Brün/Siegen. Hat eine 65-Jährige in Wenden auf ihren schlafenden Ehemann eingestochen? Am zweiten Prozesstag begegnen sich beide zum ersten Mal wieder.

Dreimal soll eine 65-Jährige am 17. Februar dieses Jahres in Brün mit einem Küchenmesser auf ihren schlafenden Ehemann eingestochen haben. Seitdem sitzt die Frau in der JVA Köln in Untersuchungshaft. Besucht hat sie der 68-Jährige dort nicht. Es gab nach der Tat keinerlei Kontakt. Am zweiten Verhandlungstag im Prozess wegen versuchten Mordes sah sich das seit einem Jahr verheiratete Paar am Freitag erstmals wieder, als der Mann als Zeuge vor dem Schwurgericht aussagte.

Die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach belehrte ihn: „Sie haben ein Aussageverweigerungsrecht. Sie sind der Ehemann.“ Der aufgebrachte 68-Jährige erwiderte wie aus der Pistole geschossen: „Gewesen. Ich will jetzt Schluss machen.“ Die Angeklagte wirkte bei seinen Worten gefasst, sie zeigte keinerlei Emotionen. Nach Informationen unserer Redaktion kann auch sie sich eine Zukunft mit ihrem Mann nicht mehr vorstellen.

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Der 68-Jährige sei ihre Jugendliebe gewesen, sagte die Angeklagte. Dann habe man sich aus den Augen verloren. Erst 50 Jahre später sei man sich 2019 bei Facebook wieder begegnet. Er sei immer von seiner Wohnung in Brün zu ihr nach Soest gefahren. Relativ schnell habe man sich dann entschlossen zu heiraten. „Bei uns war immer alles gut. Es gab keinen Streit“, versicherte die Frau, die zu den Tatvorwürfen immer wieder betonte: „Ich kann mich nicht erinnern.“

2,23 Promille Alkohol im Blut

Ihr Mann sei an dem 17. Februar zum Angeln gefahren. Sie habe Kopfschmerzen gehabt: „Ich hatte Druck im Kopf. Er sagte, ich solle Cognac trinken. Dann haben wir Karten gespielt.“ Zum letzten Mal habe sie um 21.20 Uhr auf die Uhr geschaut: „Danach ist alles schwarz. Ich habe schon alles probiert, aber bis heute kann ich mich nicht erinnern.“ Erst in der Zelle bei der Polizei in Olpe sei sie wieder zu sich gekommen: „Ich verstand nicht, wo ich bin. Die Polizisten sagten, dass ich meinen Mann mit einem Messer gestochen habe. Ich glaube nicht, dass ich das gemacht habe. Ich bin immer noch schockiert.“

Auch zur Frage von Richterin Dreisbach, woher denn damals ihr blaues Auge gestammt habe, sagte die 65-Jährige, die 2,23 Promille Alkohol im Blut hatte: „Das weiß ich nicht.“ Zur Nachfrage, ob ihr Mann sie schon mal geschlagen hätte, antwortete sie: „Nein.“

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Auch der Mann sprach von einer guten Beziehung: „Es gab keinen Streit. Für mich war alles in Ordnung. Ich verstehe das nicht. Sie hat mir dreimal am Tag gesagt, dass sie mich liebt.“ Geschlagen habe er seine Frau nie. An dem Abend sei er alleine schlafen gegangen: „Ich wurde wach, weil ich auf einmal so starke Schmerzen wie noch nie im Leben hatte. Ich bin aus dem Bett gesprungen wie ein Hase. Das Blut spritzte heraus wie eine Fontäne. Ich habe gedacht, ich verblute. Das so aus wie in einer Schlachterei.“ Der 68-Jährige schaffte es aber noch, den Notruf zu wählen.

„Sie sagte immer nur, dass sie nicht weiß, was passiert ist. Sie war alkoholisiert, völlig abwesend und stand neben sich. Wir haben nach häuslicher Gewalt in der Vergangenheit gefragt. Sie sagte: Ja“, so eine Polizistin, die am 17. Februar zur Wohnung nach Brün gefahren war. Eine Kollegin berichtete: „Zur Sache hat sie nichts gesagt. Sie sagte nur, dass sie ihren Mann seit 50 Jahren liebe, er sich aber verändert hätte, weil er Alkohol trinke.“ Und: „Zur Verletzung am Auge hat sie eine Handbewegung gemacht und gesagt, ihr Mann habe immer recht.“ Der Prozess wird am 24. August fortgesetzt.