Hagen. Die so wichtige medizinische Arbeit für Kinder von Dr. Ralph Hantschmann ist wenig bekannt, aber äußerst effektiv. Hier alles Wissenswerte.
Die Arbeit des Kinderneurologischen Zentrums SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) in Hagen geschieht oft im Verborgenen. Nicht bewusst, „aber dennoch fällt auf, dass viele unsere Arbeit überhaupt nicht kennen, wenn sie nicht selbst hier waren“, sagt der ärztliche Leiter Dr. Ralph Hantschmann. Dabei ist das SPZ seit 15 Jahren in Hagen aktiv und setzt sich für die frühe Erkennung und Behandlung von Entwicklungsstörungen, neurologischen Erkrankungen und Behinderungen bei Kindern und Jugendlichen ein.
Epilepsie-Ambulanz
Das Sozialpädiatrische Zentrum ist eine von den Krankenkassen anerkannte, ambulant arbeitende, ärztlich geleitete, medizinische Einrichtung.
Die Sozialpädiatrie ist ein Spezialgebiet der Kinder- und Jugendmedizin.
Zu den Kernaufgaben gehört die Untersuchung, Behandlung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit Entwicklungsauffälligkeiten oder gesundheitlichen Störungen, die zu körperlichen, geistigen und/oder seelischen Beeinträchtigungen führen oder führen können.
Das Sozialpädiatrische Zentrum Hagen ist eine von der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie anerkannte Epilepsie-Ambulanz für Kinder und Jugendliche.
Die Patienten sind Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 18 Jahren aus der Stadt Hagen und den umliegenden Landkreisen.
Voraussetzung für eine Vorstellung im SPZ ist eine Überweisung und damit ein konkreter Auftrag durch einen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.
„Ein Job, der einem unheimlich viel gibt“, betont Ralph Hantschmann. „Wir begleiten die Kinder und Familien oft über lange Zeit. Zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln, wie sie sich verbessern, Fortschritte machen, das ist einfach toll. Aber da sind natürlich auch die schwierigen Momente, in denen man Familien beim Loslassen begleiten muss. In denen die Kinder an ihrer Erkrankung sterben“, sagt der Arzt.
„Wenn wir jetzt zurückschauen, hat sich die Fallzahl der kranken Kinder erhöht, vor allem die Zahl der Kinder mit Schwerstmehrfachbehinderungen“, sagt Hantschmann. Und das hängt auch damit zusammen, dass der Anteil der Familien mit Migrationshintergrund seit 2015 drastisch gestiegen ist. „Deutlich mehr als 60 Prozent unserer Patienten haben einen Migrationshintergrund. Mehr, als in allen anderen sozialpädiatrischen Zentren im Umkreis.“ 6000 Familien im Jahr betreut das SPZ insgesamt. Viele Menschen kämen mit der Erwartung nach Deutschland, hier bessere medizinische Versorgungsmöglichkeiten für ihre Kinder vorzufinden. „In den Herkunftsländern ist die medizinische Versorgung schlechter. Das fängt oft schon mit der unzureichenden Geburtshilfe an“, erklärt Hantschmann.
Dunkelziffer noch deutlich höher
Der Hagener Arzt vermutet, dass die Dunkelziffer der Fälle noch deutlich höher sein könnte. „Nicht alle Familien, die betroffen sind, wissen von unserer Arbeit. Viele haben das Hilfesystem hier in Deutschland auch überhaupt noch nicht verstanden.“ Ralph Hantschmann will den Familien keine Vorwürfe machen. Appelliert aber im gleichen Zug, dass die frühen Hilfen hier besser greifen müssten, um Betroffene noch eher zu erreichen. „Je eher man mit einer Behandlung startet, desto besser sind die Chancen für die Kinder“, so Hantschmann.
„Wir würden uns daher wünschen, dass wir wieder eine offene Sprechstunde anbieten könnten, um die Hemmschwelle möglichst niedrig für die Familien zu halten, für die es manchmal schon eine Hürde sein kann, hier anzurufen, um einen Termin zu vereinbaren.“ Aber das scheitere derzeit an der Finanzierung, die über die Krankenkasse läuft. Alle Familien kommen – unabhängig vom Krankheitsbild oder der Herkunft der Kinder – ausschließlich nach einer Überweisung des Kinderarztes zum SPZ. „Nach ausführlichen Gesprächen mit den Familien und Untersuchungen stellen wir dann letztlich einen Behandlungsplan auf“, so Hantschmann.
Auch jetzt in der Coronazeit finden Behandlungen und Beratungen mit Terminvereinbarung statt. Dolmetscher, die sonst viele der Familien zum Termin begleitet haben, werden jetzt telefonisch oder per Video zugeschaltet. „Die Arbeit mit allen Familien klappt wirklich gut“, betont der ärztliche Leiter. Hantschmann ist seit der ersten Stunde im Hagener SPZ mit dabei. Seit 2006.
Damals noch mit einem Team aus einer Handvoll Mitarbeitern. Heute sind es schon 23 Mitarbeiter aus den verschiedensten Bereichen: Kinderneurologie, Psychologie, Psychotherapie, Heilpädagogik, Ergotherapie, Rehabilitation, Sprachtherapie. „Wir verfolgen hier einen ganzheitlichen Ansatz. Das Team setzt sich aus verschiedenen Berufsgruppen zusammen, die eng vernetzt arbeiten, um einer ganzheitlichen Diagnostik der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden. Auch einen Therapiehund haben wir im SPZ, der beispielsweise gerade Kindern mit Entwicklungs- oder Verhaltensstörungen auch helfen kann.“