Gevelsberg. Seit 1. Oktober bietet Julia Herbes U3-Betreuung in Gevelsberg an. Sie kümmert sich um Kinder zwischen sechs Monaten und drei Jahren.
Einen Monat hat Julia Herbes die neu angemietete Wohnung an der Straße „Im Klosterkamp“ renoviert und eingerichtet. Jetzt steht die 30-Jährige mit ihrer eigenen Kindertagespflege in Gevelsberg in den Startlöchern: Alle Steckdosen sind abgesichert, die Farbe vom Wandbild der Unterwasserwelt im Schlafraum ist getrocknet und ein Schutzgitter an der Treppe ist montiert. Ab dem 1. Oktober wird die Gevelsbergerin anfangen, hier als Tagesmutter Kinder unter drei Jahren zu betreuen.
Wechsel zur Kindertagespflege
Trotz ihres noch jungen Alters bringt Julia Herbes schon einiges an Erfahrung in Sachen Kinderbetreuung mit. Nach ihrer Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin begann sie ein Studium für Heilpädagogik und inklusive Pädagogik, während sie gleichzeitig in einer Wohngruppe Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) betreute. Nach dem Studium wechselte sie in eine Kindertagesstätte, war dort seit Januar 2021 auch Gruppenleitung und somit für 22 Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren verantwortlich. Trotzdem brauchte die 30-Jährige noch eine Zusatzqualifikation, um als Tagesmutter arbeiten zu dürfen. Die 300 Unterrichtsstunden, die man normalerweise dafür leisten muss, konnte sie aber durch ihre pädagogische Vorbildung deutlich verkürzen.
Ab sofort wird sie mit ihrer neuen Kindertagespflege „Kayas Freundschaftsinsel“ alleine bis zu fünf Kinder zwischen sechs Monaten und drei Jahren betreuen. Kaya ist der Name einer Schildkröten-Handpuppe, die die Kinder in der Tagespflege begleiten soll. Den Namen hat sie bewusst geschlechtsneutral gewählt. Die Schildkröte soll metaphorisch dafür stehen, dass sich die Kinder bei ihr langsam entfalten und entwickeln können, bevor sie dann ins offene Meer beziehungsweise an den größeren Kindergarten entlassen werden.
Mehr Freiheit und Flexibilität
Doch warum der Wechsel zur Tagesmutter? Zum einen bedeute es für sie mehr Freiheit: „Ich kann hier selbst entscheiden, wie ich die Wohnung einrichte und welche Materialien ich zur Verfügung stelle.“ Außerdem „ist hier eine familiärere Atmosphäre“, sagt Julia Herbes. Durch die geringere Anzahl an Kindern könne sie viel besser auf deren Wünsche und Bedürfnisse eingehen. Generell fände sie es besonders schön, sich um die ganz jungen Kinder zu kümmern, wozu sie bei ihrer vorherigen Stelle keine Möglichkeit hatte.
Das Wichtigste für die Gevelsbergerin ist aber die Flexibilität, die sie nun durch ihre Selbstständigkeit hat. „Ich kann mit den Kindern zusammen den Tagesablauf selbst gestalten. Ich kann mit den Kindern zusammen kochen, zusammen mit ihnen entscheiden, was wir kochen wollen.“
Traumjob gefunden
Gerade diese noch sehr jungen Kinder könnten sich in einer kleineren Gruppe in der Kindertagespflege oft besser entfalten und würden sich mehr zutrauen als in einer großen Kita-Gruppe. Als anstrengend empfindet Julia Herbes ihren Job nicht. „Es macht mir sehr viel Spaß. Ich liebe es, mit Kindern zu arbeiten. Wenn sie glücklich sind, erfüllt mich das.“ Die Situation als Tagesmutter empfindet sie aber entspannter, als wenn man in einem großen Kindergarten sehr viele Kinder verschiedenen Alters gemeinsam betreuen müsse.
Bei der Vergabe ihrer Plätze will Julia Herbes auch darauf achten, dass die Mischung beim Alter stimmt. „Wenn man fünf sechs Monate alte Kinder betreuen würde, wäre es schwierig“, sagt sie und lacht. An sich sei es aber für sie schöner, je eher die Kinder zu ihr kommen, damit sie sie möglichst lange betreuen kann vor dem Wechsel in den Kindergarten.
Pädagogische Schwerpunkte
Für ihre Arbeit mit den Kindern setzt Julia Herbes unter anderem auf einen partizipativen Ansatz nach Maria Montessori. „Ich überlasse den Kindern die Entscheidung, womit sie spielen möchten, ob sie nach draußen gehen möchten oder nicht.“ Selbstverständlich nur innerhalb eines sinnvollen Rahmens, wie sie betont. Sie wolle den Kindern aber auch in diesem Alter eine gewisse Selbstständigkeit nicht absprechen. Dafür befindet sich beispielsweise das Geschirr in den unteren Schubladen der Küche, damit die Kinder sich selbst daran bedienen können.
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Auch die Pädagogik von Friedrich Fröbel ist eines der Konzepte, die die Gevelsbergerin in ihrer Kindertagespflege umsetzen möchte. „Es geht darum, die Natur mit allen Sinnen zu erleben.“ Darum freue sie sich auch besonders, dass es zu der Wohnung einen Garten gibt, in dem sie nicht nur bei strahlendem Sonnenschein mit den Kindern viel Zeit verbringen möchte. Sie plant dort auch zusammen eigenes Gemüse anzupflanzen und dieses beim gemeinsamen Kochen zu verarbeiten.
Julia Herbes ist es wichtig, dass die Eltern ihre pädagogischen Ansätze mittragen. „Wenn die gar nicht dafür sind, macht es keinen Sinn.“ Es müsse auch menschlich passen. „Es gibt genug Tagespflegepersonen in Gevelsberg. Da sollte für alle Eltern das Richtige dabei sein.“
So sieht die U3-Betreuung in Gevelsberg aus
Tatsächlich sieht die Betreuungslage in Gevelsberg im Moment gut aus, wie es aus dem Rathaus heißt: In 17 Kitas sind derzeit 276 U3-Kinder untergebracht. „In den Tagespflegestellen werden zudem von 19 Kindertagespflegepersonen 87 U3-Kinder betreut“, teilt die Stadt Gevelsberg auf Anfrage mit. 5 Plätze seien dort aktuell noch offen. Macht unterm Strich 368 Plätze für die U3-Betreuung. Lediglich zwei Kinder seien zurzeit ohne einen Platz, aber nur weil die Betreuung durch eine Kindertagespflege abgelehnt wurde.
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Bei Kayas Freundschaftsinsel sind bisher zwei Plätze fest vergeben. Für einen weiteren laufen gerade noch Gespräche. Mindestens zwei Plätze sind demnach auch dort noch frei. Nach der offiziellen Abnahme der Räumlichkeiten durch die Stadt Gevelsberg, wird die neue Kindertagespflege auch über den Kita-Planer der Stadt zu finden sein.