Hagen. Nach der Flut im Sommer 2021 möchte die Suppenküche im August wiedereröffnen. Allerdings fehlen noch Spenden, um die Sanierung zu finanzieren.
Bis zu einem Meter hoch durchströmte in der Nacht vom 14. zum 15. Juli die Volme die Räumlichkeiten der Suppenküche am Märkischen Ring in Hagen. Innerhalb weniger Minuten hatte sich die gastliche Stätte für Bedürftige in eine weitere trostlose Facette der verheerenden Jahrhundertflutkatastrophe 2021 verwandelt. Neben der gesamten Gebäudetechnik und Teilen der Bausubstanz des CVJM-Anbaus verwandelte sich auch das gesamte Inventar in Keller- und Erdgeschoss in einen Fall für die Müllverbrennungsanlage. „Der entstandene Gesamtschaden liegt bei etwa 380.000 Euro“, bilanziert Vorstand Theo Scholten, während er auf der blanken Bodenplatte des Erdgeschosses von der Küche in den Gastraum schreitet. Sein aktuell größtes Problem neben den zurzeit üblichen Lieferkettenproblemen: „Wir brauchen dringend Spendengelder, um sämtliche Schäden begleichen zu können.“
Dabei ist das Team der Suppenküchen durchaus gut versichert: Allerdings deckt die Elementar-Assekuranz lediglich das Inventar des Altbestandes ab. „Sie ist somit auskömmlich, aber nicht ausreichend“, blickt Scholten auf die zahlreichen überfälligen Folgeinvestitionen bei der Ausstattung, die sich aus den aktuell laufenden Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten ergeben. „Nach der erforderlichen Ertüchtigung bleiben etwa 30.000 bis 40.000 Euro offen“, befürchtet Scholten eine klaffende Finanzlücke. Für den Suppenküchen-Vorstand und ehemaligen Mediziner ist es dennoch eine Selbstverständlichkeit, dass beispielsweise die schneeweißen Wandfliesen mit ihrem Pathologie-Charme durch ein etwas wohligeres Dekors ersetzt werden. Und auch die neue Großküche für Hunderte Mahlzeiten täglich, die schon fertig beim Lieferanten steht, wird den immer breiteren Anforderungen angepasst.
Hilfen der CVJM-Elementarversicherung sind gedeckelt
Zusätzliches Kopfzerbrechen bereiten dem Suppenküchen-Team, das bereits seit der Gründung vor 25 Jahren vom Lions-Club Hagen-Harkort immer wieder finanziell getragen wird, die baulichen Instandsetzungen. Denn die aktuelle Immobilie, die sich einst aus der Hausmeisterwohnung des CVJM entwickelte, steht auf dem Grund des weltweit agierenden Jugendverbandes. Auch dieser konnte nach der Flut zwar auf eine eigene Elementarversicherung zurückgreifen, allerdings ist diese auf einen Höchstbetrag gedeckelt. Mit dem Effekt, dass die Gesamtsumme letztlich vorne und hinten nicht dafür ausreicht, sämtliche Schäden bei CVJM und Suppenküche abzudecken. „Wir erwarten am Ende allein für die baulichen Maßnahmen Rechnungen im Volumen von gut 200.000 Euro“, rechnet Architekt Ernst Weide vor. „Wir beginnen jetzt gerade mit dem Wiederaufbau“, hofft der Bauschaffende dennoch auf eine Wiedereröffnung der Einrichtung bis zum August.
Spendenkontakt und Informationen
Das Team der Suppenküche erhält als unabhängige Initiative keine finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln. Die Mitarbeitenden erledigen ihr Engagement freiwillig und unentgeltlich.Wer diese Arbeit unterstützen möchte, kann Spenden auf das folgende Konto bei der Sparkasse Hagen/Herdecke einzahlen (Spendenbescheinigung): IBAN DE48 4505 0001 0114 0246 42.Weitere Informationen zur Arbeit des Teams finden sich auch im Internet unter www.suppenkueche-hagen.de.
Dabei ist in den vergangenen Monaten neben den zähen Aufräum- und Entkernungsarbeiten schon eine Menge geschehen: Vor allem der Aufwand rund um den neuen Aufzug, der den Keller mit dem Erdgeschoss verbindet, war enorm: „Die Technik der neuen Anlage passte nicht mehr in den alten Schacht, so dass dieser komplett neugestaltet werden musste. Zudem ist der Lift so dimensioniert, dass die Waren künftig auf einem Rollwagen aus den Lager- und Kühlräumen im seinerzeit natürlich ebenfalls komplett gefluteten Keller in die Küche geschafft werden können. „Somit muss bald jede Kiste nicht mehr viermal, sondern lediglich bloß noch einmal in die Hand genommen werden“, erinnert Scholten daran, dass die Ehrenamtler des Teams im Schnitt immerhin 65 bis 70 Jahre alt und somit durchaus dankbar für praktische Erleichterungen sind.
Lions-Freunde werben um breite Unterstützung
Weitere Verbesserung: Die Lebensmittel-Anlieferung erfolgt in Zukunft über einen neu geschaffenen Extra-Eingang. Damit werden die Wege kürzer sowie zugleich der Besucher- und Warenverkehr entzerrt. Alles clevere Weiterentwicklungen, für die es bislang jedoch keine finanziellen Lösungen gibt: „Wir suchen viele Leute, die uns helfen“, macht der Hagener Architekt Erwin Sommer zusammen mit seinen Lions-Freunden Christian Veller und Heinrich Poll kein Hehl daraus, dass bei dem engagierten Service-Club nach zwei Corona-Jahren und reichlich ausgefallenen Wohltätigkeitsaktivitäten – beispielsweise das einträgliche Enten-Rennen auf der Volme – zurzeit die Euros auch nicht mehr so locker sitzen.
Dennoch treibt das Suppenküchen-Team den laufenden Wiederaufbau zielstrebig voran: Als nächste Etappen stehen Putzarbeiten an den abgeschlagenen Wänden, das Gießen des Estrichs, eine hygienische, aber zugleich auch robuste Bodenbeschichtung, Malerarbeiten sowie neue Heizkörper und Türen auf dem Programm. „Dabei sind wir natürlich auch auf das Goodwill der Hagener Fachbetriebe angewiesen“, freut sich Architekt Weise, dass die heimischen Handwerker trotz proppenvoller Auftragsbücher immer wieder ein paar Arbeitsstunden für die Suppenküche abzwacken.
Nachfrage von Bedürftigen steigt in diesen Tagen rasant an
Denn die Nachfrage nach einer Gratis-Mahlzeit steigt zurzeit rasant. „Allein in den vergangenen drei Wochen ist die Zahl der Tüten, die wir an Bedürftige abgeben von 120 auf 200 Tüten pro Ausgabetag gestiegen“, zieht Scholten eine aktuelle Bilanz. Denn seit der Flutkatastrophe ist das Suppenküchen-Team Interimsgast in der Cafeteria der Johannis-Stadtkirchengemeinde am Markt. Dort können montags und donnerstags von 11 bis 12.30 Uhr lediglich Kaltverpflegungen ausgegeben werden – ergänzt durch Pizza- und Nudelportionen aus einen Hasper Restaurant. Angesichts der inflationären Preissteigerungen, so erwartet das Team, werde die Nachfrage in den nächsten Wochen weiter steigen: Arme, Wohnungslose, ukrainische Flüchtlinge, EU-Zuwanderer. In einer Stadt, in der 17 Prozent der Bevölkerung, also gut 30.000 Menschen, entlang der Armutsgrenze leben, hinterfragt in der Suppenküche ohnehin niemand deren Bedürftigkeit.