Dortmund. Proteste gegen den harten Sparkurs der NRW-Regierung. Leiter einer Caritas-Beratungsstelle in Dortmund warnt: „Viele Menschen sind in Not.“
Im Haushalt für das kommende Jahr plant das Land NRW massive Kürzungen vor allem im sozialen Bereich. Opposition und Freie Wohlfahrtsverbände werfen der schwarz-grünen Regierung „sozialen Kahlschlag“ vor. Unter dem Motto „NRW, bleib‘ sozial“ demonstrieren am heutigen Mittwoch (13. November, 12 Uhr) Träger, Beschäftigte und Betroffene bei einer Großkundgebung auf den Düsseldorfer Rheinwiesen. Warum sie kämpfen wollen, erzählt Mattis Kögler, Leiter der Caritas-Suchtberatung in Dortmund, hier.
„Es ist ganz sicher falsch, bei der Suchtberatung zu sparen! Wir leisten einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zur Bewältigung eines großen Problems. Fast jeder in Deutschland kann leider von sich sagen, dass er oder sie mindestens eine Person mit einem Alkoholproblem kennt – und damit meine ich noch nicht alle anderen Formen von Sucht. Wir wissen um den gesundheitlichen und auch den volkswirtschaftlichen Schaden.
Alkoholsucht: Für Betroffene ein schambesetztes Thema
Allein unsere Beratungsstelle der Caritas in Dortmund sieht im Jahr ungefähr 600 Menschen. Das sind nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch ihre Familien, ihre Kinder, ihre Freunde, ihre Partnerinnen und Partner, Kollegen, die auch mit der Sucht leben müssen. Das ist für viele auch ein schambesetztes Thema. Wir sind die Anlaufstelle, um wertungsfrei ins Gespräch zu kommen, das Problem zu entstigmatisieren.
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Wir kümmern uns um Prävention und bieten unsere Hilfe an, in einem zweiten Schritt auch eine Therapie. Damit sind wir das Eingangstor zur eigentlichen Suchthilfe. Das hat auch der Gesetzgeber so vorgesehen: Die Krankenversicherung verlangt für die Leistungszusage eine Beratung, wir erstellen dafür zunächst einen ,Sozialbericht‘. Das und die Förderung der Motivation sind unsere ganz wesentlichen Aufgaben.
Wo wir da kürzen sollen? Ich wüsste es nicht. Bei den Personalkosten sicher nicht, die sind ohnehin kaum zu decken, auch in diesem Jahr schon. Weniger Gruppen, weniger Sprechstunden, weniger Vermittlungen in eine Reha – gerade kleinere Beratungsstellen, etwa im ländlichen Bereich, werden darüber nachdenken müssen. Viele werden ernsthaft in die Bredouille geraten.
„Suchtkranke kriegen ihr Problem nicht allein in den Griff“
Wir müssen uns grundsätzlich diese Fragen stellen: Was wollen wir für eine Gesellschaft sein? Was leisten wir uns? Wo setzen wir Schwerpunkte?
Deshalb werden wir heute in Düsseldorf stellvertretend unsere Stimme erheben für die Menschen, die Hilfe brauchen. Die gehen ja nicht selbst, wir müssen sie vertreten. Da sind Menschen in Not, und sie sind viele: Sie kriegen ihr Problem nicht allein in den Griff. Sie brauchen die Suchthilfe, wie auch die Angehörigen sie brauchen. Und die Suchthilfe muss dafür auskömmlich finanziert sein.“