Hagen. Marco Adam hat seine Gesellenprüfung bestanden. Jetzt sammelt er im Familienbetrieb erstmal Erfahrung. Vater und Onkel freuen sich darüber.
„Mit dem Laser hier kann man ganz filigrane Teile zusammenfügen. Und den 1,5 Kilo schweren Hammer dort hinten benutzen wir, um Gold zu walzen, ähnlich wie Teig.“ Wenn Marco Adams Blick durch die Werkstatt schweift, ist er in seinem Element. Der 21-Jährige hat gerade seine Gesellenprüfung im Goldschmiedehandwerk abgelegt, „und mit zwei bestanden“, sagt sein Vater Burkhard Adam stolz. Marco bildet die dritte Generation in der Goldschmiedefamilie Adam.
Der junge Mann arbeitet nun gemeinsam mit seinem Vater Burkhard und seinem Onkel Ingo in der Goldschmiede-Werkstatt im Sparkassen-Karree in der Hagener Innenstadt.
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„Erstmal will ich hier jetzt Erfahrungen sammeln. Irgendwann, vielleicht in zwei, drei Jahren, werde ich mich dann wohl zur Meisterprüfung anmelden. Aber die Welt will ich auch noch kennenlernen“, lacht Marco Adam. Asiatische Länder würden ihn besonders reizen, sagt der 21-Jährige, der durchaus bereits Fernreisen-erprobt ist. Schließlich ist seine Mutter gebürtige Mexikanerin, und da steht ein Besuch ihrer Familie ab und an auf dem Programm.
Aber zurück in die Werkstatt, in der Marco Adam gerade an einer Fassung für einen Opal („Der farbenreichste Stein, den es gibt“) arbeitet. „Der Opal wird einen Ring zieren“, erläutert der junge Mann, „Ringe sind meine Lieblingsschmuckstücke; beim Fertigen hat man so viele Möglichkeiten“.
Nachfolger in Sichtweise
Ingo (62) und Burkhard (59) Adam haben von ihrem Vater - dem Goldschmiedemeister Oskar Adam – 2006 die Geschäftsführung übernommen. „Wir sind natürlich froh, dass mit Marco ein Nachfolger in Sichtweite ist“, sagen die Brüder erleichtert. Beide wissen über die Nöte, die im Handwerk und besonders im Goldschmiedehandwerk herrschen: „Die Nachwuchssorgen bei unseren Kollegen sind groß, und es gibt kaum noch Ausbildungsbetriebe“, bedauert Ingo Adam. So kümmere sich die Handwerkskammer Köln momentan gerade mal noch um zwei Auszubildende.
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Wobei es auch für Marco keinesfalls seit Kindertagen feststand, dass er ins Goldschmiedehandwerk und in den Familienbetrieb einsteigt. „Klar war das vor ein paar Jahren absolut nicht“, blickt Marco Adam zurück, „ich hab’ zum Beispiel ein Schülerpraktikum in einem Autohaus gemacht, das war auch nicht schlecht“. Mit 14, 15 Jahren hätte er in der Goldschmiedewerkstatt auch schon mal kleine Stücke aussägen dürfen, „irgendwann hab’ ich gedacht ,Ich schnupper da mal etwas intensiver rein, und wenn es mir gefällt, dann bleib’ ich“.
Berufsschule in Essen besucht
Es gefiel ihm, und daher besuchte er nach dem Fachabitur für dreieinhalb Jahre die Berufsschule in Essen. „Ich war einmal pro Woche dort und ab und an gab’s spezielle Werkstattwochen, außerdem alle paar Monate einen ein- bis zweiwöchigen überbetrieblichen Ausbildungsblock in Münster. Dort ging es zum Beispiel ums Schmieden oder Steinefassen. Und wir fertigten Schmuckstücke zu besonderen Themen wie florale Muster.“
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Welches Fach ihn im Unterricht am meisten gepackt hat? „Gemmologie“, schießt es aus Marco Adam heraus. Der Bereich der Edelsteinkunde sei schon echt interessant „darin hab’ ich in meiner Prüfung auch eine eins bekommen“, fügt er fast ein wenig verlegen hinzu. Und beginnt zu fachsimpeln: Mit Hilfe eines Refraktometers prüfe man die Lichtbrechung, diese gebe wiederum Auskunft über die Qualität eines Steines.
