Ennepetal/Hagen. Knallhartes Urteil für einen Großdealer (26) aus Ennepetal: Der Ex-Postbote muss für zusätzliche acht Jahre ins Gefängnis.

Julian Sch. (26) kam auf freiem Fuß zu seiner Verhandlung ins Landgericht Hagen. Nach der beeindruckend hohen Verurteilung zu acht Jahren Haft marschierte der Ennepetaler als freier Mann aus dem Gerichtssaal heraus. Was irritiert, denn rechnerisch hat er jetzt insgesamt zehn Jahre Gefängnis vor der Brust. Bislang ist der Ex-Postbote aus Ennepetal jedoch noch ein Freigänger im offenen Vollzug. Das dürfte wohl nicht mehr lange so bleiben. 

War es die bisherige Milde der Justiz, die den jungen Mann zu weiteren Rauschgift-Deals reizte? Bereits im August 2022 hatte die Staatsanwaltschaft siebeneinhalb Jahre Gefängnis für Julian Sch. gefordert. Seinerzeit stand er, angeklagt als Mitglied einer vierköpfigen Bande, vor dem Landgericht Hagen. Neun Kilo Betäubungsmittel, fast 130.000 Euro Bargeld, Waffen und hochwertige Fahrzeuge waren von den Ermittlern im Vorfeld beschlagnahmt worden.

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Die Polizei feierte den Fall als „den seit Jahren größten Schlag gegen die Drogen-Kriminalität im Ennepe-Ruhr-Kreis“. Julian Sch., der innerhalb des Großdealer-Quartetts der „Lagerhalter“ war, kam äußerst glimpflich davon. Er wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt - also vier Jahre weniger, als von der Anklägerin beantragt. Trotzdem erwies er sich als undankbar.

Die eigentliche Strafvollstreckung zog sich hin. Es vergingen noch acht Monate, bis der Ennepetaler zum Haftantritt in den offenen Vollzug geladen wurde. Diesen Zeitraum in Freiheit nutzte Julian Sch. für erneute für Drogen-Großgeschäfte. Von einer Frau, die er näher kannte, mietete er in einem Mehrfamilienhaus in Breckerfeld einen Kellerraum an. Dieser diente ihm als Rauschgift-Bunker. Dort lagerten in einem Gefrierschrank nahezu zehn Kilo Amphetamine. Außerdem fast vier Kilo Cannabismaterial: Eine nahezu 300-fache Überschreitung des gesetzlich zugelassenen Grenzwerts.

Nachbarin entdeckt Drogenlager

Die vergleichsweise enormen Betäubungsmittel-Mengen hatten einen Straßenverkaufswert im sechsstelligen Bereich. Woher die Drogen stammten? Möglicherweise aus nicht sichergestellten Restbeständen der bereits abgeurteilten Tat, bei der zwei große schwarze Sporttaschen eine Rolle gespielt hatten. „Aber sicher feststellen lässt sich das nicht“, betonte der Vorsitzende Richter im Urteil.

Sicher sei, dass der schwarze VW des Angeklagten im Tatzeitraum regelmäßig in der Nähe des Mehrfamilienhauses an der Raiffeisenstraße in Breckerfeld abgestellt war. Sicher sei auch, dass sich der Angeklagte ab September 2022 „drei- bis viermal die Woche in dem Kellerraum aufhielt“. „Dort ist es“, so eine Nachbarin als Zeugin, „wie in einem Taubenschlag zugegangen.“ Das müssen dann wohl seine Drogen-Kunden gewesen sein.

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Oft hätte Julian Sch. auch bei den Bewohnern geklingelt, weil er keinen Haustürschlüssel hatte und reingelassen werden wollte: „Für mich gehörte er zum Haus“, erklärte die Zeugin. Doch am 29. Dezember 2022 fand eine Nachbarin einen Schlüssel. Sie schloss damit den Keller auf, entdeckte das Rauschgift-Lager und verständigte die Polizei.

Während der gesamten Urteilbegründung nickte der zu acht Jahren Gefängnis Verurteilte provozierend mit dem Kopf und grinste frech. Einmal unterbrach er durch kurzen Zwischenruf. Vorsitzender Richter David Theile reagierte gelassen: „Sie brauchen nicht so zu nicken und mich anzugrinsen.“