Dortmund. Beim EM-Halbfinale in Dortmund kam es zu teils heftigen Ausschreitungen. Wer ab dem Nachmittag durch die Stadt ging, merkte: Die Stimmung verändert sich.
Erfreulich friedlich sei es beim EM-Halbfinale geblieben, teilt die Polizei mit Blick auf die gigantischen Besuchermassen in Dortmund mit. Und doch wurden bei Ausschreitungen Menschen verletzt und Gegenstände zerstört. Den Außenbereich eines Lokals schlugen Fans kurz und klein, auch an weiteren Orten mussten Polizisten dringend eingreifen. Die Bilanz: 17 Verletzte, 50 Anzeigen, 26 Fans in Gewahrsam.
Zur heftigsten Auseinandersetzung kam es im „Sausalitos“ an der Kleppingstraße. Als der riesige Holland-Fanmarsch mit 100.000 Teilnehmern dort vorbeizog, gerieten einige Niederländer mit Engländern aneinander, die in der Bar zu Gast waren. Die Fans verwüsteten den Außenbereich und zerstörten Teile der Einrichtung.
Randale in Dortmund: Erst fliegen Fäuste, dann Stühle und Flaschen
Den Vorfall dokumentiert ein Video, das in sozialen Medien kursiert. Es wirkt, als gehe der Angriff von niederländischen Fans aus, aber auch ein paar Engländer stürmen ihnen entgegen. Es kommt zu Faustschlägen, dann schmeißen Niederländer Stühle, Barhocker und Sitzbänke in Richtung der Briten, von denen sich die meisten ins Innere der Bar zurückziehen.
Auch aus dem Lokal heraus schmeißen Fans mit Gegenständen, es fliegen Gläser und Flaschen. Dann werfen Männer einen großen Fernseher in den Außenbereich. Am Ende des Videos kommen weitere Holland-Fans hinzu und wollen in die Bar eindringen; es folgt eine erneute Prügelei. Im Hintergrund sind auch panische Schreie zu hören.
Wer am späten Nachmittag und frühen Abend durch die Innenstadt ging merkte, dass bei einigen Fans der Alkohol zunehmend die Stimmung kippen ließ. Hatte sich die Polizei zunächst gefreut, dass Niederländer und Engländer „bestens miteinander auskommen“, schien später aus freundschaftlichem Aufziehen immer häufiger plumpe Provokation zu werden. Auch das Verhalten gegenüber Reportern wurde stellenweise ruppiger.
Schlägereien zwischen Risikofans aus den Niederlanden
Die Einsatzkräfte, die an den Fan-Hotspots zuvor eher am Rande das Geschehen verfolgt hatten, zeigten in dieser Phase erkennbar mehr Präsenz inmitten der Menschenmengen und zogen diejenigen heraus, die über die Stränge schlugen – etwa auf dem Alten Markt, wo besonders oft Fans beider Lager aufeinandertrafen.
Ärger machten später einige Fans sowohl in der Innenstadt als auch im Westfalenpark, als sie Absperrgitter niederrissen und in die Fan Zones stürmten. Beide Gelände waren bereits an ihre Kapazitätsgrenze gelangt, sodass jeweils ein Einlassstopp verhängt wurde. Die Eindringlinge blieben unerkannt. Die Berichte von Polizei und Stadt gehen hier allerdings auseinander – laut Stadt befanden sich die Fans bereits erlaubtermaßen hinter den ersten Absperrungen und hätten die weiteren Zäune an anderer Stelle einfach passieren können.
Während des Spiels kam es dann an mehreren Orten zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen aus den Niederlanden. Es habe sich dabei um sogenannte Risiko-Fans aus Rotterdam und Utrecht gehandelt, teilt die Polizei mit.
Schöne Szene: Niederländische Blaskapelle schlichtet Streit
Die Behörde zeigt sich trotz der unschönen Vorfälle zufrieden mit dem Verlauf des Tages. „Man muss das auch in Relation sehen“, ordnete Polizeiführer Achim Stankowitz in einer Abschlussbilanz ein: „Das Gros der Menschen ist völlig friedlich geblieben. Dass es an ein paar Orten zu Auseinandersetzungen kommt, ist bei so einer großen Menschenmenge und den Emotionen bei einer Fußballbegegnung kaum zu verhindern.“
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Wichtig sei, dass Einsatzkräfte zeitnah vor Ort gewesen seien und weitere Eskalationen durch schnelles Eingreifen unterbunden hätten. Angesichts der hohen Besucherzahl habe es im Vergleich zu Bundesliga-Spielen deutlich weniger Straftaten gegeben.
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Wie man sich anbahnende Streitereien einfach selbst löst, zeigten übrigens ein paar Fans auf äußerst charmante Weise: Vor einem Lokal an der Hansastraße provozierten Engländer vorbeiziehende Niederländer, die zunächst darauf eingingen. Es entwickelte sich ein verbaler Schlagabtausch. Dann hielt eine niederländische Blaskapelle kurzerhand an und lockerte die Situation mit Musik, spielte sogar die britische Nationalhymne „God save the King“. In der Folge kam es zu innigen Verbrüderungen.
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Diese Delikte registrierte die Polizei am Mittwoch in Dortmund: Hausfriedensbruch (8), Körperverletzung (22), Sachbeschädigung (1), Landfriedensbruch (2), Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz (4), Luftverkehrsgesetz (2) und Betäubungsmittelgesetz (2), Betrug (1), Diebstahlsdelikte (2), Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (4), tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (1). Unter den 17 leicht verletzten Personen waren sieben Polizisten.