Schwelm. Im Juni 2023 wurde die Eröffnung des Kulturhauses in Schwelm gefeiert. 15 Monate später gibt es noch keine Endabnahme, dafür aber einige Mängel.

Im Juni 2023 wurde die Eröffnung des neuen Kulturhauses in Schwelm groß gefeiert. 15 Monate später steht fest, dass baulich im neuen kulturellen Zentrum der Stadt noch längst nicht alles fertig ist. Auch wenn der Betrieb läuft, die Stadtbücherei Kunden empfängt und die Musikschule Schüler, ist die Endabnahme des Gebäudes immer noch nicht geschehen. Vor allem in Sachen Barrierefreiheit sind noch einige Punkte offen. Das bemängelte nun der Beirat für Menschen mit Behinderungen und forderte einen Zeitplan von der Verwaltung, bis wann fehlende Maßnahmen umgesetzt werden. Doch die Stadt kann kein konkretes Datum nennen.

„Da befassen sich Rechtsanwälte mit“

Die genauen Gründe, warum geplante Maßnahmen in Sachen Barrierefreiheit noch nicht umgesetzt wurden, konnte Ralf Schweinsberg, Technischer Beigeordneter der Stadt, im öffentlichen Teil der Sitzung des Beirats am vergangenen Montag (14. Oktober) nicht nennen. Nur so viel: „Es gibt ein paar Dinge im Hintergrund, die zu klären sind, und die auch nicht in unserem Einfluss stehen. Da befassen sich Rechtsanwälte mit.“ Aber Schweinsberg sicherte zu: „Die Mängelliste wird abgearbeitet, das ist unstrittig. Wann sie erledigt wird, kann ich Ihnen nicht sagen.“ Auf Nachfrage der Redaktion erklärt Schweinsberg noch: „Es gab Störungen im Bauablauf, welche jetzt korrigiert werden.“

Detlef Wapenhans, Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderung, vor der Eingangstür des Kulturhauses in Schwelm. Der Schalter für die automatische Öffnung der Tür ist für Rollstuhlfahrer zu hoch montiert.
Detlef Wapenhans, Vorsitzender des Beirats für Menschen mit Behinderung, vor der Eingangstür des Kulturhauses in Schwelm. Der Schalter für die automatische Öffnung der Tür ist für Rollstuhlfahrer zu hoch montiert. © Privat | Privat

Zum Hintergrund: Der Beirat für Menschen mit Behinderungen war im März 2023 gebeten worden, einer vorzeitigen Eröffnung des neuen Kulturhauses zuzustimmen – auch wenn einige Maßnahmen zum Zwecke der Barrierefreiheit bis dahin noch nicht umgesetzt wurden. „Wir haben damals der vorzeitigen Eröffnung zugestimmt. Mit der Maßgabe, dass die bis dahin nicht erledigten Maßnahmen in puncto Barrierefreiheit so schnell wie möglich erledigt werden“, sagte Detlef Wapenhans, Vorsitzender des Beirats, im Rahmen der Sitzung. „Das ist leider nicht passiert, bis heute noch nicht.“

Im Januar dieses Jahres fand erneut eine Begehung des Kulturhauses durch den Beirat statt. Die Mitglieder erstellten eine Liste mit Mängeln, die sie der Verwaltung zukommen ließen. Unter anderem fehlen vor dem Eingang des Kulturhauses sowie im Inneren des Gebäudes oder an Handläufen taktile Elemente. Diese dienen dazu, dass sie von blinden und sehbehinderten Menschen ertastet werden können, um ihnen eine Orientierung im Gebäude zu ermöglichen.

Beratung für taktile Elemente

Zu diesem Mangel sagte Ralf Schweinsberg, dass noch in dieser Woche ein Vor-Ort-Termin mit einer Firma stattfindet, die die Verwaltung berät, um eine „sogenannte Ersatzvornahme auf den Weg“ bringen zu können. „Das ist keine der bis jetzt am Objekt tätigen Firmen, sondern eine neue Firma“, sagte Schweinsberg. Das Unternehmen werde die Maßnahmen nicht selbst umsetzen, die Aufträge würden vergeben. „Das ist noch im Budget. Wir müssen nur erstmal genau wissen, was wir verbauen müssen.“

