Balve. Mitte März kamen die ersten Geflüchteten aus der Ukraine. Bereits jetzt hat die Stadt Balve wichtige Fragen geklärt. Was läuft?
Hubertus Mühling beginnt im Rat grundsätzlich. Tatsächlich hat der Bürgermeister einen guten Grund. Menschen aus der Ukraine suchen in Balve, wie anderswo in Städten der Europäischen Union, Schutz vor russischen Angriffen. Russlands Präsident Wladimir Putin gehe es bei seinem Krieg nicht nur um die Ukraine, sagte der Verwaltungschef, es gehe ihm auch darum, die Demokratie in Deutschland und anderswo zu destabilisieren. Darauf könne es nur eine Antwort geben: Gerade in dieser Situation sollten Demokratie beieinanderstehen. Zugleich aber geben neben dem Bürgermeister Mühling auch sein Vertreter Michael Bathe und der für Bildung zuständige Fachbereichsleiter André Flöper einen Einblick in die Lage vor Ort.
+++ BALVES BÜNDNIS FÜR FLÜCHTLINGE: SO WURDE ES AUSGEZEICHNET +++
Rückblende. Am 15. März kommen die ersten Geflüchteten aus der von Russland angegriffenen Ukraine in Balve an. Der privat organisierte Hilfskonvoi aus dem Hönnetal hat insgesamt 13 Mütter und Kinder in Lublin, Polen, aufgepickt, um sie im Sauerland in Sicherheit zu bringen. Inzwischen sind es deutlich mehr Geflüchtete. Rathaus-Vize Michael Bathe berichtet in der Ratssitzung in Garbeck von 51 Menschen aus der Ukraine, darunter 27 Kinder, 20 Schüler, drei Kurze sind im Kita-Alter und vier jünger als drei Jahre. In Kürze, sagt er, werden es 64 sein. Dazu kommen acht Ex-Ortskräfte aus Afghanistan. Was passiert mit ihnen?
Wohnraum gibt es, zumeist privat. 40 potenzielle Wohnungen müssen hergerichtet werden. Dazu zählen auch städtische Räume im Bücherei-Gebäude, in der Kita Eisborn, in der Schule Volkringhausen sowie in Flüchtlingsunterkünften in der Helle und am Langenloh. Denkbar ist auch, Menschen aus der Ukraine im Sonderklassentrakt der Hauptschule, Hausmeisterwohnung inklusive, einzuquartieren.
Das Heim am Pickhammer indes scheidet vorerst aus. Es dient als Isolierstation für corona-kranke Geflüchtete.
+++ BALVE: SPRACHKURSE FÜR GEFLÜCHTETE +++
Parallel laufen Maßnahmen, um den Geflüchteten den Start im Sauerland zu ermöglichen – etwa Registrierung bei der Ausländerbehörde in Menden sowie Einrichtung von Konten bei der Sparkasse.
Balves Schulen haben sich ebenfalls auf die neue Situation eingestellt. 13 Mädchen und Jungen besuchen bald die Realschule. Sechs Kinder nimmt die Grundschule Balve auf.
Schwieriger ist die Situation bei den Kitas. Der städtische Fachbereichsleiter André Flöper: „Städtische Kitas sind überbelegt, andere Kitas sind voll ausgelastet. Der Märkische Kreis arbeitet an Lösungen.“
Dabei soll es nicht bleiben. Informelle Treffs für Geflüchtete kommen. Die Evangelische Gemeinde macht bereits ein handfestes Angebot (WP berichtete). Überdies plant die Stadt, einen Raum für Gespräche zu stellen. Sozialarbeiter Hasan Yilmaz hilft den Neuen, wo er kann.
Jugendzentrum reagiert auf neue Lage
Zur Seite stehen jungen Geflüchteten auch Christian Wulf und sein Team vom Jugendzentrum. Sie haben ihr Osterprogramm für junge Leute umgebaut. Eine Stadtrallye steht an – und Geocaching. Die Eingewöhnung in die neue Heimat beginnt mit Ortskenntnis.
+++ BALVE: UKRAINE-KIDS SOLLEN SCHNELL ZUR SCHULE GEHEN +++
Balves Ortsvorsteher Matthias Streiter wirft die Frage nach psychologischer Unterstützung kriegstraumatisierter Menschen auf. Bürgermeister Mühling erwidert, der Bedarf werde ermittelt, der Kreis sei gefragt: „Da muss wohl noch was angeschoben werden.“ Dennoch bleibt die Situation dynamisch. Das weiß der Verwaltungschef. Wie lange der Krieg dauert: ungewiss.
Gewissheit herrscht darüber, wie viele Geflüchtete bis zur Ukraine-Krise im Stadtgebiet gelebt haben. UWG-Fraktionschef Lorenz Schnadt will das wissen. Etwas mehr als 40, entgegnet der Bürgermeister. Auf der Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 waren es 383.