Finnentrop. Iyad Alhadweh flüchtet 2017 aus Syrien. Heute arbeitet er als Lehrer an der Gesamtschule Finnentrop. „Damit ist ein Traum in Erfüllung gegangen.“
Mit der Flucht in ein anderes Land geben die Betroffenen nicht nur ihre Heimat und Habseligkeiten auf, sondern oftmals auch den gelernten Beruf. Das Pilotprogramm Internationale Lehrkräfte fördern, kurz ILF, des Regierungsbezirks Arnsberg gibt nun geflüchteten Menschen aus dem Bildungsbereich die Möglichkeit, hier in Deutschland ihre gelernten Job wieder auszuüben. Einer von diesen Lehrkräften ist Iyad Alhadweh. Der 47-Jährige kam 2017 aus seiner Heimat Syrien nach Deutschland, genauer gesagt nach Siegen. Jetzt arbeitet er als Englischlehrer an der Gesamtschule Finnentrop.
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Es ist eine Win-Win-Situation für Schulen und Geflüchtete der Region. Zum einen erhalten die qualifizierten Menschen mit Flüchtlingshintergrund eine Chance zur Integration. Zum anderen werden für Schulen dringend gesuchte Fachkräfte gewonnen. Vor allem in den gefragten MINT-Fächern, Mathematik, Physik, Chemie, Biologie oder in Fremdsprachen werden die Lehrkräfte eingesetzt. Das Programm läuft dabei in mehreren Schritten ab. „Erster Schritt war ein fünfwöchiges Blockpraktikum und mehrmonatiger praktischer Teil an einer Schule“, erzählt Iyad Alhadweh. Diesen ersten Teil absolvierte er an der Olper Sekundarschule im vergangenen Jahr. Dabei lernte er vor allem das deutsche Schulsystem und den Schulalltag näher kennen. „Die verschiedenen Schulformen hier in Deutschland gibt es in Syrien nicht. Dort gibt es nur verschiedene Stufen, je nach Alter“, erklärt er. Außerdem habe jeder Schüler die Möglichkeit den höchsten Abschluss, das Abitur, zu machen. Pflicht sei die Schule in Syrien bis zum Abschluss der 9. Klasse. Dieser Abschluss sei vergleichbar mit dem deutschen Hauptschulabschluss.
Unterschiede zur Schule in Syrien
„In meiner Heimat gibt es auch mehr Frontalunterricht. Technische Ausstattungen wie Computer gibt es dort fast kaum“, erzählt Iyad Alhadweh weiter. Und auch Schuluniformen seien in Syrien Pflicht. 14 Jahre lang war er dort, in seiner Heimatstadt Suweida, im Süden des Landes, als Englischlehrer tätig. Lehrer dort unterrichten meist nur ein Fach, so wie Alhadweh. Nach vier Jahren Studium der Englischen Literatur hatte er seinen Bachelor in der Tasche. Um als Lehrer arbeiten zu können, musste er noch ein weiteres Jahr ein Diplom in Pädagogik machen. Seit Anfang Februar steckt Iyad Alhadweh nun in der Eingliederung in die Schule als neue Lehrkraft, der zweite Teil des ILF-Programms. Zwei Jahre wird er nun an der Gesamtschule Finnentrop in Teilzeit unterrichten. Die ersten beiden Monate wird er dabei begleitet von seinem Mentor Alexander Lohmann. „Ich unterrichte gerade Schüler aus der 6. Klasse, die Deutsch auch als Zweitsprache haben“, sagt der 47-Jährige.
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Montags, dienstags und freitags unterrichtet Iyad Alhadweh. Mittwochs und donnerstags muss er selbst noch einmal die Schulbank drücken. Denn zusätzlich nehmen die ILF-Lehrkräfte an einer Fortbildungen zur Methodik und Didaktik und dem Kurs „Deutsch als berufliche Sprache für Lehrkräfte“ teil. Moderator des Programms und Sprachbildungsbeauftragter Christoph Gunter, der ebenfalls Lehrer an der Gesamtschule Finnentrop ist, unterrichtet diese Kurse: „Dabei lernen wir die sprachlichen Besonderheiten im Lehreralltag oder die Schulorganisation kennen.“ Ziel der zwei Jahre ist es, die Lehrkräfte mit Flüchtlingshintergrund in die Schule zu integrieren und beispielsweise als Vertretungslehrer oder fester Fachlehrer einzusetzen. Darauf hofft auch Iyad Alhadweh: „Für mich geht damit ein Traum in Erfüllung – meinen Beruf weiter auszuüben, mich zu verwirklichen. Das ist eine gute Chance für mich, hier Erfahrungen zu sammeln.“
Lehrer zu sein war schon immer ein Wunsch
Der Job als Lehrer war bereits in seiner Heimat sein Wunschberuf. „Ich mag es zu unterrichten und das Gefühl, etwas weiterzugeben. Meinen Töchtern helfe ich auch immer bei den Hausaufgaben“, erzählt Iyad Alhadweh. Deutsch gelernt hat er bereits zuvor und spricht die neue Sprache sehr gut. Doch noch immer kommt es zu kleinen Problemen im Schulalltag. „Ich unterrichte auf Englisch. Zwischendurch kommen jedoch Fragen auf Deutsch. Dann kann es vorkommen, dass ich beide Sprachen vermische“, sagt er. Von den Schülern und Schülerinnen als auch von dem Kollegium sei er aber sehr gut und mit viel Respekt aufgenommen worden. „Das Miteinadern ist gut, alle sind sehr hilfsbereit“, meint er und weiter: „Für die Schüler ist es egal, ob Deutscher oder Ausländer. Wichtig sind die fachlichen Kenntnisse und die Personalität.“
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Nach dem Programm gibt es einen Abschlussbericht der Schulleitung und je nachdem können die internationalen Lehrkräfte direkt fest eingestellt werden oder noch die Pädagogische Einführung absolvieren und sich damit zum Lehramt befähigen. „Das Programm ist optimal für Lehrer aus dem Ausland, um hier integriert zu werden“, sagt Christoph Gunter. Dieser Herausforderung möchte sich Iyad Alhadweh stellen. Sein Ziel ist es, in der neuen Heimat wieder voll als Englischlehrer zu unterrichten. Denn das ist sein Traumjob.