob sie zu 100 Prozent die gleiche Person ist, können wir nicht sagen“, sagt Jennifer Boeke. Auch die Diebstahl-Masche sei von den Geschädigten ähnlich beschrieben worden, „aber wir können uns noch nicht festlegen, dass es dieselbe Person in allen Sachverhalten ist“. Die polizeilichen Ermittlungen laufen.

Die Kameras, die überall im Schwelmer Geschäft
Die Kameras, die überall im Schwelmer Geschäft „SchwaaBa“ an den Decken montiert sind, konnten den Diebstahl nicht verhindern. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Der Polizei liegen von einem Geschäft Bilder der Frau vor, die eine Überwachungskamera aufgezeichnet hat. Auch Dominique Köster von „SchwaaBa“ hat der Polizei Bilder zur Verfügung gestellt, denn auch sie hat ihr Geschäft mit Kameras ausgestattet. Nachdem ihre Mitarbeiterin den Diebstahl festgestellt hatte, sah sich Köster die Videoaufzeichnung an. Dank der Kameras hat sie nun gute Farbaufnahmen, auf denen die Frau, die sie verdächtigt, erkennbar ist.

Die Frau sei unscheinbar, aber freundlich gewesen. Köster beschreibt sie wie folgt: schwarze Haare, die sie auf Kinnlänge trägt, die Haare hinter die Ohren geschoben, eine schwarze Umhängetasche, eine grüne Steppjacke, die bis zur Hüfte reicht; eine blaue Jeans und helle Turnschuhe.

Nach dem Diebstahl versuchten Köster und ihre Mitarbeiterin auf beiden Smartphones anzurufen. „Aber die Handys wurden direkt ausgeschaltet“, berichtet Köster. Die letzte Ortung der Geräte zeigt den Standort des Geschäftes an. „Dann haben wir die Polizei gerufen, aber da war die Frau schon über alle Berge.“ Die Polizisten hätten sich in der Innenstadt von Schwelm noch umgeschaut, aber der vermeintlichen Täterin war die Flucht bereits geglückt.

Social Media-Post schlägt Wellen

In ihrem Ärger postete Dominique Köster den Diebstahl direkt in ihren Social Media-Kanälen, um andere zu warnen. „Daraufhin haben sich direkt andere bei mir gemeldet, die die Frau kennen. Unter anderem Doris Stoffels von ,Potpourri‘.“ Dort habe die Frau die gleiche Masche angewandt, um ein Handy mitgehen zu lassen, so Köster. „Aber dort sprach sie angeblich nur Französisch, statt Spanisch“, berichtet sie weiter. Laut ihren Informationen sei das „Potpourri“-Handy zwei Tage später in Frankreich geortet worden. Außerdem habe sich eine Frau vom Kiosk am Neumarkt bei Köster gemeldet. „Sie kennt die Frau auch. Die kommt wohl regelmäßig bei ihr zum Ausspähen vorbei“, erzählt sie.

Die 36-Jährige ärgert sich nicht nur über den finanziellen Schaden, der ihr und ihrer Mitarbeiterin entstanden ist. „Für meine Mitarbeiterin ist das ganz besonders schlimm, denn ihr Papa ist vor wenigen Wochen verstorben und auf dem Handy waren alle letzten Erinnerungsbilder drauf und sie hat kein Back-up davon.“

„Das Schlimmste ist das persönliche Hintergehen.“

Dominique Köster, Inhaberin von „SchwaaBa“

Mit dem Smartphone verliert der Geschädigte nicht nur einen kleinen persönlichen Computer, sondern man sorgt sich auch, was mit privaten Daten passieren kann. „Auf dem Büro-Handy waren Geschäftskonten verknüpft, Shop-Sachen laufen darüber. Aber das Schlimmste ist das persönliche Hintergehen“, sagt Köster. Trotzdem ließen sie und ihre Mitarbeiterin direkt die SIM-Karten der Handys sperren und meldeten den Diebstahl ihren Banken.

Die Diebes-Masche, die in Schwelm und Gevelsberg auffiel, klappt offenbar auch in anderen Städten. So veröffentlichte die Polizei in Essen kürzlich ein Bild einer Frau, die im Sommer im Ruhrgebiet auf Beutezug war und die der vermeintlichen Täterin aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis sehr ähnlich sieht. Diese Info aus Essen erreichte Dominique Köster über ihre Social-Media-Kanäle.

Für Köster und ihre Mitarbeiterin bleibt ein mieses Gefühl zurück. „Meine Mitarbeiterin wollte nur helfen, indem sie mit dem Handy übersetzen wollte. Das ist schade, weil man jetzt skeptischer wird und dem Nächsten, der vielleicht wirklich Hilfe braucht, anders begegnet.“ In ihrem Geschäft laufe alles sehr familiär und persönlich ab. „In Zukunft müssen wir aufmerksamer sein.“

Jennifer Boeke von der Kreispolizeibehörde rät Geschädigten, nach dem Diebstahl eines Smartphones direkt die Polizei zu rufen. „Man kann auch vor dem Geschäft nachschauen, wohin der Täter gelaufen ist, Aber wir raten immer davon ab, selbst hinterherzulaufen.“ Im Nachgang sollten die Geschädigten der Polizei die IMEI-Gerätenummer ihres Smartphones zur Verfügung stellen und das Gerät vom Hersteller sperren lassen. Ansonsten rät Boeke Einzelhändlern dazu, keine Wertgegenstände offen zugänglich liegenzulassen.

Derweil hofft Dominique Köster auf die Macht der Sozialen Netzwerke: Tausende hätten ihre Beiträge zum Diebstahl in ihrem Geschäft geteilt. „Ich hoffe, dass es der Frau damit ein bisschen schwerer gemacht wird. Wenn sie gefunden wird, dann über Social Media.“

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