Hagen. Die Pandemie-Auswirkungen machen sich bemerkbar: 199 Bewerber haben noch keine Stelle. Ein später Start ist aber noch möglich. Die Hintergründe.

Zum ersten Mal ist nun ein komplettes Ausbildungsjahr von der Pandemie geprägt – mit deutlichen Auswirkungen: 219 Ausbildungsstellen allein in Hagen sind unbesetzt (Vorjahr: 96), im gesamten Agenturbezirk sind es rund 400. „Hinzu kommen 199 unversorgte Bewerber in der Volmestadt (+9,5 Prozent)“, sagt Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit. „Die Probleme waren ja bereits aus dem Vorjahr bekannt, nur diesmal beeinflussten sie das gesamte Ausbildungsjahr.“

Berufsorientierung- und Beratung konnten in den meisten Monaten nicht an den Schulen stattfinden, Ausbildungsbörsen fanden digital statt, für die meisten Schüler fielen Praktika aus. Zusätzliches Problem: die Corona-Unsicherheit. Kurzarbeit, bedrohte Existenzen, Lockdowns. „Wir haben ein deutliches Minus an gemeldeten Stellen – ein Rückgang um fast sieben Prozent“, blickt Heck auf die Zahlen. „Viele Unternehmen sahen sich der Frage gegenüber, ob sie sich überhaupt das Ausbilden leisten können.“ Besonders hart getroffen hat es die Branchen, die von Corona stark betroffen waren: Gastronomie, Hotellerie, Reisebüros, den Handel, „weniger das produzierende Gewerbe“, so Heck.

Gleichermaßen gibt es positive Nachrichten: Die Zahlen haben noch so gar nichts Endgültiges. „Es ist noch nicht zu spät für einen Ausbildungsstart – der Einstieg ist bis Februar 2022 möglich“, so Heck.

Nur wenige Übergänge nach Klasse 10

Insgesamt 1255 Ausbildungsstellen wurden in Hagen angeboten (- 6,8 Prozent). Bis Ende des Beratungsjahres nahmen 1915 Bewerber die Berufsberatung in Anspruch und suchten eine Ausbildungsstelle. Auch hier verzeichnet die Arbeitsagentur einen leichten Rückgang (-2,5 Prozent). Parallel beobachtet man, dass die Bewerber immer älter werden: Zwar machen die 20 bis 25-Jährigen nur gut 9,2 Prozent aller Bewerber aus – das ist aber immerhin ein Plus von gut 12,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

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„Viele Jugendliche streben einen noch höheren Bildungsabschluss an – entscheiden sich für das Berufskolleg, oder aber machen ein Jahr Pause“, gibt Michaela Trzecinski, Prokuristin der Agentur Mark, Einblicke. „Anhand der Übergangsdaten der Schüler nach der zehnten Klasse sehen wir ein anhaltend niedriges Interesse an betrieblicher Ausbildung. Trotz erheblicher Bemühungen aller Partner, vieler zusätzlicher Formate und Projekte verzeichnen wir in Hagen gerade mal 137 Übergänge in duale Ausbildung direkt nach der 10. Klasse der allgemeinbildenden Schulen.“

Nicht alle Stellen werden besetzt

Zwar würden die Zahl der freien Ausbildungsstellen und die Zahl der unversorgten Bewerber theoretisch fast übereinanderpassen. „Aber es ist utopisch, zu denken, dass diese Stellen alle noch besetzt werden können“, resümiert Heck. Sie appelliert: „Es sind auch die Unternehmen gefragt, sich auf Bewerber einzulassen, die vielleicht nicht zu 100 Prozent ins Profil passen oder Unterstützung brauchen“, spielt sie auch auf Jugendliche mit Migrationshintergrund in Hagen an. „Die Unternehmen müssen die Jugendlichen wieder stärker begeistern. Sie brauchen die Fachkräfte.“

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Trotz der ernüchternden Zahlen – und obwohl die Verbundpartner schon frühzeitig den Pandemie-Auswirkungen gegengesteuert haben, blickt man positiv in die Zukunft: „Wir haben versucht, alle mitzunehmen, Angebote zu digitalisieren und die Schüler nicht zu verlieren. Das ist uns in großen Teilen auch gelungen“, so Trzecinski.

Optimistisch ist man auch, weil die Ausgangssituation nun eine andere ist: Die Berater sind wieder an den Schulen. Die digitalen Möglichkeiten besser. „Wir hoffen, dass Ausbildungsmessen und Praktika wieder normal stattfinden können. Die Jugendlichen müssen in die Betriebe“, so Heck. Und: „Sie haben noch die Chance, einzusteigen. Denen, die keine Stelle finden, müssen wir ebenso Perspektiven bieten.“

>>> Hintergrund: Jugendliche können sich kostenlos bei Berufsberatung melden

Rund 18 Prozent aller Bewerber einen Hauptschulabschluss, 31,3 Prozent einen Realschulabschluss, 42,2 Prozent Fachhochschul- oder Hochschulreife. 62,1 Prozent der Bewerber waren männlich. Der größte Teil (50,1 Prozent) war unter 20 Jahre alt.

Jugendliche können sich bei der Berufsberatung kostenlos melden: 0800/4555500. Weitere Infos gibt es auch Online unter www.jba-hagen.de. Arbeitgeber können Ausbildungsstellen kostenfrei melden unter 0800/4555520.