Hohenlimburg. Hohenlimburgs Bezirksbürgermeister Eisermann will die Innenstadt des Bezirks enger an die Lenne binden – und das Rathausgebäude einbeziehen
Jochen Eisermann hält kurz inne. Er blickt auf das Hohenlimburger Rathaus. Die Sonne scheint. Das Glockenspiel im Turm hat gerade geläutet. „Schreiben Sie bloß nicht, dass ich finde, dass das Hohenlimburger Rathaus abgerissen werden sollte“, sagt der hiesige Bezirksbürgermeister und hält die Hände über den Kopf, als wenn er sich vor einem Gewitter schützen wollte. Das hat er so auch nicht gesagt. Was er aber meint, ist, dass man bereit sein muss, neu zu denken, zu hinterfragen und wenigstens im Kopf umzuplanen, wenn man das Wirklichkeit werden lassen will, was er bereits in unserer Serie „Bei uns um’s Eck“ rund um Ostern angekündigt hatte: Eine Öffnung der Lenne zur Hohenlimburger Altstadt hin. Wie steht es um die im Frühjahr geäußerte Vision?
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Dass nicht gleich in diesem Jahr die Bagger anrollen, das war erwartbar. Dass Eisermann noch dazu seine Gesundheit an die oberste Stelle seiner Prioritätenliste stellen musste, ist genauso bekannt. Und ohnehin: Wer es sich wagt, in einer Stadt, die angesichts Tausender finanzieller Zwänge kaum Bäume ausreißen kann, Visionen zu äußern – auch wenn sie für den aktuellen Moment noch so unverwirklichbar erscheinen, der darf zeitlichen Kredit für sich beanspruchen. Die regelmäßige Frage nach dieser Vision muss derjenige aber mit einplanen. Und die Stadtredaktion hatte zugesagt, in Zukunft immer wieder nach diesen Projekten zu fragen.
Umgestalten nach Vorbild Altena
Im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes – und auch darüber hinaus – will Eisermann gern das Lenneufer nach Altenaer Vorbild öffnen. Hohenlimburg ist wohl der einzige Stadtbezirk, der etwas aus seiner Flusslage macht. Die Lenne ist hier kein unerwünschtes Gewässer, wie an vielen Stellen im Hagener Zentrum die Volme diesen traurigen und verbauten Anschein erweckt, sondern ortsbild- und altstadtprägend. Die Kulisse von Lenne, Altstadt und Schlossberg firmiert als „Heidelberg-Blick“. Hohenlimburg und die Lenne sind wie Herz und Vene.
Die Parallelen zwischen Hohenlimburg und Altena sind groß. In der Mitte der Altenaer Promenade gibt es eine offene Treppenanlage, die in die flache Lenne führt. Zuvor konnten drei Jahrzehnte „Lenneufer-Highway“ in Altena nur beendet werden, weil es dort ebenfalls ein „integriertes Konzept“ gegeben hatte. Die NRW-weit am stärksten schrumpfende Kommune Altena mit ihrer monostrukturellen Arbeitsplätze-Situation hatte durch hohe Bürgerbeteiligung und einen mutig und nahezu antizyklisch agierenden Bürgermeister Andreas Hollstein mächtige Vorarbeit geleistet. Heute lässt sich sagen, dass das der Impuls für die Lenneuferpromenade und den viel gelobten Erlebnisaufzug hinauf zur Burg Altena war. Wichtige Vorarbeit, die viele Landesförderungen zur Folge hatte.
„Da will ich mit allen Bezirksvertretern hin“, sagt Eisermann, der zum Altenaer Rathaus in dieser Sache auch schon Kontakt aufgenommen hatte.
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Umsetzung stockt bislang
Dass das Hohenlimburger Interesse groß ist, hatte nach dem Start unserer Serie „Um’s Eck“ auch die örtliche Presse dort aufgegriffen. Passiert ist noch wenig. Auch coronabedingt. Die Fahrt mit den Bezirksvertretern nach Altena hat es noch nicht gegeben. Ohnehin stand in Hohenlimburg und Hagen erst noch der Beschluss über ein fertiges „Integriertes Stadtentwicklungskonzept“ auf der Abarbeitungsliste. Das ist nun geschehen. Ein Quartiersmanagement Hohenlimburg wird zeitnah seine Arbeit aufnehmen. Die Mitglieder werden, wie Jochen Eisermann selbst, nicht übersehen können, dass eine der attraktivsten Stellen zum Aufenthalt an der Lenne – das Areal entlang dem Wildwasserpark – von der Seite der Altstadt her verbaut ist. Dass Netzbetreiber Enervie beispielsweise langfristig nach einem neuen Standort für die Trafostation am Brucker Platz in der Innenstadt sucht, wäre für Eisermann Gelegenheit, hier Platz zu schaffen, die Lenne zugänglich zu machen.
Rathausgebäude in Pläne einbeziehen
In die Überlegungen einbeziehen müsse man aber auch das Rathaus und die Parkplatzfläche am Markt, die eigentlich nicht mehr als eine Pkw-Abstellfläche unter der Woche ist. Im Rahmen von Visionen, so Jochen Eisermann, müsse doch jeder Gedanke erlaubt sein. Einer könne sein, sich von Teilen des Rathauses zu verabschieden, um hier weiteren Raum zum Fluss und zur Wildwasseranlage zu schaffen. Rathaus- und Glockenturm sollten stehen bleiben, drumherum ein neues Zentrum geplant werden mit attraktiveren Nutzungsmöglichkeiten als der bisherigen Bündelung von Verwaltung und Bürgerservice.
„Das ist im Rahmen des INSEK ja mitunter auch geplant“, sagt Jochen Eisermann. Schließlich gebe es auch schon in der Öffentlichkeit bekannte Überlegungen, die Zulassungsstelle in einen Teil der Volme-Galerie zu verlagern. „Wenn alles immer so bleibt wie es ist, wird sich hier im Hohenlimburger Zentrum nichts verändern“, sagt Jochen Eisermann. Man müsse sich trauen, neu zu denken.
Flutkatastrophe ändert an Vision nichts
In einem halben Jahr wird die Redaktion wieder nachhaken und den Fortschritt bei der Idee der Lenne-Öffnung erfragen. Dass die Hochwasser-Katastrophe vom 14. Juli diese Pläne übrigens durchkreuzen könnte, verneint Jochen Eisermann. „Das ändert nichts an der Tatsache, dass eine Öffnung zur Innenstadt hin der richtige Weg ist.“ Ein Weg, auf dem er bleiben will.