Hagen. Hagen hat nach einem geplanten Anschlag auf eine Synagoge ein Zeichen der Solidarität gesetzt. Hunderte Menschen kommen zu einer Kundgebung.
Eine Stadt steht an der Seite der Jüdischen Gemeinde. Ein deutlicheres Zeichen hätten die Hagener (Bürger, Politiker, Stadtspitze, Mitarbeiter der Verwaltung) vor der Synagoge in Hagen kaum setzen können. Hier, wo am Mittwoch vor dem Hintergrund eines geplanten Anschlags sich eine Hundertschaft der Polizei zum Schutz des Gotteshauses aufgestellt hatte, versammelten sich am Donnerstag mehrere hundert Hagener.
Es sollten stille Momente des Gedenkens werden. Wenige Worte gab es doch: „Umhüllt von Frieden hoffen wir, dass wir wieder andere Zeiten erleben dürfen“, sagte Hagay Feldheim, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde, bevor er – am Klavier begleitet von Kantorin Rimma Gotlib – „Shalom Alechem“ (das Lied über Schutzengel) anstimmte.
Dank an die Polizei für den Schutz der Synagoge
An die Schutzengel, die die Synagoge geschützt hatten, die den mutmaßlichen Täter ermittelten und bereits am nächsten Tag festnahmen, wendete sich Feldheim ausdrücklich: „Für sehr viele Polizisten ist die Nacht zum Tag geworden“, so Feldheim, „sie haben Urlaube verschoben, auf Freizeit verzichtet. Dafür möchten wir uns bedanken.“
Nicht ohne Wirkung ist aber auch all das geblieben, was die kleine Gemeinde an den Tagen nach dem Anschlag erreicht hat. „Es sind so viele Menschen, die uns ihr Mitgefühl, ihre Sprachlosigkeit, ihr Entsetzen übermittelt haben“, erklärte Feldheim weiter und machte kein Geheimnis daraus, wie sehr diese Botschaften die Gemeinde bewegt haben.
Viele Hagener folgen dem Aufruf der Stadt
Aufgerufen zu der Solidaritätskundgebung auf der Potthofstraße direkt vor der Synagoge hatte die Stadt Hagen durch Oberbürgermeister Erik O. Schulz – in enger Absprache und unter Berücksichtigung der Wünsche der Gemeinde. „Es ist ein schönes Bild, so viele Menschen hier zu sehen“, so Schulz, der auf die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zurückblickte, in der er sich selbst vor Ort ein Bild von der Lage gemacht hatte. „Wir senden heute zwei Botschaften. Die erste lautet: In dieser Stadt ist kein Platz für Antisemitismus. Und die zweite: Auch in Zeiten, in denen die jüdische Gemeinde eine solche Bedrohung erleben muss, ist sie nicht allein.“ Es mache ihn stolz, dass so viele Hagener ein Zeichen setzen.
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Ein Zeichen an einem Ort, an dem die Bedrohung durch einen Anschlag vor fast einer Woche wie aus dem Nichts ganz konkret geworden war. Ausländische Geheimdienste hatten in einem Internetchat verfolgt, dass ein 16-jähriger Syrer, der mit seiner Familie seit vielen Jahren in Hagen lebt, Kontakt zu einem Experten für Bomben- und Sprengstoffanschläge aufgenommen hatte. Aus dem Chat hatten sie gefolgert, dass der Jugendliche am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kipppur zuschlagen wollte.
Mutmaßlicher Täter sitzt in Haft
Die Polizei sperrte den Bereich um die Synagoge weiträumig ab. Bereits am nächsten Tag wurde der mutmaßliche Täter vor seiner Schule in Hagen festgenommen. Bei der Vernehmung bestritt er das Vorhaben. Ein Untersuchungsrichter allerdings schätzte die Beweislage anders ein. Er ordnete Haft an.