Ennepe-Ruhr-Kreis. Die Aids-Initiative EN könnte Geschichte sein, sollte NRW wie geplant bei Fördermitteln sparen. Was ein Aus des Vereins bedeuten würde.

Die Aids-Initiative EN sieht sich vor dem Aus, sollte das Land Nordrhein-Westfalen seine Einsparpläne in der geplanten Form umsetzen und den Rotstift bei Fördermitteln ansetzen. Das geht aus einer Mitteilung von Vorstandsmitglied Ralf Terjung hervor. „Mit den geplanten umfangreichen Kürzungen der NRW-Landesregierung wird derzeit die ehrenamtliche Arbeit zahlreicher Vereine und Initiativen gefährdet“, erklärt er darin. Die Aids-Initiative fürchtet um die Präventionsarbeit im Ennepe-Ruhr-Kreis und letztlich um die eigene Existenz. Vor etwas weniger als einem Jahr hatte sie ihren 25. Geburtstag in der alten Johanneskirche in Gevelsberg gefeiert.

Derzeit unterhält der vollständig durch Ehrenamtliche geführte Verein fünf Spritzenautomaten in den Städten des Kreises, bietet in den Abendstunden dreimal wöchentlich eine Telefonberatung an, berät nach Terminabsprache und an den Infotischen, informiert auf den Gesundheitstagen und -messen im Kreisgebiet und bietet für alle Interessierten eine Anlaufstelle zur niedrigschwelligen und anonymen Beratung zum Thema HIV und AIDS. Hinzu kommen die Büchereiprojekte, über die den Büchereien und Bibliotheken der neun Städte im Kreis neue Bücher gespendet werden können oder Lesungen ermöglicht werden. 

Die Präventions- und Aufklärungsarbeit ist aus Sicht der Aids-Initiative auch heute noch wichtig. Zwar hat sich die Situation für Betroffene im Vergleich zu früher drastisch verbessert. Damit sich Prävention, Aufklärung und Lebensumstände von Erkrankten aber weiter verbessern, müsse die soziale Arbeit auch weiter gefördert werden. Das hatte Arne Kayser, Landesvorstand der Aidshilfe NRW, zuletzt während der Jubiläumsfeier der Initiative im vergangenen Jahr deutlich gemacht.

Theaterprojekte in Schulen schon gestrichen

Zum Hintergrund: Das Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen will Mittel bei der HIV/Aids- und STI-Prävention kürzen. STI steht für sexuell übertragbare Infektionen. Die entsprechende Förderung soll um knapp 1,6 Millionen Euro sinken. Das berichtet die Deutsche Aidshilfe. Die Aids-Initiative EN warnt: „Das Ehrenamt als Säule der Gesellschaft kann sich nur durch Spenden und Fördermittel finanzieren.“ Ralf Terjung spricht von vielfältigen Projekten, deren Fortbestand gefährdet ist und nennt auch Beispiele aus der Vergangenheit. So seien Theaterprojekte mit den Schulen in den letzten Jahren bereits aus Kostengründen nicht mehr finanzierbar gewesen und daher eingestellt worden.

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Die Arbeit der Initiative sei nur durch den hohen persönlichen und finanziellen Einsatz der Mitglieder und Unterstützenden des Vereins möglich sowie die staatlichen Fördermittel, die erst die Infrastruktur ermöglichten, beispielsweise die Geschäftsstelle als rechtliche Voraussetzung einer Telefonberatung.

Bereits jetzt würden teilweise Materialien in privaten Räumen wie Kellern der Mitglieder gelagert, um Raumfläche zu sparen. Gleichzeitig seien Kosten für Miete und Materialeinkauf - zum Beispiel für Kondome - massiv gestiegen und könnten auch mit verantwortungsvoller und ressourcenschonender Planung nicht länger aufgefangen werden.

Warnung vor den menschlichen Folgen

„Die geplanten Einsparungen der Landesregierung von circa 35 Prozent von 4.600 Euro auf 2.990 Euro im Jahr würde die Arbeit vor Ort daher unmöglich und den Verein faktisch handlungsunfähig machen“, rechnet Terjung vor, was die Sparpläne finanziell konkret für die Initiative im Ennepe-Ruhr-Kreis bedeuten würden. „Ohne Erfüllung des Vereinszweckes kann und darf ein e.V. nicht geführt werden und der Verein müsste sich auflösen.“ Schon jetzt führe der Verein seine Finanzen und Nachweise der Projekte jahresgenau und transparent, wie es für einen eingetragenen Verein auch vorgeschrieben sei.

Selbst bei einer Änderung der geplanten Einsparsumme durch das Land NRW müsse der Verein durch die finanziellen Einbußen sein Leistungsangebot massiv reduzieren, so Ralf Terjung weiter. Das belaste die Betroffenen vor Ort, die dann ohne niedrigschwellige Hilfe in eine gesundheitliche Problemlage kämen.

„Die menschlichen Folgen aus unentdeckten HIV-Infektionen, der Anstieg durch vermehrtes Risikoverhalten mangels Aufklärung und sozialer Isolation sowie die resultierende wirtschaftliche Konsequenz wären durch die Gesamtgesellschaft zu tragen und sind in der Schwere nur zu erahnen“, macht das Vorstandsmitglied der Aids-Initiative EN ganz deutlich.