Dortmund. Was reizt die EM-Gäste am Zelten auf dem Fan-Camp an der Dortmunder Galopprennbahn? Und warum ist bislang so wenig los? Wir haben nachgefragt.
Nein, es herrscht keine Stimmung wie in einem Pfadfinderlager und auch nicht wie auf Klassenfahrt. Das Fan-Camp an der Dortmunder Galopprennbahn erinnert mehr an einen Schlafsaal im Grünen – nach der Bettruhe. Die EM-Besucher, die hier in Wambel einchecken, kommen zum Übernachten her. Gefeiert wird woanders.
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Große und kleine Zelte reihen sich ordentlich auf der Wiese vor der dritten Tribüne auf. Sie können gemietet werden und bieten zwei bis vier Gästen Platz. Kostenpunkt: ab 45 Euro pro Person. Wer den Reißverschluss aufzieht, blickt ins Grüne, kann in der Ferne den Golfern in der Mitte der Bahn beim Spiel zusehen und hätte beim Pferderennen am Sonntag (23.6.) buchstäblich einen Platz in der allerersten Reihe gehabt. Aber das Interesse der Gäste gilt bekanntlich einem anderen Sport – die Galopper liefen daher an verlassenen Zelten vorbei.
Zwischen den Reihen der Miet-Zelte ist Platz für Besucher, die ihr eigenes Lager aufschlagen wollen. Bunte Klebebänder teilen den grünen Rasen in einzelne Vierecke auf. Dort haben sich Bertrand und Igor weit hinten eine Parzelle ausgesucht. Nach wenigen Minuten ist ihr Zwei-Mann-Zelt aufgebaut, die beiden Pariser wirken dabei wie ein eingespieltes Spiel.
Fan-Camp in Dortmund war für zwei Pariser eine Last-Minute-Idee
„Nein, wir sind keine Camping-Fans“, winken sie ab. Das Camp sei vielmehr eine Notlösung gewesen. „Wir hatten viel Arbeit und wollten last Minute los“, erklärt Igor. Nur eine Nacht haben sie gebucht, dann geht‘s schon zurück. Für die beiden 42-Jährigen ist es der erste Besuch in Dortmund und sie freuen sich auf das gute Bier: „Erdinger!“
Für ganze vier Nächte sind hingegen Krystian und seine Freunde aus Polen nach Dortmund gekommen. Auf dem Zeltplatz bleibt das Quartett aber auch nur für eine Nacht. „Gestern waren wir im Hotel und morgen sind wir es auch wieder – dazwischen war es ausgebucht“, erklärt der Krakauer. Warum sie dann nicht die ganze Zeit campen? „Dafür sind wir zu alt“, sagt Madzia, die einzige Frau der Gruppe, lachend.
Viel Lob für Dortmund und das Fan-Camp
Fürs Feiern in der Innenstadt fühlen sich die vier Mittdreißiger aber auch am zweiten Tag noch jung genug. Und wie hat Dortmund ihnen gefallen? Drei Daumen gehen hoch. „Very nice, sehr schön.“ Nur Milosz schüttelt den Kopf. „Die Feier wurde abgebrochen wegen eines Feueralarms, dabei gab es gar kein Feuer“, schimpft er. „Nervig.“
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Duschen sind aufgestellt worden für die Gäste aus ganz Europa, Toiletten natürlich auch. Beim Check-In gibt‘s Süßigkeiten, mehr Lebensmittel können im Supermarkt gekauft werden, der nur ein paar Gehminuten entfernt ist. Bratwürstchen sollten dort aber besser in der Truhe bleiben. Das Grillen ist im Fan-Camp verboten.
Wojciech und seine Familie haben es sich daher mit einem Picknick auf dem Parkplatz gemütlich gemacht. Der Kofferraum ist voll mit Essen und Trinken, die fünf stärken sich vor dem Weg ins Stadion. Die Familie aus Wroclaw hat sich ganz bewusst fürs Fan-Camp entschieden. „Es ist sehr schön ruhig hier“, sagt Wojciech. „Der Ort hat viel positive Energie.“
Größe des Zeltplatzes in Dortmund könnte verdoppelt werden
Und viel Platz: Bis zu 500 Personen können gleichzeitig im Fan-Camp auf der Rennbahn übernachten. Ist der Andrang größer, würde eine weitere Wiese für die Gäste geöffnet werden. Bislang war das aber nicht nötig. Insgesamt nur rund 300 Buchungen habe es in der Gruppenphase gegeben. „Fürs Campen haben wir hier in Dortmund schlechte Mannschaften erwischt“, bedauert der Geschäftsführer des Rennvereins Oliver Sauer. Portugal, Albanien, Georgien: alles keine Camping-Nationen. Und die Türken kämen häufig bei Verwandten oder Freunden unter. „Holländer oder Engländer wären gut gewesen – oder die Deutschen.“
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Aber die kommen nun ja bald. Und mit ihrem Spiel in Dortmund dürfte es zum Achtelfinale schon deutlich voller werden auf der Rennbahn. „Wir haben tatsächlich jetzt eine Menge Anfragen, ich habe mich schon erkundigt, ob wir die zweite Wiese noch aufmachen müssen“, so der Geschäftsführer. Das sei zwar bislang nicht nötig. Aber wer weiß: Es kommt ja auch noch ein Halbfinale. Vielleicht sogar mit Engländern oder Holländern...