Dortmund. Zoosprecher Marcel Stawinoga hat mit seiner Kollegin Meike Dewein sechs Tage in Bangladesch festgesteckt. Die Ausschreitungen tobten ganz in der Nähe.
Er liebt alle Tiere, aber einer Gattung hat sich der Artenschutzbeauftragte des Dortmunder Zoos ganz besonders verschrieben. Seit Jahren setzt er sich für die Plumploris ein, hat mehrfach Projekte zur Erhaltung der Feuchtnasenaffen besucht. Doch die letzte Reise nach Asien brachte Marcel Stawinoga in große Gefahr.
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Bei einem Aufenthalt in Sumatra war der Zoosprecher auf die Probleme der Plumploris aufmerksam geworden. Die niedlichen Affen mit den großen Kulleraugen werden häufig gefangen, illegal gehandelt und als Haustier gehalten. Eine echte Bedrohung für die Gattung: „Alle Arten gelten heute als in ihrem Bestand gefährdet“, erklärt der Dortmunder. Als Vorsitzender des Vereins „Plumploris e.V.“ macht er sich zusammen mit dem Dortmunder Zoo dafür stark, dass beschlagnahmte Tiere ihre Freiheit wieder bekommen, und hat dafür verschiedene Projekte ins Leben gerufen.
Dortmunder wollten in den Nordosten des Landes reisen
Eines davon wollte Stawinoga im Juli zusammen mit Tierärztin Meike Dewein in Bangladesch besuchen. „Wir wollten in den Nordosten des Landes reisen, an die indische Grenze“, erzählt er. Später sollte es noch ganz in den Süden gehen, um ein neues Gebiet für die Ansiedlung von Plumploris zu besuchen. „Wir hatten viel vor“, sagt er. Doch daraus wurde nichts.
Schon vor der Reise hatten die beiden von Unruhen im Land gehört. „Aber das ist da ja nichts Besonderes, wir hatten das im Blick“, sagt er. Während sie schon im Flugzeug saßen, sei die Lage in Bangladesch dann aber eskaliert. „Das hat sich sehr schnell hochgeschaukelt.“
Reise endete im Hotel in der Hauptstadt
Bei der Ankunft in Dhaka wurde Stawinoga rasch klar, dass etwas im Busch war. „Das Internet war abgeschaltet, das war schon merkwürdig.“ Noch hoffte er, am selben Abend mit seiner Kollegin in den ruhigen Norden fahren zu können. „Dort bekommt man von den Unruhen nichts mit.“ Aber dann endete ihre Reise schon in einem Hotel in der Hauptstadt.
Kaum waren sie dort angekommen, wurde auch schon eine Ausgangssperre verhängt. Gespenstisch sei das gewesen, die sonst so quirlige Stadt menschenleer zu sehen. Vom Hotel aus verfolgten die beiden Dortmunder die Ausschreitungen mit Dutzenden Toten, die sich nur anderthalb Kilometer entfernt abspielten, hörten die Schüsse. „Das war schon heftig“, so der Zoosprecher.
Ticket kam dann per SMS
Zwar seien sie im Hotel sicher abgeschottet gewesen, aber die Situation sei dennoch beängstigend gewesen. „Ein total bedrückendes Gefühl.“ Was wäre, wenn die Kämpfe näher kämen? Wenn die Aufständischen auf die Idee kämen, zwei Deutsche als Druckmittel zu benutzen? Diese Gedanken ließen Stawinoga und seine Kollegin nicht zur Ruhe kommen.
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Noch mehr Sorgen dürften sich ihre Angehörigen gemacht haben. Kein Internet, kein Telefon, kaum Informationen. „Aber irgendwann konnte ich mit dem Diensthandy zumindest SMS verschicken und schreiben, dass es uns gut geht“, so der 38-Jährige.
Ganze sechs Tage dauerte der unfreiwillige Aufenthalt. Dann gelang es Stawinogas Frau, auf einem der ersten Flieger, die wieder starten durften, Rückflug-Tickets zu buchen. Ebenfalls per SMS schickte sie die Nummern aufs Handy. Auf direktem Wege ging es zurück zum Flughafen – und dann über Dubai nach Hause.
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Mittlerweile ist Stawinoga wieder in seinem Alltag angekommen, die Sorge um die Arbeit in Bangladesch lässt ihn aber nicht los. „Was, wenn die Islamisten an die Macht kommen?“, fragt er sich. Es habe bereits Ausschreitungen gegen Hindus gegeben und viele im neunköpfigen Mitarbeiter-Team seien Hindus. „Ich fühle mich für sie verantwortlich, will sie nicht hängen lassen.“
Und die Plumploris natürlich auch nicht. Doch an eine weitere Reise sei erst einmal nicht zu denken. „Erstmal muss sich die Situation beruhigen“, sagt Marcel Stawinoga. „Vielleicht wird es ja Anfang 2025 was.“