Ennepetal. Alexander Bethke vom Büro Stadt + Handel kümmert sich um die Ennepetaler Innenstadt. Im Interview spricht er über die Herausfoderungen.

Im vergangenen Jahr hat das deutschlandweit tätige Büro Stadt + Handel das Innenstadtmanagement für die Stadt Ennepetal übernommen. Als Ansprechpartner vor Ort kümmert sich Alexander Bethke nun in Zusammenarbeit mit der Stadt und der Händler- und Dienstleistervereinigung „My City Ennepetal“ um die Entwicklung der Innenstadt. Im Gespräch schildert er erste Erkenntnisse, spricht über die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure und berichtet von aktuellen Entwicklungen in Milspe.

Herr Bethke, Sie sind seit gut einem halben Jahr für das Innenstadtmanagement verantwortlich. Sind Sie schon desillusioniert?

Alexander Bethke: Nein, dass es schwierig werden würde, war von vornherein klar. Die Probleme, die es in Ennepetal gibt, sehen wir auch in anderen Städten. Man braucht einen langen Atem und muss dran bleiben.

Welche positiven Erkenntnisse haben Sie bisher gewinnen können?

Ennepetal hat den ganz großen Vorteil, eine Höhle direkt in der Innenstadt zu haben. Dieser Vorteil muss noch mehr ins allgemeine Bewusstsein gerückt werden. Wir gucken von außen darauf, haben Erfahrungen aus anderen Städten und sehen, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Und eine solche Attraktion muss man bestmöglich nutzen. Es gibt jetzt die große Chance, städtebaulich eine Verbindung zwischen der Kluterthöhle und der Innenstadt zu schaffen. Dafür setzen wir uns zusammen mit der Verwaltung ein. Genauso wichtig wie kurzfristige Verbesserungen zu schaffen, finde ich, Prozesse anzustoßen, die sich langfristig positiv auswirken.

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Entlang der Voerder Straße gibt es eine Reihe von Leerständen: das frühere Augenweide-Lokal, der alte AVU-Treffpunkt, die Fortuna-Apotheke, die vormaligen Räume des Reisebüros Heringhaus, die ehemalige Bäckerei Gremme, um nur einige herausstechende zu nennen. Haben Sie Hoffnung, dass es bald Neuansiedlungen gibt?

Askania hat leider ebenfalls geschlossen, das ist ein sehr großes Ladenlokal an prominenter Stelle. Wir versuchen, mit den Eigentümern zusammen zu gucken, was für Möglichkeiten es gibt. Den Askania-Standort könnte man beispielsweise notfalls auch aufteilen, aber dazu muss ein Eigentümer natürlich bereit sein. Konkrete Hoffnung gibt es beim Gremme-Ladenlokal. Wir hatten gerade erst ein Treffen mit dem Eigentümer, einem potenziellen Nutzer und der Stadt. Dabei haben wir auch das Ladenlokal besichtigt. Es geht wieder um eine Bäckereinutzung. Die Stadt hat dabei deutlich gemacht, dass Außengastronomie mit gewünscht ist. Der Eigentümer ist gewillt, die Vermietung mit dem Sofortprogramm des Landes zu machen. Er ist froh, wenn es keinen Leerstand gibt.

Steckbrief

Alexander Bethke ist 29 Jahre jung, ledig und stammt aus Schwerte. Er wohnt in Dortmund.Der studierte Raumplaner ist seit 2019 beim Büro Stadt + Handel angestellt, das seit Mitte vergangenen Jahres das Innenstadtmanagement für die Stadt Ennepetal betreibt.Aktiv ist und war er für Stadt + Handel zudem in Radevormwald, Bielefeld, Meschede und Bernau bei Berlin.

Sie meinen das Förderprogramm „Zukunft. Innenstadt. Nordrhein-Westfalen“ zur Verringerung des Leerstandes in den Innenstädten, bei dem Mieter zwei Jahre lang günstige Konditionen erhalten und die Stadt den Differenzbetrag aus den Fördermitteln zuschießt?

Ja, das ist wirklich ein super Instrument aus Stadtentwicklungsperspektive. Da werden gerade Fördergelder großzügig auf die Innenstädte verteilt. Die Mittel können schnell und unkompliziert vergeben werden. Der Topf hat Ennepetal schon geholfen.

Wo gibt es sonst konkretes Interesse an einer Neueröffnung?

Mit dem „Mittendrin“ hat gerade erst ein gastronomischer Betrieb neu eröffnet, das Lokal stand länger leer. Direkt daneben, im ehemaligen „Robärto“, wird es bald wieder etwas geben. Dort zieht ein Kiosk mit Schnellcafé ein. Der Betreiber führt auch den IAM 7 Days Shop an der Voerder Straße 93.

Ist ein Kiosk an der Stelle denn wünschenswert?

Das ist schon okay, um den Marktplatz herum gibt es so etwas bisher nicht. Aber es wäre natürlich wünschenswert, dass sich zusätzlich höherwertige Angebote an dieser zentralen Stelle der Innenstadt ansiedeln. Darauf arbeiten wir hin.

Gibt es noch mehr Bewegung?

Rossmann zieht im März vom Heilenbecke Center ins Ennepetal City Center, das dann komplett belegt ist. Das ist sehr erfreulich. Und ins Heilenbecke Center wiederum sind kürzlich der Kinderschutzbund mit dem „Robärto“ und ein Sanitätshaus eingezogen.

