Kreis Olpe. Viele Kunden fürchten nach Corona eine Verödung der Innenstädte im Kreis Olpe. Wie der Einzelhandel nach der Krise trotzdem durchstarten will.
Wird die Corona-Pandemie den Innenstädten und dem Einzelhandel einen langfristigen Schaden zufügen, so dass die Einkaufsmeilen veröden, während sich Amazon über einen Umsatzrekord nach dem anderen bejubeln kann? Die Furcht vieler Menschen vor genau einem solchen Szenario ist real, wie auch die Ergebnisse unseres Corona-Checks im Kreis Olpe zeigen. Was sagen die Branchen selbst?
Peter Enders (Mode Maiworm mit 14 Filialen unter anderem in Olpe und Attendorn, sowie Vorsitzender von Olpe Aktiv): „Die Einzelhändler haben schon große Sorgen, dass sich der Onlinehandel weiter ausbreitet, und dass dadurch den Innenstädten Kunden verloren gehen.“
Verstetige sich dieser Trend, sei eine Verödung von Innenstädten eine zu Recht befürchtete Konsequenz, die auch so gesehen werde. Enders weiter: „Wir gehen momentan aber davon aus, dass die Kunden, wenn sie denn wieder einkaufen können, das Einkaufserlebnis mit allen Vorzügen, also auch den sozialen Komponenten, die eine Rolle spielen, wieder annehmen.“ Die Furcht, dass mehr in Richtung Online wegbreche, sei auch abhängig von den Artikeln, die eine Branche anbiete. Bekleidung oder Schuhe seien nicht so sehr betroffen, da es hier doch auf die direkte Anprobe ankomme, auf die Kunden nach wie vor Wert legten: „Das macht den Einkauf in unserer Branche doch deutlich einfacher und erlebnisreicher.“
Auf die Frage, ob der Einzelhandel gerade in ländlichen Regionen auf eine treuere Stammkundenschaft zählen kann, sagt Enders: „Manche Kunden lassen schon durchblicken, dass sie sich freuen, demnächst wieder bei uns einkaufen und die persönliche Beratung in Anspruch nehmen zu können.“
Sorgen über Wall-Center
Dass die Sorge um den Einzelhandel in Attendorn im Corona-Check ein wenig stärker ausgeprägt zu sein scheint, schreibt Enders eher der Vergangenheit zu: „Die Attendorner Innenstadt ist in den letzten Jahren deutlich aufgewertet worden, hat aber davor einige Probleme gehabt. Das könnte da mit reinspielen.“ Jetzt profitiere die Innenstadt aber von Maßnahmen der Stadt und „von engagierten Einzelhändlern, die Gas geben.“ Negative Befürchtungen seien eher Reflexionen auf die Vergangenheit vor drei bis vier Jahren. Die Situation verbessere sich zunehmend.
Michael Frey (Traditions-Buchhandlung Attendorn): „Natürlich ist die Sorge nach einer so langen Zeit mit Corona da. Wir wissen auch noch nicht, welche Händler bleiben und welche sich vom Markt verabschieden. Es wird vermutlich nicht die große Insolvenzwelle geben, aber es werden Teilnehmer einfach vom Markt verschwinden.“
Zur Frage, warum gerade Attendorner die Angst haben, dass die eigene Innenstadt leiden könne, meinte Frey: „Attendorn ist natürlich durch das Innenstadt-Entwicklungskonzept eine große Baustelle. In Teilen der City ist deshalb die Aufenthaltsqualität nicht so gegeben. Das wird sich aber vermutlich im nächsten Jahr ändern, wenn die Baustellen durch sind. Gleichwohl spielt das Wall-Center eine Rolle. Das macht uns als Händler schon Sorgen, wenn außerhalb der Innenstadt ein Satellit entsteht, der uns weiter Frequenz in der Innenstadt wegnimmt.“
Leben gehört in die Innenstädte
Um nach Corona wieder einen gelungenen Start des Einzelhandels zu forcieren, müsse das Leben in die zentralen Innenstädte geholt werden: „Es wird in zwei oder drei Wochen, wenn die Inzidenz wieder unter 150 oder unter 100 sein sollte, nicht direkt alles wieder normal sein. Das wird lange dauern, bis wir wieder auf einem normalen Niveau sein werden.“ Aktionen des Stadtmarketings wie die Muttertagsboxen, waren erfolgreich. Solche Gemeinschaftsaktionen bringen uns nach vorne. Wir müssen alle Kanäle bespielen, dass die Leute wieder kommen.“ Mit einem Schuss Humor bewertet Frey das Online-Verkaufsthema: „Wir haben seit 20 Jahren einen Onlineshop. 20 Jahre hat das keiner gemerkt. Da muss erst ein Virus kommen, dass die Leute merken, dass ich genau das gleiche Sortiment im Netz habe wie Amazon.“ Jetzt sei man froh, dass man den Shop habe, der durch die Pandemie stärker frequentiert worden sei.
Andreas Cordes (seit 1984 Gastronom in Lennestadt und ehemaliges langjähriges Vorstandsmitglied des Aktionsringes Altenhundem): „Mit dem Thema Zukunft des Einzelhandels gehe ich nachts ins Bett und stehe morgens damit auf, da Gastronomie und Einzelhandel eng miteinander verzahnt sind. Es bringt nichts, den Onlinehandel zu verteufeln. Um 1900 war der Pferdehalter maßlos enttäuscht, als ihm das Auto vor die Nase gesetzt wurde. Wir tun gut daran, die Lücken für uns zu finden. Die liegen in der Qualität. Die Pandemie hat uns vielleicht sogar einen Gefallen getan, die Leute auf Abstinenz zu setzen. Unsere Kunden waren monatelang zu Hause, hatten Gelegenheit, im Internet einkaufen zu können, bis es ihnen an den Ohren wieder herausgekommen ist. Und dabei haben sie bemerkt, dass ihnen der Mensch fehlt, die Kommunikation und das ganze Drum und Dran.
Gastronomie das Bindeglied
Meine Branche, die Gastronomie ist ein Bindeglied in dieser Geschichte. Was nützt das schönste Kleid, wenn ich es nicht zeigen, was der tollste Anzug, wenn ich damit nicht mit meiner Frau abends mal schön ausgehen kann. Nur um den Wohnzimmertisch laufen, wird schnell langweilig.
Vielleicht haben die Leute etwas begriffen. Und das könnte für den Einzelhandel eine Chance sein. Auch in einem kleinen Ort wie Altenhundem, wo wir im Einzelhandel noch ganz gut aufgestellt sind. Dann können wir den Handel nicht nur retten, sondern sogar stärken.“ Grundlage dafür, so Cordes weiter, müsse eine enge Zusammenarbeit von Handel, Gastronomie und Dienstleistung sein.