Hagen. Während in Wuppertal zahlreiche Wasserstoff-Busse rollen, ist die umweltfreundliche Alternative in Hagen keine Option. Hier die Hintergründe.
Während in Städten wie Wuppertal und Bremen bereits Busse und Müllfahrzeuge mit Wasserstoff unterwegs sind, rollt in der schadstoffgeplagten Stadt Hagen noch kein Fahrzeug mit Brennstoffzelle auf den Straßen. Dabei hat die umweltschonende Technologie auch enormes Potenzial für die Industrie – glaubt zumindest die Südwestfälische Industrie- und Handelskammer.
Martin Erlmann (CDU) überlässt mittlerweile anderen die Politik. Seit der Kommunalwahl im September ist aus dem engagierten Ratsherrn ein engagierter Ex-Ratsherr geworden. Das Thema Wasserstoff bewegt den Verkehrs- und Umweltpolitiker, der unter anderem mit einer privaten Lkw-Zählung am Boeler Ring für Aufsehen sorgte weiter.
Unbegrenzte Energiequelle Wasserstoff
„Es handelt sich ja um eine Energiequelle, die quasi unbegrenzt zur Verfügung steht”, sagt Erlmann, der selbst für eine Delegation aus Hagen einen Erfahrungsaustausch mit den Wuppertaler Verkehrsbetrieben in die Wege geleitet hat. „Brennstoffzellen gibt es in vielen Größen, für sämtliche Lebensbereiche. Sie können Strom liefern und gleichzeitig Wärme produzieren. Dass wir im Verkehrsbereich in diesen Tagen fast ausschließlich auf Elektromobilität setzen, halte ich für einen Irrweg. Der Nachhaltigkeitseffekt ist lange nicht so groß.”
Wenn Lithium und Kobalt nicht in Ländern der Dritten Welt sondern im Schwarzwald oder der Lüneburger Heide abgebaut würden, so Erlmann weiter, dann gäbe es einen Aufschrei: „Aber so ist es uns egal, zu welchem Preis die Luft in unseren Städten sauberer wird.”
Ex-Ratsherr sieht Vorteile gegenüber der E-Mobilität
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Jetzt baue die Verkehrswende auf E-Mobilität auf. „Dabei ließen sich mit Wasserstoff schwere Lasten über lange Wege hinweg transportieren”, so Erlmann, „das ist das Gegenteil von dem, wofür sich E-Mobilität eignet, für die wir ein milliardenschweres Konjunkturpaket aufsetzen. Da frage ich mich, warum Kommunen wie Hagen den Einstieg offenbar scheuen, während in Wuppertal zehn Busse mit der Aufschrift 285 PS, 0 Kilo CO2 bereits seit über einem Jahr rollen.” Neun weitere seien bestellt. Die Verbräuche sogar noch niedriger als prognostiziert.
Was aber Probleme bereitet, ist der Transport. „Zum Teil kann man das vorhandene Erdgasnetz nutzen”, so Erlmann. „Alle Kommunen, die an diesem Netz liegen, versuchen, an Wasserstoff zu kommen.” Die Wuppertaler Verkehrsbetriebe hingegen produzierten in der benachbarten Müllverbrennungsanlage quasi selbst.
SIHK ist mit im Boot: Forderung nach Wasserstoff-Tankstelle
Bedingungen, um die man auch bei der SIHK zu Hagen weiß. „Als Kammer beschäftigen wir uns intensiv mit der Thematik”, so Jan Tornow, Verkehrsexperte der SIHK. „Schwerpunkt ist es, in Hagen eine Tankstelle zu bekommen. Auch vier Hagener Spediteure haben Interesse bekundet, so denn Wasserstoff vor Ort zu Verfügung stünde.”
Dahinter steckt für Tornow das Henne-Ei-Prinzip. „Tankstellenbetreiber argumentieren, dass es Fahrzeuge braucht, Spediteure hingegen warten auf eine Tankmöglichkeit. Tankstellen aber entwickeln sich gerade nur entlang der Autobahnen.” In Wuppertal, Kamen und Siegen seien die nächsten. Zum Teil allerdings seien die Umsätze noch nicht wie gewünscht.
Wasserstoff-Fahrzeuge sind noch seht teuer
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Auf der anderen Seite seien – und das halte auch Kommunen ab – die Fahrzeuge eben noch sehr teuer. „Ohne hohe Förderbeträge geht da nichts”, so Tornow. Die Hagener Straßenbahn und den Hagener Entsorgungsbetrieb habe man kontaktiert.
Allerdings bislang ohne vorzeigbares Ergebnis: Bei der Straßenbahn setzt man zunächst auf E-Mobilität. Entsprechende Konzepte sind fertig. Was fehlt ist eine Genehmigung der Stadt für den Umbau der Fahrzeughalle und des Geländes Am Pfannenofen.
Straßenbahn setzt zunächst auf Elektrobusse
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„Aus unserer Sicht macht es keinen Sinn, dass wir uns zeitgleich mit der Einführung von zwei Technologien beschäftigen”, so Straßenbahn-Vorstand Christoph Köther, „dafür haben wir einfach nicht die Kapazitäten.”Allerdings prüfe man durchaus, ob auch Wasserstoff in Zukunft eine Alternative sein könne – arbeite an einer gemeinsamen Machbarkeitsstudie mit dem Energieversorger Enervie.
Fest aber steht für Köther schon jetzt: Die Einführung einer Wasserstoff-Flotte am jetzigen Standort sei weder wirtschaftlich noch aus Gründen der Sicherheit (Abstand zur Wohnbebauung) vorstellbar. Ein direkter Zugang zum Wasserstoff sei nicht vorhanden. Eine Anlieferung per Lkw hingegen sei bei den benötigten Mengen nicht darstellbar. „Da sprechen wir von 750 Tanklastzügen pro Jahr.”
Auch Kosten pro Kilometer wesentlich höher
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Hinzu kämen die hohen Kosten für Anschaffung der Fahrzeuge (auch bei einer Förderung) sowie für den Wasserstoff selbst. „Bei einem E-Bus reden wir über 32 Euro auf 100 Kilometern, bei einem H-Bus von 85 Euro, wenn man den Wasserstoff nicht selbst herstellen kann.”
Ähnlich argumentiert auch der Hagener Entsorgungsbetrieb. Das steckt hinter dem Satz von Unternehmenssprecherin Jaqueline Jagusch, dass es derzeit keine Fahrzeuge beim HEB gebe und die Anschaffung auch nicht geplant sei.