Ennepetal. Der Widerstand gegen die Pläne für Wohnhäuser in Voerde Nord wird immer größer. 187 Menschen kommen zur Bürgerversammlung.
Dieser Anblick war imposant. Und damit ist nicht die freie Aussicht und die unberührte Natur an der Vilvoorder Straße in Voerde Nord gemeint, sondern die Menschenmenge, die sich am Dienstagabend dort versammelte. Die 187 Anwohnerinnen und Anwohner machten sich dafür stark, dass die Wiesen und Äcker auch in Zukunft so unberührt bleiben und die Bebauungspläne der Stadt Ennepetal für diese Fläche doch noch verhindert werden.
„Nur zusammen können wir unser Dorf so erhalten, wie wir es lieben“, lautete die Losung auf dem Flyer, der die Anwohnerinnen und Anwohner zu dem Treffen aufrief. Unterschriften gegen die Bebauung in Voerde Nord werden schon seit Wochen gesammelt, mittlerweile hat sich auch die Bürgerinitiative „Rettet die Windecke“ gegründet – und die rief nun zu dem Treffen auf. Jetzt geht es darum, möglichst viele Menschen zu mobilisieren, um mit Rückenwind weiter gegen das Bebauungsvorhaben der Stadt zu kämpfen.
46 Wohneinheiten geplant
Geplant ist, auf der Fläche zwischen Vilvoorder Straße und Störringen insgesamt 46 Wohneinheiten zu schaffen, 26 davon in mehreren Mehrfamilienhäusern und 20 in Einfamilienhäusern. Für jede Wohneinheit soll es zwei Stellplätze geben, auch eine Tiefgarage ist Teil des Entwurfs, den die Stadt Ennepetal vor einigen Monaten vorgestellt hat. Die maximal dreigeschossigen Mehrfamilienhäuser sollen über zwei Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss verfügen und entlang der Vilvoorder Straße entstehen. In Richtung Norden und Gevelsberger Stadtwald ist eine städtebauliche Auflockerung durch die Errichtung von Einfamilien- und Doppelhäusern angedacht.
Im Mai traf sich der Ennepetaler Stadtentwicklungsausschuss zum Ortstermin und schon da meldeten sich zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner zu Wort. Letztlich fiel jedoch der Entschluss, die Pläne nach dem Entwurf der Stadt Ennepetal und ungeachtet der Proteste der Bürgerinnen und Bürger weiterzuverfolgen. Während vor allem die Grünen und Linke dagegen waren, stimmte der Rest des Ausschusses letztlich dafür. Stadtplaner Ulrich Höhl erklärte damals, dass der neue Flächennutzungsplan für den Bereich 2014 aufgestellt worden sei und auch da schon ein Siedlungsbereich vorgesehen war. Er betonte, dass die Stadt auch den Artenschutz im Blick habe und stellte mögliche Kompensationsmaßnahmen für das Baugebiet in Aussicht. Diese würden im Zuge der Bebauungsplanung festgelegt.
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Gegen diese Pläne regt sich nun großer Widerstand. Die Bedenken, die die Anwohner haben, sind vielfältig. Eine Sorge sei, dass bei bis zu 80 Prozent der Fläche die nötigen 300 Meter Abstand zu Flora-Fauna-Habitaten (FFH) unterschritten würde, wie die Bürgerinitiative schriftlich mitteilt. Außerdem würde die Höhen- und Ortsrandlage viele Probleme mit sich bringen, wie mehr Verkehr, hohe Folgekosten für Entwässerung und die Übernutzung eines Naherholungsgebietes. In Zeiten sich verschärfender Klimaprobleme würden weitere Flächen versiegelt und der Ort zerfasert. „Die Kosten für die Entwässerung wären enorm und die nötige Infrastruktur fehlt im Bereich Schule, Spielplatz, Kindergarten und Einkaufen. Wo sollen die neu aus Nachbarstädten rekrutierten künftigen Anwohner denn einkaufen?“, fragt die Bürgerinitiative und erklärt: „Alle, die erschienen waren, einte die Sorge um ein Stück Ennepetal, das seit mehr als 20 Jahren bereits perfekt und sogar wirtschaftlich genutzt wird: Die Windecke, um die es im städtebaulichen Entwurf BP 96 geht, wird von der Familie Brinkmann ökologisch bewirtschaftet, und Ackerflächen sind knapp in Ennepetal.“
Von der Resonanz auf die erste Aktion ist die Bürgerinitiative begeistert. „Wir glauben, dass wir heute ein eindeutiges Signal an die kommunale Politik geben konnten“, erzählt Alexandra Balzer, Gründungsmitglied der Bürgerinitiative, die aus 18 Personen besteht. „Neuer Wohnraum? Ja, natürlich. Aber dafür sollten doch erst einmal die Möglichkeiten der Nachverdichtung in bestehenden Wohngebieten geprüft werden. Dass die Windecke als ökologisch sinnvoll genutztes Ackerland nahe eines FFH- und Naherholungsgebiets völlig ungeeignet ist, liegt doch auf der Hand.“
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Ziel ist es nun, ein Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen, um die Stadt dazu zu bringen, die geplante Bebauung aufzugeben. Die Initiative kündigte auch bei der nächsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung am 12. September ab 17.15 Uhr eine „rege Teilnahme“ an. Die Petition der Bürgerinitiative ist auch im Internet unter diesem Link www.change.org/p/rettet-die-windecke-stoppt-das-bauvorhaben-nördlich-vilvoorder-straße-in-voerde zu sehen.
In Homberge ist es vor einigen Jahren Anwohnern gelungen, eine städtische Planung für eine Bebauung auf Eis zu legen. Es geht um das Gebiet zwischen Rottenberger und Rüggeberger Straße. Von den Gegnern wurde damit argumentiert, dass eine wertvolle Fläche oberhalb des Hülsenbecker Tals zerstört würde und außerdem der Aufwand für die Erschließung zu hoch sei. Die Politik hatte von dem Projekt nach den massiven Bürgerprotesten Abstand genommen.