Balve. Der De-Cent-Laden in Balve öffnet zweimal im Monat seine Türen für Bedürftige. Etwa 110 Menschen nutzen das Angebot. Blick hinter die Kulissen.

Es ist heiß und schwül an diesem Dienstagnachmittag. Und trotzdem stehen viele Menschen vor dem St.-Blasius-Pfarrheim in Balve. Und das hat einen guten Grund. Denn wie an jedem zweiten und vierten Dienstag im Monat öffnet um 14.30 Uhr der De-Cent-Laden - eine Einrichtung der Caritas Balve, die Bedürftigen mit Lebensmitteln hilft, über die Runden zu kommen.

Jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat öffnet der De-Cent-Laden im katholischen Pfarrheim in Balve. Bedürftige können dort kostenlos unter anderem Gemüse erhalten.
Jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat öffnet der De-Cent-Laden im katholischen Pfarrheim in Balve. Bedürftige können dort kostenlos unter anderem Gemüse erhalten. © WP Balve | Annett Albach

Am Eingang steht Dieter Loos und regelt den Einlass. Denn zu viele Kunden stehen vor der Tür, um gleichzeitig eingelassen zu werden. Er orientiert sich an den Einkaufswagen, die im Foyer des Pfarrheims stehen. Sechs Stück an der Zahl. Wenn ein Wagen zurückgestellt wird, darf die oder der Nächste rein.

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Vor dem Einkauf geht es aber erst einmal zu Alice Runte und Ulrike Junk. Die beiden haben sozusagen den bürokratischen Teil zu erledigen. Jeder, der im De-Cent-Laden „einkaufen“ möchte, muss dazu nämlich berechtigt sein. Berechtigt ist zum Beispiel der Rentner, der neben seiner Rente Grundsicherung erhält. Oder der Bürger, der Bürgergeld bezieht. Die dritte Gruppe sind die Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten - wie es im Amtsdeutsch heißt. Wer den Bezug einer dieser Leistungen nachweisen kann, beantragt zusammen mit seinem Personalausweis oder Pass beim ersten Besuch des De-Cent-Ladens einen Einkaufsausweis. Bei jedem Besuch muss dieser danach vorgelegt werden und der Kunde muss sich ausweisen. All diese Regelungen sind übersichtlich in einem Merkblatt nachzulesen, das in Deutsch, Ukrainisch, Russisch und Arabisch bei Alice Runte an der Anmeldung ausliegt.

Dank der Spenden gibt es auch eine große Auswahl an Obst.
Dank der Spenden gibt es auch eine große Auswahl an Obst. © WP Balve | Annett Albach

„Jeder Berechtigte kann uns einmal im Monat besuchen“, erläutert Alice Runte, die Leiterin des De-Cent-Ladens. Und weiter: „Wir haben zurzeit circa 110 Einkaufsausweise im Umlauf. Dahinter stecken aber bis zu 300 Personen. Denn viele kaufen für eine drei-, vier- oder bis zu zehnköpfige Familie hier ein. Und das ist an einem Tag nicht zu bewältigen. Also haben wir zwei Gruppen gebildet, die sich auf die zwei Verkaufstage im Monat aufteilen.“

Auch ein Verkaufstag ist dann noch gegliedert. Die erste Gruppe darf von 14.30 bis 15.15. Uhr einkaufen, die zweite dann von 15.15 bis 16 Uhr. Diese Einteilung wechselt bei jedem Besuch, damit jeder mal in den Vorteil kommt, als erster aus dem Angebot wählen zu können.

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Dank der mehr als 30 ehrenamtlichen Helfer ist dieses Angebot groß. Es reicht von haltbaren Lebensmitteln wie Nudeln, Mehl, Zucker, Tee, Kaffee oder Konservendosen über Brot, Brötchen, Kuchen bis zu frischem Obst und Gemüse. Die haltbaren Produkte bestellt Alice Runte bei Rewe und dem Markant-Markt in Balve sowie dem Garbecker Dorfladen. Dabei hat sie den Bedarf genau im Blick, ebenso, wie die wöchentlichen Prospekte der Balver Discounter. Denn dort kauft sie immer das ein, was im Angebot ist und die Kasse schont. „Wir leben ausschließlich von Spenden. Da ist es doch klar, dass ich aufs Geld achte“, erklärt sie.

