Dortmund. Die Eltern eines misshandelten Säuglings müssen sich jetzt vor Gericht verantworten. Die Dortmunder bestreiten alles und nennen einen anderen Verdächtigen.
Der kleine Säugling muss ein furchtbares Martyrium durchgemacht haben. 28 Knochenbrüche stellten die Ärzte bei dem sechs Wochen alten Säugling fest, als er im Februar 2021 von seiner Mutter ins Wittener Marienhospital gebracht wurde. Beide Arme und Beine waren oben und unten mehrfach gebrochen, mehrere Rippen ebenfalls. Manche Verletzungen waren schon verheilt, Blutergüsse abgeklungen. Doch wer hat ihm die Gewalt angetan?
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Angeklagt sind seine Eltern, seit Donnerstag (25.7.) wird den Hördern vor dem Dortmunder Landgericht der Prozess gemacht. Der Vater soll das Baby, das im Dezember 2020 geboren worden war, mehrfach durch stumpfe Gewalt verletzt haben, so die Anklage. Seine Mutter habe davon gewusst und nichts unternommen, um dem Kind zu helfen.
Die beiden Dortmunder bestreiten die Taten
Doch die beiden bestreiten die Taten energisch. Vor Gericht lässt der 49-jährige Vater über seinen Anwalt eine Einlassung verlesen. Er sei fassungslos gewesen, als er von den Brüchen erfahren habe, versichert der frühere BVB-Ordner darin. Er liebe seinen Sohn und habe ihn niemals hart angefasst. Seine Frau und sein älterer Sohn, der bei ihnen lebt, hätten mit den Verletzungen ebenfalls nichts zu tun.
Auch die Mutter, die den Kindsvater erst kurz vor dem Prozess geheiratet hat, kann sich angeblich nicht erklären, wie es zu den Verletzungen gekommen ist. Vielleicht war es ja der Hund, die schwere Bordeaux-Dogge, sagt sie. Das Baby könne sich auch am Gitterbettchen selbst verletzt haben. Oder es sei möglicherweise bei der Großmutter passiert: Schließlich habe die regelmäßig auf das Baby aufgepasst. Und bei ihr sei häufig ein Freund zu Besuch – einer, der wegen sexuellen Kindesmissbrauchs bereits eine lange Haftstrafe hinter sich hat.
Mutter will von den Brüchen nichts bemerkt haben
Gemerkt haben von der Qual des Kindes will die Dortmunderin jedenfalls nichts. „Er war wie immer“, sagt sie vor Gericht. Das Kind sei apathisch gewesen, heißt es hingegen im Bericht des Krankenhauses. Und dazu erheblich mangelernährt. Kann es sein, dass die Angeklagte das nicht bemerkt hat? Die 31-Jährige ist eine erfahrene Mutter, sie hatte vor dem Baby bereits zwei weitere Kinder geboren, die allerdings bei der Großmutter in Bochum wohnen. Ein weiteres Baby ist erst vor kurzem auf die Welt gekommen. Es wurde sofort vom Jugendamt in Obhut genommen, auch das misshandelte Kind lebt seit dem Verdacht bei Pflegeeltern. Umgang mit den leiblichen Eltern gibt es inzwischen nicht mehr.
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Außerdem hatte die Angeklagte zumindest die Blutergüsse gesehen. Anfang Januar schickte sie Bilder der Hämatome per Whatsapp an ihre Mutter, fragte sie um Rat. Die beiden Frauen hatten häufig Kontakt, die Tochter beklagte sich dabei auch über den Freund. „Seine Launen gehen mir auf den Sack“, schrieb sie ihr einige Wochen nach der Geburt. Das hat die Auswertung des Chatverlaufs ergeben. Ein anderes Mal textet die 31-Jährige an ihren Freund: „Ich werde mir von dir auf die Fresse hauen lassen und dann gehen.“ Ist er gewalttätig? Nein, das sei nicht wörtlich zu verstehen, wiegelt sie im Prozess ab. Gestritten werde nur mit Worten.
Großmutter verweigert die Aussage
Aber wer hat dem Baby dann solche Gewalt angetan? Und warum war der Junge so unterernährt, als er in die Klinik kam? Der rund zehn Wochen alte Säugling wog da gerade mal 3810 Gramm. Licht ins Dunkel bringen könnte die Großmutter. Doch die 46-jährige Bochumerin verweigert die Aussage ebenso wie ihr Mann. Nur ein Attest gibt sie ab: Ihr Freund, der verurteilte Straftäter, könne nicht zum Gericht kommen, sagt sie. Dafür sei er zu krank.
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Aber vielleicht können die Ärzte und Gutachter etwas zur Wahrheitsfindung betragen. Sie sollen beim nächsten Prozesstag am 1. August gehört werden.