Hagen-Haßley. Was mit den historischen Funden, die auf dem umgegrabenen Feld auf Hagen-Haßley passiert und wie es mit dem neuen Baugebiet weitergeht.
Welch spannende Dinge von November bis Anfang März auf dem Haßleyer Feld gefunden wurden, hatte wohl kaum jemand für möglich gehalten. Innerhalb der Grabungsfläche konnten dort, wo in Kürze ein Neubaugebiet entsteht, archäologische Funde aus drei Epochen – unter anderem ein alter Hausgrundriss und eine Verbrennungsstätte für Menschen und Tiere – entdeckt werden.
Wie es jetzt weitergeht? Die Funde haben keinen Einfluss auf die Pläne der Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft (HEG), die für die Vermarktung der 22 Einfamilien- sowie Doppelhäuser verantwortlich zeichnet.
Bezug vermutlich Ende 2022
Zum Hintergrund: Die etwa 12.000 Quadratmeter große Fläche an der Raiffeisenstraße befand sich bis vor kurzem noch in Privatbesitz, wurde dann jedoch veräußert. „Es liegt dort Baurecht vor. Im April oder Mai werden wir, also die HEG, gemeinsam mit der Sparkasse Hagen/Herdecke in die Vermarktung einsteigen“, sagt HEG-Geschäftsführer Hans-Joachim Bihs.
Die Erschließungsarbeiten, die Ausschreibung und der Verkauf der Grundstücke starten also demnächst. Er, Bihs, kalkuliere eine eineinhalbjährige Bauzeit ein, so dass die Häuser vermutlich Ende 2022 bezogen werden können.
Begehrte Bauplätze
Da es sich bei dem Baugebiet an der Raiffeisenstraße um ein überzeichnetes Grundstück handelt (auf jeden der begehrten Bauplätze kommen etwa 20 Bewerber), wurde ein Wertungsverfahren eingerichtet, sprich, es werden Bewerberlisten mit einem Punktesystem geführt, „demnach haben zum Beispiel Leute mit Kind oder Kindern und jene, die bereits in Hagen wohnen, bessere Chancen als andere“, erläutert der HEG-Geschäftsführer.
Aber zurück zu den Funden beziehungsweise dazu, wie es zu den Ausgrabungen überhaupt gekommen war: Als der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) von dem Bauvorhaben auf Haßley erfuhr, bekundete er in Absprache mit der Archäologin der Stadt Hagen, Mirjam Kötter, Interesse, im Vorfeld auf besagtem Areal zu graben.
Als die durch eigene LWL-Mitarbeiter durchgeführten Vorarbeiten seltene Funde hervorbrachten, beauftragte die HEG auf ihre Rechnung eine Spezialfirma für einen professionellen Baggerschnitt. Daraufhin rückte die Grabungsfirma Goldschmidt aus Düren für mehrere Wochen (mit Unterbrechung) auf Haßley an.
Sogar Funde aus der Eisenzeit
Grabungsexperte Dáire Leahy und sein Team stießen unter anderem auf Brandgräber, Überreste einer Metallproduktionsstätte sowie auf Reste einer neuzeitlichen Straße. „Die Funde stammen aus der Eisenzeit, also etwa 600 bis 700 Jahre vor Christus, aus dem Hochmittelalter, also dem 13./ 14. Jahrhundert sowie aus der Neuzeit, von der man ab 1492 spricht“, erläutert Leahy.
Der Archäologe mit irischen Wurzeln erklärt, dass es sich nicht gerade um fotogene Funde handele, „aber sie sind selten und lassen spannende Rückschlüsse zu. Der Betrachter der Funde benötigt nur ein wenig Fantasie und eine Interpretation durch einen Experten.“ Damit spielt der Archäologe zum Beispiel auf entdeckte dunkle Verfärbungen im Mutterboden an. Sie sind durch die Eingrabung von Holzpfosten, die das Grundgerüst eines Hauses bildeten, entstanden. Die Verfärbungen lassen sich zu einem der ältesten Hausgrundrisse in Hagen rekonstruieren.
Aufsatz über Haßleyer Funde geplant
In seinem Heimatland Irland sei es übrigens so, erzählt der Experte, dass archäologische Arbeiten bei fast jedem Bauvorhaben vorgeschaltet seien, „für den Fall der Fälle“. In Deutschland sei das anders, da müsse eine Art „Verdacht“ vorliegen, „das Feld auf Haßley – bislang ja eine fundfreie Fläche – ließ zum Glück den Rückschluss zu, dass es sich auch schon früher um ein günstiges Siedlungsareal gehandelt haben könnte“, so der Archäologe erleichtert.
Erfolgreiche Kooperation
Bei der Überprüfung des Neubaugebietes in Haßley arbeiteten die Hagener Stadtarchäologie, die Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen sowie die Grabungsfirma Goldschmidt aus Düren eng zusammen.Um die Funde noch konkreter bestimmen zu können, wird jetzt eine Radiokarbondatierung (eine sogenannte C 14-Datierung, also ein Verfahren zur Datierung organischer Materialien) in einem Labor der Uni Köln vorgenommen.
Zurzeit werden die gewonnenen Proben in Düren zum Verschicken vorbereitet. „Wir lassen sie in einem Labor der Uni Köln datieren.“ Holzkohle und Knochenüberreste würden, so Leahy, per Radiokarbondatierung konkret bestimmt. Bis alle Proben im Labor ausgewertet sind, kann es Wochen oder Monate dauern, „und dann wird noch ein Abschlussbericht gefertigt.“
Was Dáire Leahy auf jeden Fall plant? „Der LWL gibt jedes Jahr ein Buch mit Beiträgen über interessante Ausgrabungen heraus. Für das kommende Buch werde ich einen Aufsatz über die spannenden Funde auf Haßley schreiben.“