Lennestadt. Die Bewegung “Fridays for Future“ in Lennestadt sieht sich durch das jüngste Klimaschutz-Urteil bestätigt. Warum, erklärt Judith Schäfers.

Auch interessant

Auch interessant

In keiner Stadt und Gemeinde im Kreis Olpe ist die Fridays-for-Future-Bewegung (FFF) so aktiv wie in Lennestadt. Judith Schäfers (18) ist Mitglied des FFF-Organisationsteams. Sie erklärt, warum die Aktion aus ihrer Sicht so wichtig ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Klimapolitik der Bundesregierung für viel zu passiv getadelt. Fühlen Sie und die FFF-Bewegung sich dadurch bestätigt?
Judith Schäfers: Ja, das Urteil bestärkt uns darin, dass es wichtig ist, auch weiter darauf zu beharren, dass Lennestadt in Sachen Klimaschutz weiter und stärker agiert.

Sie fordern, dass Lennestadt bis 2038 klimaneutral sein soll. Was heißt das, was muss sich ändern, wie sollte die Stadt in 17 Jahren aussehen
?
Der gesamte Energiebedarf muss gesenkt und vor Ort produziert werden. Wind- und Sonnenergie haben ein enormes Potenzial. Der ÖPNV in Lennestadt und Umgebung ist verbesserungsbedürftig. Die Entscheidungsgewalt darüber liegt woanders, aber die Stadt kann im Zusammenspiel mit anderen Kommunen hier sicher Einfluss nehmen. Meine ideale Stadt im Jahr 2038 hätte Mitfahrerbänke, ausgebaute Radwege, Bürgerbusverkehr und mehr Taxibusse, so dass nicht jeder ein eigenes Auto haben muss, und einen öffentlichen Personennahverkehr, am besten mit umweltfreundlichen Antrieben. Es gibt darüber hinaus noch viele kleine Verbesserungen, die einen Unterschied ausmachen.

Zum Beispiel?
Dass in Schulkantinen regionale Lebensmittel angeboten werden. Die Stadt könnte auch das Konzept der Regionalwert-AG, einer Bürger-Aktiengesellschaft, unterstützen, die in ökologische, soziale und kooperative Projekte investiert und bei der sich Bürgerinnen und Bürger einbringen können, wodurch eine nachhaltige Entwicklung in der Region gefördert wird.

Einiges hat die Stadt in den letzten Jahren bereits auf den Weg gebracht. Nicht überall gibt es zum Beispiel einen Klimamanager oder ein Klimaschutzkonzept, oder?
Ja, das stimmt und das erkennen wir auch an. In Lennestadt ist viel möglich und die Bereitschaft ist auch da. Der European Energy Award, bei dem Lennestadt sich engagiert, ist ein großartige Sache, aber es geht uns nicht weit genug. Lennestadt ist dem Projekt 2009 beigetreten, wurde aber erst 2018, neun Jahre später, mit einer Erfolgsquote von 57 Prozent zertifiziert. Ich würde behaupten, da gibt es noch Ausbaubedarf. Im Klimaschutzkonzept steht auch, dass Lennestadt bis 2050 die CO2-Emissionen um 80 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015 reduzieren will. Das Ziel sollte auch überarbeitet werden. Unser größtes Anliegen von Fridays for Future Lennestadt ist die Veröffentlichung des Controllings, das im integrierten Klimaschutzkonzepts der Stadt festgeschrieben ist. Dort wird empfohlen, es alle zwei Jahre anzufertigen. Aber entweder gibt es das nicht, oder es ist uns nicht zugängig. Wir wollen nicht gegen, sondern mit der Politik arbeiten, aber dazu müssen wir wissen, auf welchem Stand wir sind.

Wie kamen sie zur FFF, was motiviert Sie?
Die Dringlichkeit in der Klimakrise motiviert mich. Auf die Straße zu gehen und laut zu werden, ist wie ein Schritt aus der gefühlten Ohnmacht. Man kann selbst klimaneutral und nachhaltig leben, aber ohne den politischen Rahmen kommen wir nicht weiter, man kommt schnell an seine Grenzen.

Was meinen Sie, ist Klimaschutz und FFF eher ein Thema der Jugend oder hat es sich emanzipiert?
Unsere Orgagruppe ist nicht nur jugendlich, wir haben auch ein paar in Lennestadt bekannte Gesichter dabei. FFF hat weite Teile der Gesellschaft erfasst, und das ist total wichtig. Man wird auch mal belächelt, auch in der Schule, aber das ist egal. Wir wissen, dass es wichtig und richtig ist, was wir tun.

Wie organisiert sich die FFF-Gruppe Lennestadt, gibt es Spenden oder ein Budget, gibt es ein Konto?
Nein, wir haben kein Konto und wir brauchen auch nicht viel. Werbeplakate kann man von FFF-Deutschland kostenlos bestellen, ansonsten malen wir unsere Plakate selber.

Es gibt viele Projekte oder Aktionsbündnisse, die nach ein paar Jahren wieder eingeschlafen sind. Glauben Sie, dass Fridays for Future eine Zukunft hat?
Ja. Fridays for Future wird weitergehen. Ich weiß nicht, ob es die Form von Demos an jedem Freitag immer geben wird, aber das Thema, die Dringlichkeit eines besseren Klimaschutzes, ist durch die Demos in die Köpfe der Menschen eingedrungen - ob gewollt oder ungewollt. Ich bin sicher, dass es dort bleiben wird.

Steckbrief:

Judith Schäfers ist 18 Jahre alt, stammt aus Schmallenberg und hat zwei ältere Geschwister.

Sie hat gerade am Gymnasium Maria Königin in Altenhundem die Abiturprüfungen hinter sich gebracht, mit den Leistungskursfächern Mathematik und Biologie.

Ihre Hobbys sind Volleyball, Lesen und „sich einbringen“. Sie ist politisch interessiert, auch auf regionaler Ebene, und gehört dem Jugendparlament der Stadt Lennestadt an.

Nach dem Abi tritt sie ein freiwilliges ökologisch-soziales Jahr in Frankreich an.