Schwelm. Eine Waschstraße in Schwelm hat den Opel von Frank und Gabriele Weller enorm beschädigt – doch die Versicherung des Inhabers will nicht zahlen.
Als die Waschstraßen-Tür aufgeht, traut Frank Weller seinen Augen nicht. Anstatt den Opel Insignia optisch auf Vordermann zu bringen, hat die Anlage in Schwelm die Flosse für das Navigationsgerät abgerissen, ebenso die Blende über der Heckscheibe, in die die dritte Bremsleuchte eingebaut ist. Auf den ersten Schock folgt bei Frank Weller die Sicherheit: „Das wird die Versicherung übernehmen.“
Mehr als drei Monate später sitzen Frank und Gabriele Weller auf 5200 Euro, die die LVM-Versicherung des Schwelmer Tankstellen-Pächters nicht übernehmen will. Sie haben sich einen Anwalt genommen und hoffen darauf, dass sich weitere Menschen melden, deren Auto in dieser ebenfalls Waschstraße beschädigt wurde. Das scheint die einzige Chance zu sein, dass sie auch nur einen Cent erhalten.
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Es ist der 22. März, als Frank Weller die Aral-Tankstelle an der Talstraße in Schwelm ansteuert. Seine Stammwaschstraße hat geschlossen, deshalb weicht er hierhin aus, fährt seinen Wagen hinein, die Tore schließen sich, die Maschine nimmt ihre Arbeit auf. „Plötzlich höre ich einen lauten Knall, kann aber durch die Fenster überhaupt nichts erkennen“, sagt Frank Weller. Als die Türen sich öffnen, sieht er den Schaden, geht sofort in die Tankstelle, spricht die Stationsleitung an. „Die hat gestöhnt und gesagt: ,Nicht schon wieder. Das ist das vierte Mal in diesem Jahr’“, sagt Frank Weller. Eine Aussage, die noch von entscheidender Bedeutung werden könnte, die die Frau auf Nachfrage dieser Zeitung allerdings nicht wiederholt.
Suche nach weiteren Fällen
Stattdessen nimmt alles seinen vermeintlich geregelten Gang. Frank Weller fotografiert den Schaden, Tankstellen-Inhaber Stefan Raczek, der sich aktuell zu dem Fall nicht öffentlich äußern will, informiert seine Haftpflichtversicherung. Alle gehen davon aus, dass die Sache problemlos über die Bühne geht, der Schaden ohne Probleme reguliert wird. Doch bald schon läuft die Sache nicht mehr so rund. Die LVM fordert weitere Fotos, die Wellers lassen für 700 Euro ein Gutachten bei einem Kfz-Sachverständigen erstellen. Ergebnis: Der Schaden, den wahrscheinlich der Trockner der Waschanlage verursacht hat, liegt bei 4500 Euro. Inklusive der Gutachter-Kosten hat die Wellers diese Autowäsche also da bereits 5200 Euro gekostet.
Doch trotz des Gutachtens rührt sich die Versicherung nicht. „Wir hörten immer wieder über Tage gar nichts“, sagt Gabriele Weller. Das Ehepaar meldet sich verstärkt beim Inhaber. „Doch der hat irgendwann nur gesagt, dass wir klagen sollen, wenn wir klagen wollen. Wir sind aber überhaupt nicht streitbar, wir wollen nur unseren Schaden ersetzt haben“, sagt Gabriele Weller weiter. Mit Datum vom 28. April bekommen die Wellers Post von der LVM. Die letzten beiden Sätze sorgen für Kopfschütteln und Entsetzen bei dem Schwelmer Ehepaar: „Bitte haben Sie Verständnis, dass eine Schadenersatzpflicht nicht anerkannt werden kann. Die gegen unseren Versicherten gerichteten Ansprüche sind unbegründet. Eine Zahlung erfolgt nicht“, teilt die Sachbearbeiterin mit, die sich öffentlich nicht äußern will. Auch mit der LVM über diesen konkreten Fall zu sprechen, ist nicht möglich, weil dafür Stefan Raczek sie von der Schweigepflicht hätte entbinden müssen, die Versicherung ihren Kunden allerdings nicht erreicht hat.
Das sagt die LVM
Nach Recherchen dieser Zeitung stellt sich die Lage wie folgt dar: Die Haftpflichtversicherung zahlt, wenn ein fahrlässiges Verschulden des Betreibers der Waschstraße vorliegt. Weil aber bislang keine anderen derart gelagerten Schäden bekannt sind, die Anlage ordnungsgemäß gewartet ist und auch danach noch Autos den Waschvorgang unbeschadet überstanden haben, lässt sich ein Verschulden des Betreibers – in diesem Fall des Inhabers der Aral-Tankstelle – nicht nachweisen. Eine Versicherung gegen Pech gebe es nicht, eine Haftung bestehe ausschließlich, wenn ein Verantwortlicher etwas falsch gemacht habe. Die Wellers – und viele andere – können das nicht verstehen. „Wir fahren mit einem ganzen Auto rein, ein kaputter Wagen kommt heraus, und wir sollen völlig unverschuldet auf mehreren tausend Euro sitzen bleiben? Das ist nicht ok“, sagen die beiden, die sich mittlerweile anwaltliche Hilfe genommen haben.
Rechtsanwalt Markus Finger, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Wuppertal, vertritt das Schwelmer Ehepaar, macht ihm aber auch nur gedämpfte Hoffnung. „Wir benötigen weitere Fälle, also andere Leute, die auch einen Schaden in der Waschstraße erlitten haben“, sagt der Jurist im Gespräch mit dieser Zeitung. Wem ähnliches in der Waschstraße der Aral-Tankstelle an der Talstraße in Schwelm passiert sei, der könne sich telefonisch unter 0202/552778 oder per Mail unter info@schroeder-finger.de melden.
Nun muss repariert werden
Eine weitere Chance, den Schaden zu regulieren, hätten Frank und Gabriele Weller noch über ihre Vollkaskoversicherung. „Aber zum einen würde diese Versicherung das Gutachten nicht mit übernehmen, andererseits steigt dann unsere Prämie“, sagen die Wellers, deren Opel seit einem Vierteljahr mit viel Klebeband provisorisch repariert herumfährt. Doch nun können sie eine Reparatur nicht weiter aufschieben. „Wir müssen den Wagen nun auf unsere Kosten reparieren lassen, weil er eigentlich seit Mai zum TÜV muss. Und mit diesem Schaden bekommt er keine Plakette“, sagt Frank Weller, der gemeinsam mit seiner Frau weiterhin darauf hofft, nicht auf dem Schaden sitzen zu bleiben, den die Waschstraße verursacht hat. Sie hoffen wie ihr Anwalt nun auf weitere Geschädigte. Um Waschstraßen machen sie ohnehin aktuell einen Bogen.