Dortmund. In einem bewegenden Brief an seine Kinder spricht Mario Götze über die Frühgeburt seines Sohnes. Und sagt, warum er danach nie mehr zum BVB zurückgekommen ist.

„Dear Gioia, dear Rome, Daddy has a story to tell you.“ So beginnt der Brief, den Mario Götze seinen beiden Kindern geschrieben hat. Er will ihnen eine Geschichte erzählen, seine Geschichte. Das lange, bewegende Schreiben wurde vom Sportportal „The Players‘ Tribune“ veröffentlicht. Darin schreibt der 32-jährige Fußballprofi über seinen Weg zum Siegtor im Finale der WM 2014, über die dramatischen Stunden, als sein Sohn Rome zur Welt kam und wie das Vater-Sein ihn verändert hat.

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Ihm sei beinahe das Herz stehen geblieben, als die Hebamme bei seiner Frau im siebten Monat der Schwangerschaft Komplikationen festgestellt hat, schreibt er. Mit Blaulicht fuhr der Krankenwagen von Dortmund nach Witten ins Marien-Hospital, Götze raste hinterher. „Ein Alptraum.“ Jede Minute habe sich wie eine Stunde angefühlt, es wisse heute nicht mehr, wie er das Auto auf der Straße gehalten hat. „Alles, was ich denken konnte, war: Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, lass ihn okay sein. Bitte Gott!“

Götze kehrte nicht mehr nach Dortmund zurück

Bei der Ankunft in Witten sei dann alles rasend schnell gegangen. Sein kleines Herz schlug zwar noch, aber das Baby musste geholt werden, sechs Wochen zu früh. „Und in der Sekunde, als ich dich sah, wusste ich, mein Leben hat sich verändert“, schreibt Götze. „Nichts wird jemals wieder so sein, wie es war.“

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Götze schildert weiter, wie er sich kurz nach der Geburt entscheiden musste: Beim Baby bleiben, das auf der Intensivstation lag, oder wie geplant zurück zum Training gehen. Doch im Juni 2020, mitten in der Pandemie, galten strenge Regeln. Hätte er das Krankenhaus verlassen, wäre er nicht wieder hineingekommen. „Ich musste wählen: Fußball oder Familie.“

Tiefe Einblicke in das Seelenleben

Für Götze war das keine Frage. Er rief den BVB an und meldete sich vom Training ab. Vorerst, nur so lange, bis mit dem Baby alles okay wäre. Doch kurz darauf lief der Vertrag aus. Götze kehrte nie wieder zur Borussia zurück. Er glaube nicht, dass Dortmund super glücklich über seine Entscheidung gewesen sei, so der Fußballer in dem Brief. „Aber ich denke, sie haben sie verstanden.“ Es habe keine Alternative gegeben. „Ich bin zuerst Vater.“ Der Fußball stehe an zweiter Stelle. „Dafür werde ich mich niemals entschuldigen.“

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Auch über die Geburt seiner Tochter schreibt der Fußballer. Sie kam ebenfalls vier Wochen zu früh auf die Welt, doch die Geburt sei ein bisschen weniger dramatisch verlaufen. Anschließend gewährt Götze einen tiefen Blick in sein Seelenleben. Er erzählt von den Anfeindungen, denen seine Familie nach seinem Wechsel nach München ausgesetzt war, von Zukunftsängsten, von dem Druck, unter den er sich selbst gesetzt hat. „Rückblickend war ich zu streng mit mir selbst.“ Und zu ungeduldig. Er habe immer gewinnen wollen, deshalb 2016 das Angebot von Jürgen Klopp, in sein junges Team nach Liverpool zu wechseln, ausgeschlagen – eine Entscheidung, die Götze heute bedauert. „Aber vielleicht würde ich es heute wieder so machen.“

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Götzes langer, bewegender Brief endet mit einer Liebeserklärung an seine beiden Kinder. Er wolle, dass sie seine wahre Geschichte kennen. Er sei dankbar für seine Familie. Erst als Vater habe er begriffen, was Fußball ist, so Götze. Ein Spiel, ein kleiner Teil seines Lebens. Und wenn er nach Hause komme, sei alles vergessen und es gebe manchmal nichts, was er lieber machen wolle, als mit den Kindern Lego zu spielen. „Danke, dass ihr mein Leben komplett gemacht habt.“