Düsseldorf. Bundestagswahl: Bei jungen Menschen sind AfD und Linke am beliebtesten. Was sie zu den Extremen treibt, erklärt .
Was hat junge Menschen bei der Bundestagswahl 2025 bewegt? Vor allem zwei Parteien konnten bei ihnen punkten: Die Linke holte 25 Prozent der Stimmen der 18-bis 24-Jährigen, die AfD 20 Prozent. Beide Parteien waren damit deutlich erfolgreicher als bei der Bundestagswahl 2021 (Linke plus 17 Prozent, AfD plus 13 Prozent). Was das über das Wahlverhalten von Jungwählerinnen und Jungwählern aussagt und inwieweit Klimaschutz für sie noch eine Rolle spielt, erklärt Stefan Marschall, Professor für Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, im Gespräch mit Laura Lindemann.
Herr Marschall, was hat Sie bei den Ergebnissen der Jungwählerinnen und Jungwählern am meisten überrascht?
Stefan Marschall: Auffällig finde ich den großen Erfolg der Linken. Prognosen haben zwar bereits gezeigt, dass die Partei einen Lauf bei jungen Menschen hat – das Ausmaß finde ich allerdings spektakulär.

Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Zum einen ist die Social-Media-Strategie der Linken gut angekommen. Insbesondere die Parteivorsitzende Heidi Reichinnek hat es geschafft, im Netz authentisch aufzutreten und damit viele Follower zu gewinnen. Zum anderen fühlen sich viele junge Menschen von den Inhalten abgeholt, etwa wenn es um die Bereiche Miete und Wohnen geht. Und: Durch die Diskussion um die Brandmauer mit der AfD konnte die Linke viele Jungwählerinnen und Jungwähler mobilisieren. Die Grünen hingegen sind für einige Menschen aus dem linken Spektrum nicht mehr so attraktiv, weil sie in der Regierungszeit viele Kompromisse eingegangen sind, etwa im Bereich Klimaschutz oder Migration.
Auch interessant

Spielt der Klimawandel keine Rolle mehr?
So würde ich das nicht sagen, die Jungwählerinnen und -wähler sind ja keine homogene Gruppe. Für einen Teil von ihnen ist Klimaschutz noch immer ein zentrales Thema. Aber die Gruppe ist kleiner geworden. In dem Zeitraum, als die Flutkatastrophe im Ahrtal war, die Fridays-for-Future-Demos größer waren und auch die EU die Thematik aufgegriffen hat, war der Klimawandel noch präsenter. Derzeit stehen auch bei jungen Menschen häufig Themen rund um Migration und innere Sicherheit im Mittelpunkt.
Was sagt das sprunghafte Wahlverhalten über die jungen Menschen aus?
Sie sind beweglich, haben oft keine Parteibindung und reagieren schnell auf das, was gerade diskutiert wird und wie es diskutiert wird. Was wir aber sehen können: Die Linke wird stärker von jungen Frauen unterstützt, während junge Männer ihr Kreuz häufiger bei der AfD setzen.
Warum?
Der prototypische AfD-Wähler ist männlich, hat in der Regel einen niedrigeren Bildungsstand und fürchtet sich vor dem sozialen Abstieg, fühlt sich also stärker bedroht. Die Linkswählerinnen gehören eher zum akademischen und studentischen Milieu. Das könnte in das Wahlverhalten mit reinspielen.
Wie müssen sich die Parteien der Mitte aufstellen, um junge Menschen zu erreichen?
Sie dürfen sich nicht davor scheuen, in den sozialen Medien präsent zu sein. Wichtig ist, dass sie mit einer Professionalität daran gehen, alles andere kann bei Social Media schnell peinlich werden. Und dann ist es wichtig zu schauen, was die jungen Menschen bewegt. Bildung ist in diesem Wahlkampf beispielsweise ziemlich kurz gekommen. Für die Parteien wird es nicht einfach, den Vorsprung der AfD auf den Plattformen aufzuholen, aber es ist notwendig. Junge Menschen interessieren sich zunehmend für Politik und wollen sich einbringen. Es ist nun wichtig, dass sie von den Parteien an den richtigen Stellen abgeholt werden.