Essen. Das kranke Kind zu Hause betreuen oder in die Kita bringen? Viele Eltern sind unsicher, ab wann sie ihr Kind bringen können. Tipps vom Arzt.

Notbetreuung, Gruppen- oder gar Kita-Schließungen: Die Krankheitswelle rollt wieder auf die Kitas in Nordrhein-Westfalen zu – und könnte die ohnehin schon angespannte Situation in viele Einrichtungen verschärfen. Was Eltern tun können, um die Infektionsketten zu stoppen, erklärt Michael Achenbach, Kinderarzt und Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Westfalen-Lippe im Gespräch mit Laura Lindemann.

Wann sollte das Kind zu Hause bleiben?

Michael Achenbach: Man muss wissen, dass Kinder zwischen null und vier Jahren am häufigsten von Infektionen betroffen sind. So sind Kleinkinder im ersten Kitajahr durchschnittlich bis zu 17 Mal krank – in der Regel durch Atemwegsinfektionen. Ein Kind mit Fieber gehört nicht in die Kita, auch dann nicht, wenn es zuvor Fiebersaft bekommen hat. Bei einem Schnupfen hingegen gilt es, die Situation abzuwägen. Eine laufende Nase ist nicht unbedingt ein Grund, das Kind zu Hause zu behalten. Wenn die Augen sehr stark entzündet sind, dann aber unter Umständen schon. Meine Faustregel lautet hier: Erst fit, dann Kita.

Michael Achenbach, Kinderarzt
„Mein Appell an die Eltern: Jeder positive Corona-Test sollte der Kita mitgeteilt werden, damit diese es wiederum ans Gesundheitsamt melden kann“, sagt Michael Achenbach, Kinderarzt und Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Westfalen-Lippe. © Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. | Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V.

Kitas in NRW melden derzeit vermehrt Corona-Fälle. Welche Regel gilt hier?

Das Robert Koch-Institut formuliert es so: Für Personen mit Atemwegsinfekten, die auch durch Coronaviren verursacht sein können, gilt allgemein für drei bis fünf Tage und bis zur deutlichen Besserung der Symptomatik zu Hause zu bleiben. Sobald das Kind dann keine Symptome mehr zeigt, könnte man es also wieder in die Kita bringen. Aber die Kitas haben ja auch ein Hausrecht und dürfen entsprechend eigene Regeln festlegen.

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Sollte ein symptomfreies, aber positiv getestetes Kind dann lieber zu Hause bleiben?

Das ist die sinnvolle Konsequenz, um die Infektionsketten zu durchbrechen – und damit auch dem Kitanotstand entgegenzuwirken. Denn wenn ich ein ansteckendes Kind in die Kita bringe, brauche ich mich nicht wundern, wenn danach die Erzieherinnen krank sind. Oder noch schlimmer: In der Einrichtung können immer Kinder und Erzieherinnen und Erzieher sein, die ernsthaft gefährdet sind, wenn sie sich anstecken.

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Leider stehen viele Eltern unter dem Druck, ihr Kind trotzdem in die Kita zu schicken, weil sie arbeiten müssen. Das ist ein gesellschaftliches Problem. Dabei wird der Arbeitsausfall viel geringer, wenn eine Infektion vernünftig auskuriert wird. Mein Appell an die Eltern: Jeder positive Test sollte der Kita mitgeteilt werden, damit diese es wiederum ans Gesundheitsamt melden kann.

Wie lassen sich Infektionen in den Kitas vorbeugen?

Der Empfehlungs-Katalog, den es für die Schulen gibt, lässt sich leicht auf die Kitas übertragen. Da geht es etwa ums Maske-Tragen, regelmäßiges Lüften, die Integration von Luftfiltern und die Reduktion der Schülerzahl. Gerade das Lüften halte ich in Kitas für sehr sinnvoll. Denn es ist ganz einfach so: Wenn man die Keimkonzentration in der Luft reduziert, reduziert man auch die Ansteckungsgefahr.

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