Hohenlimburg. In Hohenlimburg spricht man von einer „Bankrotterklärung“. Der Lenneradweg wird erst 2026 gebaut und seit 2021 wartet man auf ein Klo-Schild.
Es war die Neujahrsausgabe unserer Zeitung, die im Lokalteil titelte: „Beschlusssache Hagen – Was in Hagen aus politischen Beschlüssen wird“. Das Ergebnis war alarmierend. Eine Vielzahl von politischen Beschlüssen versandet, wird nicht umgesetzt. In Hohenlimburg präsentierten wir eine „Liste des Stillstands“. Allein die Bürger für Hohenlimburg zeigten aus den vergangenen fünf Jahren 23 Beschlüsse an, die nicht weiterverfolgt wurden. Während die WESTFALENPOST das Thema auf Wiedervorlage legte, dreht es sich zum Nachteil vieler Hohenlimburger nur vier Monate später so brutal schnell weiter, dass Bezirksbürgermeister Jochen Eisermann (CDU) in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung von einer „Bankrotterklärung“ sprach.
Das Radweg-Desaster
Die Liste weiterer, noch nicht benannter Beschlüsse, die absolut auf Eis liegen, wird immer länger. Darunter sind prominente Themen wie der Lenneradweg. Zu dem musste die Verwaltung zum Erschrecken aller Bezirksvertreter erklären, dass mit dem Bau überhaupt erst 2026 begonnen werden könne. Seit sicher zehn Jahren wurde er diskutiert, 2021 endlich eine Vorzugsvariante beschlossen. „Die im März 2022 durchgeführte Ausschreibung wurde jedoch aufgrund des Volumens des Auftrags, der Komplexität der Abschnitte zwei und drei sowie der vorhandenen Kapazitäten der Büros zurückgewiesen, sodass kein Angebot eingereicht wurde“, hieß es bereits in der Verwaltungsvorlage. Die Abschnitte von der Langenkampstraße bis zur Stadtgrenze würden noch sehr undurchsichtige Bereiche beinhalten.
„Zeitintensive Planungen erforderlich“
Und weiter: „Herausforderungen stellen im zweiten Abschnitt neben den beengten Verhältnissen auf dem Grundstück der Firma Bilstein auch der Übergang von der Oeger Straße in die Feldstraße dar. Zudem sind für die angedachte Brücke über die Lenne, welche die Langenkampstraße an das Grundstück der Firma Bilstein anschließen soll, umfangreiche und zeitintensive Planungen erforderlich.“
Zwei Jahre nach Beschluss der Vorzugsvariante blieb den Bezirksvertretern nach der ernüchternden Perspektive der Verwaltung (2026) nicht mehr, als die „Vergabe der Planungsleistung des Lenneradweges (erster Abschnitt) in Höhe von bis zu 40.000 Euro“ zu beschließen. Das Planen, Vergeben und Bauen in Abschnitten soll laut Verwaltung nun der richtige Weg sein. Während Bezirksbürgermeister Eisermann angesichts dieser Neuigkeiten besagte „Bankrotterklärung“ bemühte, schlossen sich alle Parteien an. Kopfschütteln, Ungläubigkeit, Frustration.
Zwei Jahre kein Klo-Schild
Auf der Tagesordnung der Bezirksvertretung hatten zahlreiche Punkte gestanden, die sich allein mit dem „Nachfragen“ beschäftigten. Was wurde aus zahlreichen Projekten? Meistens nicht viel (unsere Zeitung berichtet in den kommenden Ausgaben noch). Den letzten Rest für diesen ernüchternden Bezirksvertretungsnachmittag bekamen die gewählten Vertreter dann quasi bei dem Punkt, der sich um die „Ausschilderung der Toiletten im Rathaus Hohenlimburg“ drehte. Seit der Schließung der WC-Anlage im Pavillon an der Prein-/Freiheitstraße kritisieren bekanntlich zahlreiche Hohenlimburger fehlende öffentliche Toiletten in der Innenstadt.
Da die Toiletten im Hohenlimburger Rathaus der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, viele das aber aber nicht wissen, beschloss die Bezirksvertretung Hohenlimburg am 29. April 2021 einstimmig, dass im Außenbereich des Hohenlimburger Rathauses mit Schildern auf die Toiletten im Gebäude hingewiesen werden soll. Zwei Jahre später nun die Verwaltungsantwort: „Die Beauftragung zur Fertigung eines Schildes läuft.“ Zwei Jahre später. Ironischerweise befindet sich neben dem Hohenlimburger Rathaus ein Schilder-Geschäft.
Hoffen auf „Allris 4“
In Hagen gibt es (noch) kein transparentes Beschlussverfolgungssystem gibt. In welchem Status sich Beschlüsse befinden, bleibt nicht nur für die Öffentlichkeit im Verborgenen, sondern auch für die Politik. Auf eine Anfrage der Stadtredaktion an die Bezirksverwaltungsstellen zu Jahresbeginn reagierten alle fünf Bezirksbürgermeister in Hagen gemeinsam: „Sollten einzelne Beschlüsse zeitnah nicht umgesetzt werden, erhalten die Geschäftsstellen Nachricht mit Begründungen aus der Fachverwaltung oder es wird der Sachstand direkt im entsprechenden Fachbereich durch die Geschäftsstellen nachgefragt“, heißt es da.
Die Hoffnungen der Allianz-Fraktionen, aber auch der SPD ruhen auf einer neuen Version des Gremiensitzungsprogramms „Allris“. Ab Sommer 2024 soll es in Hagen zum Einsatz kommen. Das Programm, so die Partner der Allianz, sehe schon „ab Werk“ eine strukturierte Beschlussverfolgung vor.
Oberbürgermeister Erik O. Schulz sagt, angesprochen auf die schleppende Umsetzung von Beschlüssen, dass die Verwaltung in bestimmten Bereichen an Kapazitätsgrenzen angelangt sei und Themen vor diesem Hintergrund auch priorisiert und nacheinander abgearbeitet werden müssten.