Schwelm. Ab Mittwoch zieht das Militär ins Kreishaus ein, um dem Gesundheitsamt bei der Kontaktnachverfolgung zu helfen. Impfen läuft auf Hochtouren.
Die Bundeswehr hilft im Ennepe-Ruhr-Kreis bei der Pandemiebekämpfung: Die Infektionszahlen brechen täglich neue Rekorde, die Menschen stehen bei eisigen Temperaturen Schlange, um sich impfen zu lassen – der Ennepe-Ruhr-Kreis sieht sich außer Stande, die explodierenden Anforderungen, die die Corona-Pandemie an die Verwaltung stellt, noch allein zu meistern. Landrat Olaf Schade sandte einen Hilferuf an die Bundeswehr. Dieser ist erhört worden. 16 Soldaten verstärken das Team ab Mittwoch im Kreishaus.
Arbeiten am Limit – das gilt angesichts der rollenden vierten Welle seit einigen Wochen wieder mehr denn je für das Team der Kontaktermittler im Schwelmer Kreishaus. Um den Zeitraum zwischen positivem Testergebnis und dem Anruf des Gesundheitsamtes bei den Betroffenen trotz bisher nie dagewesener Fallzahlen möglichst kurz zu halten, fährt der Krisenstab unter Leitung von Astrid Hinterthür und Michael Schäfer nun zweigleisig. Zum einen wird das Personal des Pandemieteams durch Mitarbeiter der Kreisverwaltung, die nicht zum Fachbereich Soziales und Gesundheit gehören, sowie durch Beschäftige der EN-Agentur verstärkt. Die sitzt eigentlich in Hattingen und ist die Wirtschaftsförderung des Ennepe-Ruhr-Kreises.
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Zum anderen hat der Krisenstab Ende vergangener Woche erstmals auch Hilfe der Bundeswehr angefordert und am Wochenende zugesagt bekommen. Einen solchen Antrag hatte es vor einigen Monaten bereits von der CDU gegeben, da war im Kreishaus ein solcher Einsatz noch nicht als notwendig erachtet worden. Nun allerdings schlagen die Soldaten im Ennepe-Ruhr-Kreis tatsächlich auf. „Ab Mittwoch, 1. Dezember, unterstützen uns 16 Soldatinnen und Soldaten des Versorgungsbataillons 7. Ihr Einsatz ist zunächst bis zum 15. Dezember geplant“, berichtet Jana Ramme, organisatorische Leiterin des Pandemieteams.
80 Kräfte an den Telefonen
Nach dem Aufstocken durch Kräfte aus anderen Bereichen der Verwaltung und durch die Militärs kann sie nun mit insgesamt 80 Kräften planen. „Jede oder jeder Einzelne – ob ohne oder mit Uniform – hilft uns derzeit entscheidend weiter“, betont Jana Ramme. Politisch wird derzeit abgestimmt, ob für die kommenden zwei Jahre das Personal im Gesundheitsamt um 20 weitere Stellen aufgestockt werden soll. Auch dies ist vorbeugend dafür, dass die Zahlen weiter steigen.
Aktuell liegt die Inzidenz für den Ennepe-Ruhr-Kreis bei 226,8. Der bisherige „Rekord“ von 210,4 vom 24. Dezember 2020 ist damit pulverisiert. Wer den Blick nach Bayern oder Sachsen richtet, der erkennt schnell, dass dies noch lange nicht das Ende der Fahnenstange bedeuten muss. Dort sind Inzidenzen von weit über 1000 aktuell normal. Heißt: Pro 100.000 Einwohner sind mehr als 1000 Menschen binnen sieben Tagen neu infiziert. All diese müssen telefonisch durch das Gesundheitsamt betreut werden.
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Rechenbeispiel: Läge die Inzidenz im Ennepe-Ruhr-Kreis bei 1000, bedeutete dies, dass etwa 3200 Menschen in einer Woche neu infiziert sind. All diese müssen vom Gesundheitsamt bestenfalls am Tag des positiven Tests über ihre Quarantäne aufgeklärt werden. Dies ist der Grund, weshalb im Schwelmer Kreishaus bereits bei einem guten Fünftel dieser Beispielinzidenz die Soldaten helfen müssen.
Und das betrifft tatsächlich ausschließlich die Infizierten. Denn: Die Sache nennt sich zwar Kontaktnachverfolgung, doch die eigentlichen Kontakte der Infizierten werden schon lange nicht mehr verfolgt und informiert. Dies hat das Land NRW bereits im Sommer beendet. Wäre das nun auch noch der Fall, die Lage an den Telefonen wäre personell überhaupt nicht mehr zu stemmen.
Erstimpfungen bei zwölf Prozent
Die Hoffnung auf eine Entspannung liegt vor allem in den fortschreitenden Impfungen: „Stark gefragt sind nach wie vor die Impfangebote, die die Koordinierende Impfeinheit des Kreises organisiert“, sagt Ingo Niemann, Pressesprecher des Ennepe-Ruhr-Kreises. Allein zwischen Donnerstag und Sonntag kamen mehr als 3200 Bürgerinnen und Bürger in die Impfstellen nach Ennepetal (2619) und Herdecke (170, geöffnet am Freitag) sowie zu den Impfbusstandorten in Breckerfeld (233 am Donnerstag) und Gevelsberg (181 am Freitag). Der Anteil der Drittimpfungen lag dabei bei 83 Prozent, zwölf Prozent entfielen auf Erstimpfungen, Tendenz der letzten Woche ungefähr gleichbleibend.