Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal/Hagen. Harsche Kritik am Vorgehen des Ex-Abgeordneten kommt aus der SPD Schwelm. So reagieren die Sozialdemokraten aus Gevelsberg und Ennepetal.
René Röspel versus Timo Schisanowski war das wohl brisanteste politische Schwergewichts-Duell vor der Bundestagswahl 2021 in Hagen und dem Ennepe-Ruhr-Kreis. Am Ende siegte der junge Herausforderer Schisanowski im Kampf um die SPD-interne Kandidaten-Krone mit einer Stimme Vorsprung und zog später als direkt gewählter Kandidat für Gevelsberg, Schwelm, Ennepetal, Breckerfeld und Hagen ins Parlament nach Berlin als Röspels Nachfolger ein. Nun hat der Geschasste jüngst die Revanche ausgerufen, will seinerseits Schisanowksis Berlin-Karriere beenden und positioniert sich, um von der SPD als Kandidat in den Wahlkampf um das Bundestagsmandat geschickt zu werden.
Röspels Vorstoß war selbst für die Genossinnen und Genossen, die sehr gut in der Partei vernetzt sind, eine faustdicke Überraschung, wobei die Reaktionen sehr unterschiedlich ausfallen. Am deutlichsten und schnellsten reagierte die Schwelmer SPD - mit Unverständnis und enormer Verärgerung. Die stellvertretende Parteivorsitzende, Hannelore Elze, findet deutlichste Worte in Richtung des 59-jährigen Röspel, nachdem diese Zeitung über seine Ambitionen zur Kandidatur berichtet hatte: „Der heutige Artikel (...) hat mir wirklich die Zornesröte ins Gesicht getrieben, weil einige dort getätigten Aussagen schlicht und ergreifend falsch sind“, beginnt sie.
Lesen Sie auch:
Wem gehören die Schrottautos mitten in Ennepetal?
Handmade in Schwelm: Jede Tasche ist ein wertvolles Unikat
Gänse-Taxi: So kommt das Weihnachtsessen bequem nach Hause
Schwelmer Mordprozess: Verteidiger nehmen Polizisten in die Mangel
Die Kernvorwürfe des Schisanowski-Widersachers René Röspel lauten: Sein Nachfolger sei im Wahlkreis zu wenig präsent, setze sich für die Menschen in EN und Hagen zu wenig ein, ein demokratischer Diskurs mit den Bürgern sowie inhaltliche Arbeit fänden in der SPD kaum noch statt. Dies wolle er ändern, trete deshalb parteiintern erneut im Rennen um die Kandidaten-Kür an. Diese findet am Samstag, 29. Juni, statt, doch geht es nach René Röspel, wird dieses Votum der Delegierten in den Herbst verlegt.
Dass die Genossen tatsächlich diesen Termin verschieben, davon ist nach den Reaktionen aus dem südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis kaum auszugehen. Für die Schwelmer SPD, die wie die anderen Stadtverbände Schisanowski bereits die Unterstützung für eine weitere Kandidatur zugesichert hatten, macht Hannelore Elze klar: „Es macht mich auch traurig, warum ein angesehener Ex-Bundestagsabgeordneter, der 23 Jahre im Bundestag engagiert gearbeitet hat, jetzt so einen Rundumschlag macht. Ich betone, ich schätze ihn!“ Timo Schisanowski sei sehr häufig bei der SPD in Schwelm, er könne immer angerufen werden und kümmere sich um die Anfragen aus der Partei.
Deutliche Kritik am Vorgehen von René Röspel
„Timo Schisanowski zu unterstellen, er wäre hier in Schwelm nicht präsent, stimmt also schlicht und ergreifend überhaupt nicht“, schreibt Elze und zu Röspels Vorwurf, es finde kaum ein demokratischer Austausch mit den Bürgern statt, stellt sie klar: „Das ist ja nun totaler Quatsch.“ Zahlreiche Termine aus den unterschiedlichsten Bereichen führt die stellvertretende Schwelmer SPD-Chefin zum Beweis ins Feld. „Bei aller Liebe und Wertschätzung für René Röspel: Das hätte er auch in den letzten vier Jahren in Hagen versuchen können! Jetzt öffentlich um sich zu treten, finde ich nicht zielführend, insbesondere, wenn es gilt, etwas zu verändern. Wir Schwelmer haben übrigens in einer Mitgliederversammlung, zu der alle eingeladen waren, unser Votum für Herrn Schisanowski abgegeben“, endet das Schreiben, das in den sozialen Medien auch vom Schwelmer SPD-Partei-Chef Daniel Nickel und dem Fraktionsvorsitzenden Thorsten Kirschner Unterstützung erhält, sodass es kaum vorstellbar ist, dass Röspels Kandidatur große Unterstützung aus der Kreisstadt erhält.
Diese Zweifel dürften auch für Gevelsberg - nach Hagen der Stadtverband mit den meisten Delegierten-Stimmen - angebracht sein. Dort hatte SPD-Vorsitzender Daniel Berenbruch bereits vor Wochen Timo Schisanowski zugesichert, ihn auch künftig bei einer Kandidatur unterstützten zu wollen. Da war allerdings von Röspels Plänen noch nichts bekannt. „Tatsächlich ist es in einem demokratischen System die Regel, dass es mehrere Kandidaten gibt. An dieser Stelle muss eine Demokratie auch belastbar sein“, sagt der Gevelsberger Sozialdemokrat. Kein Delegierter erhalte ein imperatives Mandat und sei frei in seiner Entscheidung, für Timo Schisanowski oder René Röspel zu votieren. „An unserer Willenserklärung ändert das allerdings nichts“, verdeutlicht Berenbruch, der ebenfalls betont: „Sollte René Röspel zum Kandidaten gewählt werden, hätte er im Bundestagswahlkampf ebenso unsere volle Unterstützung.“ Die Gevelsberger SPD könne sich über mangelnde Präsenz oder fehlenden Einsatz des Berliner Abgeordneten aus seiner Sicht nicht beschweren.
Gleiches gilt für die Ennepetaler Genossen, deren Vorsitzender Alexander Teske sogar noch einen Schritt weiter geht: „Timo Schisanowski hat sich dafür eingesetzt, dass der Bund vier Millionen Euro für ein neues Veranstaltungszentrum in Ennepetal bereitstellt. Dass ein Angeordneter so etwas für seinen Wahlkreis in seiner ersten Legislatur herausholt, ist nicht selbstverständlich.“ Gleichwohl hat die Personalie Timo Schisanowski in der Ennepetaler SPD auch schon für Kontroversen gesorgt, bevor René Röspel wieder auf der Bildfläche erschienen ist.
Denn die Mitgliederversammlung hat es sich nicht leicht gemacht, dem Hagener schon ohne Gegenkandidaten ihre Unterstützung zuzusichern. „Das war eine der intensivsten Diskussionen, die wir in meiner Anwesenheit jemals geführt haben“, sagt Teske im Gespräch mit der Redaktion. Am Ende stand ein Votum für den Amtsinhaber. Der Ennepetaler SPD-Vorsitzende misst dem Duell jedoch keine entzweiende Bedeutung zu. „Es ist in der Demokratie normal, dass man die Auswahl zwischen mehreren Optionen hat.“
Diese Wahl werden die Delegierten aus den SPD-Verbänden des Wahlkreises am Samstag, 29. Juni, im Haus Ennepetal treffen.
+++ Nichts mehr verpassen: Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm +++