Lennestadt. Die Stadt Lennestadt klagt gegen das Land NRW und fordert 455.000 Euro. Urteil am Oberverwaltungsgericht Münster wird in diesem Jahr erwartet.
Es ist das Jahr 2015. Zahlreiche Schutzsuchende zieht es nach Europa. Vor allem nach Deutschland. Darunter Menschen aus Afghanistan, dem Irak, Eritrea – der Bürgerkrieg in Syrien vertreibt Menschen aus ihrer Heimat. Flüchtlingskrise. Das Land, die Bundesländer, die Städte und Gemeinden stehen vor einer großen Herausforderung. Immerhin brauchen die Asylsuchenden ein Dach über dem Kopf. Es ist die Zeit, in der das „Wir schaffen das“ der Kanzlerin berühmt wird. Die Menschen müssen verteilt werden, Zuweisungen erfolgen. Doch ist damals rechtlich alles sauber gelaufen? „Nein“, heißt es seitens der Stadt Lennestadt, die schon vor Jahren Klage erhoben hat. Nun soll es ein Urteil im Berufungsverfahren geben – und zwar noch in diesem Jahr.
Schon seit Jahren
Grundlage bildet das Flüchtlingsaufnahmegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen. Dort wird in der jeweils gültigen Version geregelt, wo die Schutzsuchenden ankommen bzw. zugewiesen werden können. Einige Personen seien zu Unrecht der Stadt Lennestadt zugewiesen worden – diese Auffassung ist der Ursprung der Klage. Thomas Meier ist der Leiter des Fachbereiches Familie, Soziales und Integration der Stadt Lennestadt. Er begleitet das Verfahren schon seit Jahren. „In dem Flüchtlingsaufnahmegesetz ist relativ klar bezeichnet, wer auf die Kommunen zugewiesen werden soll“, sagt Thomas Meier. „Wir sind der Ansicht, dass für diesen Personenkreis, der da genannt wird, die Voraussetzung gilt, dass Asyl nachgesucht worden sein muss, bevor das Land oder die Bezirksregierung überhaupt die Berechtigung hat, diese Personen an die Kommunen weiterzuleiten.“
Da es damals eine „extrem chaotische Situation“ war, seien tatsächliche schriftliche Asylgesuche in vielen Fällen – so die Sicht der Stadt Lennestadt – nicht erfolgt. „Da war es so, dass viele Menschen nur eine Fiktionsbescheinigung erhalten haben“, sagt der Fachbereichsleiter. „Und diese Menschen wurden den Kommunen sehr schnell zugewiesen. Und unserer Ansicht nach waren die Voraussetzungen aus rechtlicher Sicht zu dem Zeitpunkt noch nicht da.“
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Es gehe nicht darum, dass damals ein Verständnis für die Notsituation gefehlt habe. Oder, dass man die Menschen nicht hätte aufnehmen wollen. Das stehe außer Frage. In dem Verfahren gehe es ausschließlich um die rechtliche Materie – und die Unterfinanzierung der Kommunen. „Unsere Ansicht ist, dass das Land den Kommunen, die zu dem Zeitpunkt rechtlich eigentlich noch nicht verpflichtet waren, diese Menschen aufzunehmen, entsprechende Kosten erstatten muss“, so Thomas Meier.
Nicht kostendeckend
Und genau darum geht es. Gefordert wird eine Summe von 455.000 Euro – die eben notwendig war, die betreffenden Personen aufzunehmen und zu versorgen. Natürlich sind die Gelder, die die Stadt Lennestadt damals bekommen hat, bereits berücksichtigt. „Es ist ja kein Geheimnis, dass der Flüchtlings-Bereich seit Jahren extrem unterfinanziert ist, was das Geld durch das Land an die Kommunen angeht“, sagt Thomas Meier. „Dementsprechend war das nicht mal ansatzweise kostendeckend, was wir bekommen haben.“
Ein laufendes Verfahren
Eine Rechtslage, die nicht nur die Stadt Lennestadt betreffe, führt Thomas Meier aus. Das sei eine flächendeckende Situation gewesen. Geklagt hat – neben der Stadt Xanten – aber nur noch die Stadt Lennestadt. Und zwar zunächst vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. Dort wurde die Klage allerdings 2019 durch die 1. Kammer abgewiesen. Mit der Begründung: Die Kommunen seien einer ihnen obliegenden Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung nachgekommen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Auffassung der Städte zutreffe, die Ausländer seien ihnen zu Unrecht zugewiesen worden. Denn die beiden Städte hätten keine einzige Zuweisungsentscheidung mit Rechtsbehelfen angegriffen.
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Seit Oktober 2019 läuft nun das Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Ein Laufendes Verfahren – zu dem die Stadt Lennestadt zurzeit dementsprechend keine Auskunft erteilen kann. Wann der Termin zur Urteilsverkündung ist, steht noch nicht fest. Angesetzt ist er aber für das zweite oder dritte Quartal in diesem Jahr.