Ennepetal. Ein 48-jähriger Ennepetaler soll sein Kind fast 150 Mal sexuell missbraucht haben. WhatsApp-Nachrichten: „Hast Du heute Abend Lust?“
Mit ihrem 15. Geburtstag soll alles noch viel schlimmer geworden sein. Soll der 48-jährige Ennepetaler seine Tochter bis dahin schon knapp drei Jahre lang zu sexuellen Handlungen gezwungen haben, soll er sie ab da vergewaltigt haben. Über viele Jahre lang soll er die Jugendliche im Durchschnitt fast einmal pro Woche zu seinem Opfer gemacht haben – bis sie allen Mut zusammennahm und zur Polizei ging. Ab Montag muss der Mann sich vor dem Hagener Landgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs in 147 Fällen verantworten. Mit Sicherheit einer der schlimmsten Fälle von Kindesmissbrauch in der Geschichte der Stadt Ennepetal.
Die Familie lebt im eher bürgerlichen Milieu und fiel nie besonders auf. Das Mädchen hat noch einen großen Bruder und zunächst verläuft ihr Leben in der Familie wie das eines normalen Mädchens. Das soll sich laut Anklageschrift radikal geändert haben, als sie elf Jahre alt ist. Da soll ihr Vater sie erstmals absichtlich an Stellen berührt haben, von denen sie auch mit elf genau weiß, dass das nicht richtig ist. Doch das soll erst der Anfang gewesen sein. Der 48-Jährige wird immer aufdringlicher, missbraucht seine Tochter immer schwerer, fordert immer schlimmere Dinge von ihr.
Aus Angst vor Schlägen geschwiegen
60 Mal soll er sich laut Anklage an dem Kind bereits vergangen haben, bevor er sie im Alter von 15 Jahren das erste Mal vergewaltigt haben soll und dies fortan insgesamt 87 Male bis Dezember des Jahres 2020 getan haben soll. Zumeist sollen sich die Taten in der Wohnung der Familie ereignet haben – in der Badewanne, auf der Couch im Wohnzimmer, im Bett der Tochter im heimischen Kinderzimmer soll er über sie hergefallen sein. Zwei Taten sollen sich in einem spanischen Ferienhaus ereignet haben.
Laut der anklagenden Staatsanwaltschaft soll er seine Tochter regelmäßig mit WhatsApp-Nachrichten kontaktiert haben. „Hast Du heute Abend Lust?“ soll beispielsweise darin gestanden haben. „Weitere Gewalt wie Schläge soll er beim jahrelangen Missbrauch seiner Tochter nicht angewendet haben“, sagt Bernhard Kuchler, Pressesprecher am Hagener Landgericht. Die Tochter hingegen soll ihr jahrelanges Martyrium schweigend erduldet haben, bis sie im Dezember 2020 doch plötzlich den Weg zur Polizei suchte und den Beamten ihre schockierende Geschichte erzählte.
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Doch warum wartete sie so lange damit, sich zu offenbaren? Und warum fasste sie ausgerechnet im vergangenen Winter den Entschluss, gegen ihren Vater auszusagen? Details dazu wird mit Sicherheit der am Montag startende Prozess offenbaren. Bis jetzt stellt sich die Lage für die Ermittlungsbehörde so dar, dass das Mädchen Angst vor dem mutmaßlich gewalttätigen Vater gehabt haben soll. Sie soll angegeben haben, aus Angst, dass der 48-Jährige erneut die Mutter und den Bruder oder auch sie selbst schlägt, geschwiegen zu haben. Nun soll aber Ende des vergangenen Jahres der Bruder etwas von dem Missbrauch mitbekommen haben. Bei ihren Vernehmungen soll sie ausgesagt haben, dass sie sich offenbart hatte, um eine völlige Eskalation innerhalb ihrer Familie zu verhindern.
Es drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis
Der wegen Steuerhinterziehung und Betrugs vorbestrafte Ennepetaler sitzt seitdem in Hagen in Untersuchungshaft, stand zum Zeitpunkt seiner Festnahme unter laufender Bewährung wegen des Betrugsverfahrens. Für den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern erwarten den Mann bei einem Schuldspruch zwischen zwei und 15 Jahren Gefängnis. Bei seinen bisherigen Vernehmungen hat der angeklagte Ennepetaler zu den Vorwürfen geschwiegen.
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Keine Antworten gibt die Anklage aktuell zur Rolle der Mutter in dieser Sache. Zwar steht fest, dass der Mann geschieden ist, zu den genauen Wohn- und Familiensituationen werden aber erst die Zeugenaussagen im Prozess Klarheit bringen können. Das Mädchen selbst hat sich als Nebenklägerin dem Verfahren vor dem Landgericht gegen ihren Vater angeschlossen.
Der Terminplan der Kammer
Für das Verfahren gegen den Ennepetaler hat die Kammer bislang fünf Verhandlungstage vorgesehen.
Das Urteil beziehungsweise ein möglicher Freispruch soll demnach spätestens am 29. Juli ergehen.