Hagen. Mit der anhaltenden Inflation und dem Zustrom der ukrainischen Flüchtlinge wird die Schlange vor der Hagener Suppenküche immer länger.

Routiniert füllen die helfenden Hände aus dem Team der Suppenküche die Papiertüten mit Lebensmitteln. Seit die angestammten Räume am Märkischen Ring vor einem Jahr ein Opfer der Volmefluten geworden sind und die Helfer seitdem in den Räumen der Hagener Stadtkirchengemeinde an der Johanniskirche zweimal pro Woche Bedürftige versorgen, gibt es bloß noch Kaltverpflegung. „Ich hoffe, dass wir bis zum Herbst endlich zurückkehren und auch wieder warme Mahlzeiten in beheizten Räumen anbieten können“, blickt Vorstandsmitglied Theo Scholten bereits auf den September. Denn der Druck von der Straße steigt: „Bis vor sechs bis acht Wochen haben wir montags und donnerstags etwa 120 bis 140 Tüten an Bedürftige ausgegeben. Jetzt sind es doppelt so viele, darunter viele junge ukrainische Frauen mit Kindern – Tendenz weiter steigend.“ Damit sind die Grenzen des Bewältigbaren erreicht.

Das Suppenküchenteam um Vorstandsmitglied Theo Scholten muss Woche für Woche mehr Tüten mit Lebensmitteln bestücken, um die lange Schlange der Bedürftigen versorgen zu können.
Das Suppenküchenteam um Vorstandsmitglied Theo Scholten muss Woche für Woche mehr Tüten mit Lebensmitteln bestücken, um die lange Schlange der Bedürftigen versorgen zu können. © WP | Michael Kleinrensing

Kurz vor Öffnung der Lebensmittelausgabe reicht die Schlange der diszipliniert aufgereihten Interessierten im weiten Bogen über den Kirchplatz. Bereits anderthalb Stunden zuvor hatten sich dort 50 bis 60 Leute versammelt, um sich einen der vorderen Plätze zu sichern und die Gelegenheit zu einem Schwätzchen zu nutzen.

Alle Besucher werden versorgt

Dabei gibt es gar keinen Grund zur Torschlusspanik: „Hier geht keiner mit leeren Händen wieder weg“, versichert Scholten, der gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern Daniele Siebert und Jürgen Brüss sowie weiteren helfenden Händen sämtliche Tüten mit einer Konservendose, Frischkäse, Brot, Obst und Gemüse bestückt hat. Dabei spielt es für das Team keine Rolle, ob die Gäste aller Generationen tatsächlich wegen zu knapper Sozialhilfe, Hartz-IV-Bezüge oder Mini-Renten vorbeischauen: „Wir prüfen da nichts nach.“

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Mit der rasant grassierenden Inflation hat sich der harte Kern der Suppenküche-Stammgäste, zu dem auch EU-Zuwanderer zählen, die ebenso wie immer mehr Hagener in prekären Lebenssituationen in Hagen leben, noch einmal deutlich erweitert. „Vor allem Ukrainer sind hinzugekommen“, weiß Scholten, „junge Frauen mit ihren Kindern – das Durchschnittsalter unserer Besucher hat sich in den vergangenen Wochen fast halbiert.“ In der Gemeinschaft der Flüchtlinge hat es sich rasend schnell rumgesprochen, dass es hier eine wohlmeinende Gelegenheit gibt, das ohnehin schmale Budget ein wenig zu entlasten.

Annette Gutmann vom Team der Ehrenamtlichen sorgt dafür, dass die Bedürftigen auch immer frische Lebensmittel in ihrer Tüte finden.
Annette Gutmann vom Team der Ehrenamtlichen sorgt dafür, dass die Bedürftigen auch immer frische Lebensmittel in ihrer Tüte finden. © WP | Michael Kleinrensing

Breites Unterstützerfeld

Wer die Suppenküche mit Geldern unterstützen möchte, sollte das Sparkassen-Spendenkonto nutzen mit der IBAN: DE48 4505 0001 0114 0246 42.Zum Kreis der regelmäßigen Unterstützer gehören etwa 200 Sponsoren, wie beispielsweise Kirchengemeinden und Kindergärten, Hagener Unternehmen und Handwerksbetriebe, Gastro-Betriebe, Service-Clubs, Bankstiftung, aber auch viele Privatpersonen, die beispielsweise bei Geburtstagen für das Projekt sammeln.

Dabei ist der Warennachschub trotz steigender Nutzerströme kein Problem, die Spendenmenge bleibt zurzeit nahezu stabil. Notfalls kauft das Team zu. Konserven, Aufschnitt, Käse und Wurstwaren – das finanzielle Polster dafür ist vorhanden. „Unsere Unterstützer aus der Stadtgesellschaft reagieren sehr sensibel darauf, wenn sich bei uns die Situation verändert.“ Während die Warenkörbe, die ihre bereitgestellten Angebote ja für kleines Geld weiterverkaufen, auf die Einhaltung der Haltbarkeitsdaten blicken, belässt es das Suppenküchenteam bei einer Augenkontrolle der Lebensmittel: „Wir sind da flexibler“, betont Scholten.

Hoffen auf Rückkehr zum Ring

Das gesamte Suppenküchen-Team freut sich, trotz der seit Monaten gewährten Gastfreundschaft der Stadtkirchengemeinde, schon heute auf die Rückkehr in die angestammten Räume im Schatten des CVJM-Gebäudes am Märkischen Ring. Dort geben sich zwar weiterhin die Handwerker die Klinken in die Hand, denn es müssen beispielsweise noch die neue Küche eingebaut, der Fußboden auf den Estrich gegossen und die Sanitäreinrichtungen in den Bädern montiert werden.

„Wenn es zum Herbst hin wieder kälter wird, möchten wir schon sehr gerne wieder bis zu 250 warme Mahlzeiten und vor allem eine warme Stube anbieten können“, betont Scholten, „schließlich sind wir auch ein sozialer Treffpunkt für jene Menschen, die wenig ihr Eigen nennen.“