Nachwuchsprobleme sind im Handwerk groß
Goldschmiedemeister Oskar Adam (wurde vor kurzem 90 Jahre alt) ist seit 66 Jahren mit Christel (85) verheiratet; die beiden haben fünf Kinder, von denen vier (u.a. Ingo und Burkhard Adam) das Goldschmiedehandwerk bei Oskar erlernt haben.Zur Goldschmiede Adam im Sparkassen-Karree gehört seit 2016 auch das sich im gleichen Gebäudekomplex befindende Fachgeschäft „Eva Trauringwelten“ (früher war auf der Fläche die Porzellan Galerie Pieroth beheimatet). 2019 wurden im Sparkassen-Foyer die „Adam Schmuckwelten“ eröffnet; dort werden Trendschmuck und Uhren angeboten.Marco Adams Abschlussklasse auf der Berufsschule in Essen besuchten 16 junge Frauen und lediglich vier junge Männer. Auch in der Goldschmiede Adam ist Marco (neben Ingo und Burkhard Adam) Hahn im Korb - dort sind zehn Mitarbeiterinnen beschäftigt, jüngst wurde allerdings die erste männliche Kraft (ein IT-Experte) eingestellt.Bei der Handwerkskammer Essen war 1980 jedes der drei Ausbildungsjahre 40 Köpfe stark; die Klassen mussten aus diesem Grund halbiert werden. 2006 war jeder Jahrgang noch 25 Köpfe stark, 2021 bildeten nur noch maximal 20 Auszubildende eine Klasse.
„Ein Brillant, also ein geschliffener Diamant, ist zum Beispiel sehr hart und kratzunempfindlich, während Zirkonia ein künstlich hergestellter Kristall ist. Der günstige Zirkonia-Stein wird häufig als Diamant-Imitation verwendet. Allerdings verblasst Zirkonia schnell und bekommt leicht Macken.“
Auch im „Reich der Edelmetalle“ kennt sich der junge Mann gut aus, spricht locker und ohne belehrend zu wirken über Feingehalt bei Silber, Gold und Platin und über Legierungen: „Bei Rotgold ist der Kupferanteil zum Beispiel höher als bei Weißgold.“
Werkstatt ins Geschäft integriert
In der kleinen Werkstatt, die in das Schmuckgeschäft im Sparkassen-Karree integriert ist, gibt es viel zu entdecken. Wie die Goldwalze, die Hebeschere, mit der Gold- und Silberplatten geschnitten werden oder eine Poliermaschine. „Hier ist eben noch echte Handarbeit angesagt“, betonen die Goldschmiedemeister Ingo und Burkhard Adam.
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Was auffällt? Während Marcos Onkel und sein Vater selbst Schmuck tragen, ist bei ihm nichts zu entdecken. „Aber das ist Zufall, ich trage fast immer meinen Lieblingsring.“ Den leicht geschwärzten Ring hat Marco Adam in seinem ersten Lehrjahr handgeschmiedet, „daran hänge ich schon“.
Freude an Kundenberatung
Die größte Freude bereitet es dem sportlichen, kommunikativen 21-Jährigen, wenn er Kunden in Sachen Anfertigung beraten kann, diese dann bei ihm ein Schmuckstück in Auftrag geben und nachher darüber begeistert sind.
Ein Beispiel? „Ein Kunde hat von mir für seine Frau, die ein großer Fan des Musikduos Rosenstolz ist, eine Kette fertigen lassen. Sie sollte so aussehen wie jene Glaube-Liebe-Hoffnung-Kette, die Rosenstolz-Sängerin Anna oft trägt.“ Der auffällige Halsschmuck, der aus einem Kreuz, einem Herz und einem Anker aus Silber sowie einem Karneol-Edelstein besteht, liegt zur Abholung bereit. „Ich bin mal gespannt, wie das Geburtstagsgeschenk bei der Frau ankommt“, lächelt Marco Adam augenzwinkernd.