In den vergangenen Jahren hat „My City“ gemeinsam mit den Innenstadtmanagern einige Ideen gehabt, was für Milspe bereichernd wäre. Ein Künstlercafé, ein „Unverpackt“-Laden, ein Geschäft mit regionalen Produkten und mehr. Umgesetzt wurde bisher nichts. Woran liegt das?

Beim Regionalladen waren wir schon sehr weit in den Gesprächen, als die Interessentin aus nachvollziehbaren persönlichen Gründen abgesprungen ist. Es braucht eben immer jemanden, der es macht.

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Vieles scheint in Ennepetal einfach zu lange zu dauern. Zuletzt hat in Schwelm ein „Unverpackt“-Laden eröffnet. Sogar das kleine Breckerfeld hat einen „Lokalladen“ mit regionalem Angebot auf die Beine gestellt. Fehlt es den Akteuren hier an Dynamik?

Dem würde ich klar widersprechen. Wir versuchen Leute zu motivieren. Barbara Mittag als Netzwerkerin versucht ihr Möglichstes, Kontakte herzustellen, Interessenten anzusprechen. Es scheitert sicher nicht am Willen oder der Dynamik der Verwaltung. Aber klar ist natürlich, dass es hier ein Imageproblem gibt. Es müssen Strukturen geschaffen werden, was die Imagepflege und das Stadtmarketing angeht. Unsere Aufgabe ist es, das anzustoßen und in die richtige Richtung zu bringen.

„My City“ wirkt wie ein Ein-Frau-Unternehmen, die Vorsitzende Barbara Mittag scheint allein auf weiter Flur zu stehen. Braucht es nicht mehr Initiative aus der Händlerschaft?

Das wäre wünschenswert. Es ist aber oft so, dass eine treibende Kraft hinter einem solchen Verein steht. Frau Mittag tut alles, was in ihrer Macht steht, und sie macht das auch gut. Aber hilfreich wäre es schon, dass das Engagement auf breiteren Füßen steht. Wir sprechen mit der Stadt darüber, von Seiten der Wirtschaftsförderung weitere Unterstützung zu geben. Aber im Alltäglichen ist „My City“ der wichtigste Player in der Innenstadt.

Kurz & Knapp

Ennepetal ist als Einkaufsstadt……ein Standort mit viel touristischem Potenzial.Von den Einzelhändlern wünsche ich mir,……dass sie weiter diese schwierige Zeit durchstehen und nach dem Ende der Corona-Einschränkungen wieder neu durchstarten und vielleicht mit „My City“ zusammen Ennepetal revitalisieren.Das Beste an der Innenstadt……sind die kurzen Wege.

Noch ein Blick auf die Corona-Situation: Wie sind die Rückmeldungen aus der Händlerschaft? Steht zu befürchten, dass der eine oder andere Laden schließen müssen, wenn sich die Lage nicht bald verbessert?

Wir haben das Ende vergangenen Jahres angesprochen, gerade den Gastronomen gegenüber, die schon sehr lange leiden. Aus Ennepetal haben wir keine dramatischen Rückmeldungen erhalten, die waren alle den Umständen entsprechend zufrieden. Natürlich hatte der Handel deutschlandweit Umsatzeinbußen. Inzwischen haben sich aber alle auf die Situation eingestellt und reagieren eher lethargisch, wenn sich wieder eine Verordnung ändert. Es hat sich natürlich einiges ins Internet verlagert, aber grundsätzlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Kunden weiter gute inhabergeführten Einzelhandel wertschätzen. Vielfach wird ja der Fokus sehr stark auf die Ansiedlung von Filialisten gelegt. Ich denke aber, dass eine Innenstadt dann lebendig ist, wenn es viel inhabergeführten Einzelhandel gibt. Den Inhabern liegt etwas an der Innenstadt, an der Stadt insgesamt. Wo wir Corona-Auswirkungen spüren, ist beim Verfügungsfonds für die Innenstadt. Der wird kaum genutzt. Das ist ein Fördertopf, aus dem Aktionen und bestimmte Investitionen gefördert werden können. Allerdings müssen zusätzlich 50 Prozent private Mittel fließen. Und aufgrund der Corona-Auswirkungen wird das Geld bei vielen knapp, was externe Ausgaben betrifft.

Sie sind für ihr Büro Stadt + Handel auch in anderen Städten im Innenstadtmanagement tätig. Ist Ihre Arbeit irgendwo noch schwieriger als in Ennepetal?

Nein, das tut sich nicht viel. Die Innenstadtentwicklung ist ein komplexes Thema. In einer Stadt wurde ich im Ausschuss mal gefragt, wie viel Prozent Leerstand ich denn beseitigen würde. Dafür Voraussagen zu treffen, ist völlig unvorstellbar. Das hängt von so vielen Faktoren ab – von Eigentümern, davon, wie die Stadt strukturiert ist, wie die allgemeine wirtschaftliche Lage aussieht und vielem anderen mehr. Natürlich gibt es auch Städte, in denen bei drei oder vier Leerständen laut geklagt wird. Da kommt man hin und sagt: Ihr habt doch gar kein Problem, was machen wir hier?