Brot, Brötchen und andere Backwaren stehen zur Auswahl.
Brot, Brötchen und andere Backwaren stehen zur Auswahl. © WP Balve | Annett Albach

Am Dienstagmorgen fahren die helfenden Männer die Einkaufsmärkte ab und holen Obst, Gemüse und Backwaren ab. Die Backwaren vom Vortag werden von den Bäckereien Grote und Tillmann übrigens gespendet, genauso wie viele der Frischwaren durch Rewe und Markant.

Spenden sind immer erwünscht

Der De-Cent-Laden der Caritas finanziert sich ausschließlich aus Spenden. Deshalb freut sich das ehrenamtliche Team über jede Zuwendung. Egal, ob es Geld- oder Lebensmittelspenden sind. Haltbare Lebensmittel können im Rewe-Markt und im Markant-Markt in Balve in die dort stehenden Körbe gelegt werden.

Geldspenden können auf folgendes Konto überwiesen werden: IBAN DE53 4585 1020 0090 0446 52

Geöffnet ist der De-Cent-Laden an jedem zweiten und vierten Dienstag im Monat in der Zeit von 14.30 bis 16 Uhr. 

Aber zurück zum Einkauf, der eigentlich keiner ist. Denn alle Waren werden kostenlos abgegeben. „Natürlich müssen wir darauf achten, dass jeder etwas bekommt. Deshalb gibt es Regeln, wer wie viel wovon bekommt“, erläutert Christa Weber das Vorgehen. Gemeinsam mit Dorothe Eichhoff ist sie im sogenannten Laden tätig und verteilt die haltbaren Lebensmittel und die Backwaren. Danach gehen die Kundinnen und Kunden weiter zum Frischestand. Hier gibt Gaby Gemke Wurst, Käse oder Aufstriche aus.

Verständigung oft mit Zeichensprache

Auch bei Angelika Rotermund, die für das Obst zuständig ist, und bei Maria Schäfer-Hahne, die das Gemüse verteilt, wird geschaut, für wie viele Personen eingekauft wird. Das steht auf einem Kärtchen, das bei der Anmeldung ausgestellt wurde. Dabei dürfen die Kunden wählen, wovon sie etwas möchten. Oft wird darauf gezeigt und man verständigt sich mit Zeichensprache. Denn viele Berechtigte sind geflüchtete Menschen aus der Ukraine, Russland, Syrien oder Afghanistan zum Beispiel.

Aber auch Balverinnen und Balver nutzen diese Hilfe. Da ist die 78-jährige Frau, deren Leben durch eine - wie sie sagt - verkorkste Ehe und zahlreiche Schicksalsschläge gezeichnet ist. „Ich war 22 Jahre verheiratet, eine Zeit mit Schlägen, Betrug und Lügen.“ Eine dieser Lügen rächt sich bis heute. Denn nach der Trennung war sie finanziell auf sich gestellt. Unterhalt gab es nicht, denn alles, was ihr Mann im Job so getan hatte, stand auf keinem Papier. „Ich habe die meiste Zeit ohne Steuerkarte irgendwie nebenbei gearbeitet und nichts eingezahlt.“ Das Ergebnis: heute bekommt sie 540 Euro netto Rente. Da das zum Leben zu wenig ist, bekommt sie Grundsicherung und somit ist sie berechtigt, den De-Cent-Laden zu besuchen.

Das tut sie aber erst seit etwas mehr als einem Jahr. „Weil ich vorher davon gar nicht wusste. Bis Frau Rotermund mich darauf hingewiesen hat. Und sie hat auch gesagt, dass ich mich nicht schämen soll, hierhin zu kommen.“ Das tue sie inzwischen auch nicht mehr. „Warum soll ich diese Hilfe nicht annehmen? Ich habe mich daran gewöhnt, hierher zu gehen. Das Leben hat mir viele Steine in den Weg gelegt. Aber ich mache trotzdem das Beste daraus.“ Und das ist an diesem Tag ein gut gefüllter Einkaufswagen, wofür sie sich bei „dem freundlichen Team und den vielen Spendern“ bedankt.