Balve. Kathrin Heinrichs ist kein Gast im klassischen Sinne in Balve. Der jährliche Termin in ihrer alten Heimat begleitet sie durch ihre Karriere.
Faulebutter, Niedereimer, Altenilpe. Und Balve. Über sich selbst zu lachen, fällt Kathrin Heinrichs nicht schwer. Sich einzugestehen, dass sie in den ganz großen Metropolen dieser Welt - von regelmäßigen Auftritten in Hamburg und Aachen abgesehen - noch nicht den großen Durchbruch in riesigen Halle geschafft hat, gehört auch dazu. Aber dreht den Spieß um und sieht es positiv: Wenn in einem kleinen sauerländischen Dorf am Abend 50 von den 150 Einwohnern im Pfarrheim bei ihrer Lesung sitzen - weil ja auch sonst nichts stattfindet -, hat sie ein Drittel der Menschen erreicht. In Köln wäre der Anteil selbst mikroskopisch kaum messbar. In Balve war am Freitagabend übrigens ein Prozent der Einwohnerschaft im Pfarrheim St. Blasius anwesend, ein paar Gäste von außerhalb mit eingerechnet. Damit blieben nur ganz wenige Plätze frei.

Wie gewohnt, könnte man sagen, denn Kathrin Heinrichs, gebürtige Langenholthauserin und seit vielen Jahren Wahl-Mendenerin, hat ja Heimspiel hier. Und kommt jedes Jahr gerne zum Auftritt bei Kolping, wie sie gleich zu Beginn betonte. Und am Ende noch einmal voller Dankbarkeit sagte: „Ich hätte dieses Jubiläum nicht feiern können, wenn es nicht immer wieder Menschen gäbe, die meine Bücher lesen und meine Auftritte besuchen.“ 25-jähriges Bühnenjubiläum feiert Heinrichs 2025. Natürlich nicht, ohne auch das augenzwinkernd zu kommentieren: Manche werden sich nun fragen: Ist die wirklich schon als 15-Jährige aufgetreten?
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Aber diese besondere Zahl bietet auch Anlass zurückzublicken, Persönliches zu reflektieren. Heinrichs erzählt nicht nur, dass sie in ihrem Geburtsort Langenholthausen immer noch ein Buchlager hat und gerne hier die chronologische Entwicklung ihrer Auftrittsplakate begutachtet. Auch die Zugfahrten zur Schule nach Menden sind ein Thema, mit Freundinnen, mit denen sie teilweise immer noch engen Kontakt habe heute. „Und für die Mendener waren wir die Dörfler, fast auf einer Stufe mit den Neandertalern.“
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
Um die Fahrt mit dem Zug durch das Hönnetal geht es auch in ihrem neuen Buch „Gras drüber“. Wie ein Schüler hier jeden Tag von einem Klassenkameraden terrorisiert wird und das alles 30 Jahre später vor dem Klassentreffen wieder aufbricht. Ein anderer Kurzkrimi dreht sich um zwei ältere Menschen auf dem Dorf, die beide jeweils um ihr Kind trauern. Als Heinrichs die dramatische Wendung vortrug, wurde es totenstill im Saal. Und am Ende musste sie den Zuhörern versprechen: „Nach der Pause baue ich Sie wieder auf.“ Da wurde es dann auch richtig lustig und kurios, etwa mit ihren absurden und doch wahren Alltagsbeobachtungen.

25 Jahre Bühnenkarriere, und immer auch eng mit Balve verbunden. Am Freitagabend hätte von den Beteiligten niemand bezweifelt, dass in der Hönnestadt noch einige weitere Auftritte hinzukommen werden. Wenn Kathrin Heinrichs am 6. Oktober dieses Jahres wieder zu Gast ist, wird die Grundstimmung aber eine gänzlich andere sein. „Da gibt es nichts zu lachen, aber es wird sehr bewegend“, kündigte sie selber an. Im Rahmen des monatlichen Kolpingforums wird Heinrichs über ihre eigene Erforschungen und Berichte zum Schwalbe-Projekt der Nationalsozialisten berichten - „Darüber ist viel zu wenig bekannt“ - und das Ganze in einen größeren Kontext stellen, Überschrift: Denkanstöße zu Mitmenschlichkeit und Demokratie. Ein Thema, das aktuell unbedingt in diese Zeit passe, hätten ihm doch Entwicklungen der letzten Tage große Sorge gemacht, wie Bernward Midderhoff von der Kolpingsfamilie in der Pause erzählt. Dennoch verspricht Kathrin Heinrichs, auch aus diesem Abend ihre Zuhörer nicht ohne optimistischen Blick zu entlassen.