Vorhalle. Ramona Krause (31) aus Hagen hat Multiple Sklerose. Trotz der Erkrankung gibt sie die Hoffnung auf ein erfülltes Leben nie auf. Ihre Geschichte.

Auf einmal ist Ramona Krauses ganzer Körper halsabwärts taub, wird von einem Kribbeln durchzogen. Das Laufen wird schwieriger. Die Frau aus Hagen kann ihr Gleichgewicht an manchen Tagen kaum noch halten, ihren linken Fuß nicht heben. Es gab Vorzeichen. Aber es gab jahrelang keine Diagnose.

„Mir wurde schon lange davor oft schwindelig, teilweise habe ich nicht mehr richtig gesehen, alles war verschwommen“, sagt die 31-Jährige. Mit den stärkeren Symptomen geht sie dann erneut zum Arzt – die Mediziner finden sechs Entzündungsherde im Rückenmark. 2009 folgt dann die Diagnose: Multiple Sklerose, eine chronisch-entzündliche neurologische Autoimmunerkrankung.

Multiple Sklerose: Diagnose war ein Schock

„Das war auf jeden Fall ein Schock. Ich wusste fast nichts über die Erkrankung. Ich wusste nicht, was das für mein weiteres Leben bedeutet.“ Wie ihr Leben weitergehen wird und wie sich die Erkrankung, mit der Ramona Krause nun schon seit 12 Jahren lebt, entwickeln wird, das können die Ärzte bis heute nicht genau sagen. „MS wird oft als Krankheit mit tausend Gesichtern bezeichnet. Einfach, weil es bei jedem anders verläuft. Manche sind irgendwann auf einen Rollstuhl angewiesen, andere nicht.“

Ramona Krause hat seit ihrer Diagnose einen Schwerbehindertenausweis. Aber sie hat ihre Lebenslust und ihre Freude am Leben trotz allem nicht einen Tag verloren. Ein Spaziergang mit einer jungen Frau, die die Hoffnung niemals aufgegeben hat und immer noch viel vom Leben erwartet.

Dankbar für jeden Tag

Ramona Krause hat trotz ihrer MS-Diagnose noch viele Pläne für ihr Leben.
Ramona Krause hat trotz ihrer MS-Diagnose noch viele Pläne für ihr Leben. © WP | Michael Kleinrensing

Ramona Krause spricht ganz offen über ihre Krankheit und ihre Gefühle: „Ich bin seit der Diagnose auf jeden Fall dankbarer geworden. Dankbar über jeden Tag, an dem ich laufen und etwas erleben kann. An dem ich mit meiner Hündin Daisy einfach losziehe in den Vorhaller Wald, auch wenn mein Bein wieder krampft oder ich Pausen einlegen muss, weil ich den Berg nicht so gut hochkomme. Die Zeit in der Natur beruhigt mich. Und Stress ist ohnehin schlecht.“

Die Krankheit verläuft bei Ramona Krause in Schüben. Früher hatte sie drei oder vier im Jahr. Mit der medikamentösen Behandlung (Cortison, mittlerweile mit dem Medikament Tysabri, welches nur bei hochaktiven Schüben der Erkrankung eingesetzt wird) sind es weniger geworden, die Symptome dafür aber stärker.

Ausbildung zur Altenpflegerin

Als sie damals die Diagnose bekam, war sie gerade in der Ausbildung zur Altenpflegerin. „Ich habe meine Ausbildung trotz der MS-Diagnose abgeschlossen und noch zwei Jahre im Beruf gearbeitet. Dann musste ich mir leider eingestehen, dass ich die Arbeit als Altenpflegerin durch die zunehmenden Behinderungen nicht mehr schaffen kann. Die körperliche Anstrengung und der Stress… das ging leider nicht mehr.“

Ja, ihr Leben hat sich verändert. Ramona Krause verbringt viel Zeit in Kliniken und Arztpraxen, bekommt Infusionen, muss Medikamente nehmen, besser auf sich achten. Ramona Krause lebt jetzt mehr in den Tag hinein: „Ich weiß ja nicht, ob es mir nicht vielleicht in zwei oder drei Tagen wieder richtig schlecht geht. Aber dann habe ich Daisy“, sagt sie. Ein Dackel-Jackrussel-Mix. Klein, braune Knopfaugen, verschmust und etwas verfressen. „Daisy ist mein Antrieb, auch an solchen Tagen aufzustehen.“

Offener Umgang mit der Krankheit

Erst vor kurzem hat Ramona Krause eine Schiene getestet, die mit elektrischen Impulsen den Peroneus-Nerv stimuliert, damit sie ihren linken Fuß besser heben kann. „Das ist jetzt gerade in Beantragung bei der Krankenkasse. Ich hoffe, dass das klappt“, sagt sie und lächelt. „Vielleicht sitze ich irgendwann im Rollstuhl. Wer weiß das schon. Vorher will ich aber auf jeden Fall noch die Welt entdecken – und anderen Menschen helfen“, sagt sie 31-Jährige.

Ramona Krause hat verschiedene Fernlehrgänge absolviert. Zur Traumatherapie. Im Bereich Naturheilkunde. „Ich mag es, mich mit solchen Dingen zu beschäftigen.“ Und umso offener sie in den Jahren mit ihrer Erkrankung umging, desto mehr Menschen traf sie, die ebenfalls betroffen sind und offen darüber sprechen. „Mir hilft der Austausch mit anderen. Man versteht besser, was in einem vorgeht, kann sich austauschen und gegenseitig Mut machen“, sagt Ramona Krause.

Biontech arbeitet an einem Impfstoff

Hoffnung macht ihr auch eine ganz aktuelle Entwicklung: Biontech arbeitet gemeinsam mit der Universitätsmedizin Mainz an einem Impfstoff gegen Multiple Sklerose. „Wenn das klappt. Das wäre einfach der Wahnsinn“, sagt Ramona Krause und lächelt.

Im Vorhaller Wald dreht sie übrigens täglich ihre Runde mit Daisy. Mal etwas größer, mal etwas kleiner. „Ich bin tatsächlich erst vor ein paar Jahren aus Hattingen hergezogen. Aber ich gebe zu: Ich habe mich ein wenig in Hagen verliebt“, sagt Ramona Krause. „Ich finde es toll hier.“