Das
Das „WC für alle“ im Erdgeschoss des Kulturhauses in Schwelm. Die barrierefreie Toilette verfügt unter anderem über eine Liege und einen Patientenlift. Einige Missstände, die der Beirat für Menschen mit Behinderungen bemängelte, wurden hier bereits ausgebessert. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Problematisch ist aus Sicht des Beirats auch die derzeitige Situation der eigentlich als barrierefrei geplanten Toilette im Erdgeschoss des Kulturhauses. Das „WC für alle“, ausgestattet unter anderem mit Patientenlift und Liege, lässt sich aber für Menschen im Rollstuhl derzeit ohne fremde Hilfe nicht öffnen. Zum einen fehlt der Antrieb, damit sich die Tür von selbst öffnet, zum anderen ist ein Türschließer verbaut, der dazu führt, dass sich die Tür nur sehr schwer öffnen lässt. „Wenn ich alleine dort bin, kann ich nicht selbst die Tür öffnen und die Toilette benutzen“, schildert Detlef Wapenhans, der selbst auf einen elektronischen Rollstuhl angewiesen ist, im Gespräch mit der Redaktion.

Darüber hinaus bemängelte der Beirat, dass die Notfallschnüre in der Toilette zunächst zu kurz waren. „Die muss eigentlich bis auf den Boden reichen, damit auch bewegungseingeschränkte Menschen an der Schnur ziehen können, ohne groß den Arm heben zu müssen“, erklärt Wapenhans. Ein Ortsbesuch zeigt: Die Schnüre wurden in der Zwischenzeit ausgetauscht und enden nun kurz über dem Boden.

Im ersten Obergeschoss des Kulturhauses zeigt der Schalter zum Herbeirufen des Fahrstuhls derzeit an, dass man nur nach unten fahren kann, dabei ist das Gebäude dreigeschossig. Für sehbehinderte Menschen ist das verwirrend.
Im ersten Obergeschoss des Kulturhauses zeigt der Schalter zum Herbeirufen des Fahrstuhls derzeit an, dass man nur nach unten fahren kann – dabei ist das Gebäude dreigeschossig. Für sehbehinderte Menschen ist das verwirrend. © Alisa Schumann | Alisa Schumann

Ein weiterer Punkt auf der Mängelliste ist im ersten Obergeschoss der Schalter zum Herbeirufen des Fahrstuhls. Der ist derzeit nur mit einem Pfeil nach unten versehen. „Das ist für Menschen mit Sehbehinderung verwirrend, die den Schalter ertasten und erfahren, dass sie nur nach unten fahren können“, sagt Wapenhans. Das Kulturhaus verfügt über drei Geschosse und einen Keller.

Alles Punkte, die bereits im Konzept zur Barrierefreiheit des neuen Kulturhauses erarbeitet wurden, aber eben entweder nicht zufriedenstellend oder gar nicht umgesetzt sind. „Die Dinge sind nicht in Vergessenheit geraten“, versicherte Ralf Schweinsberg in der Beiratssitzung. „Dass sie nicht fertig sind, wurmt niemanden mehr als mich, weil das alles schon längst fertig sein sollte.“ Bei einem Objekt mit einem Verkehrswert von zehn Millionen Euro könne man erwarten, dass es nicht nur schön, sondern auch funktional ist.

Toilette soll auch außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich sein

Doch aufgrund der Umstände, auf die er öffentlich aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht näher eingehen könne – „das dient auch dem Schutz von Firmen“ –, kann er derzeit keine Aussage treffen, wann die Maßnahmen erfolgen. „Das ist formal nicht so ganz einfach, da hängen ein paar andere Dinge dran“, sagte Schweinsberg.

Auch wenn es eine Zusage gibt, dass die nötigen, noch fehlenden Maßnahmen umgesetzt werden und er die Gründe grundsätzlich nachvollziehen kann, hätte sich Detlef Wapenhans über einen konkreten Zeitplan gefreut. „Was uns aber sehr freut, ist, dass die Stadt nun offen für die Idee ist, die barrierefreie Toilette im Erdgeschoss des Kulturhauses auch außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich zu machen.“ Diese Forderung habe der Beirat von Anfang an geäußert. „Erst hieß es, dass es technisch wegen der Alarmanlage nicht möglich ist. Nun will die Verwaltung prüfen, ob das doch noch klappt.“

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