Hagen. Hätte der Hochstapler-Mediziner des DRK schon eher enttarnt werden können? Vor Gericht äußert sich die DRK-Spitze.
Der Prozess um den falschen Arzt (33) beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) und der Stadt Hagen: Am zweiten Verhandlungstag musste DRK-Vorstandssprecher Udo Stroh (60) im Landgericht in den Zeugenstand. Nach seiner Aussage scheint sicher, dass der ganze Schwindel schon Monate vorher hätte auffliegen können.
Denn: Der Betrüger im weißen Kittel war zwar erst um die Jahreswende enttarnt worden, doch schon Ende August hatte der spätere DRK-Kreisverbandspräsident Dr. Elmar Müller berechtigte Zweifel an der Echtheit des Mediziners angemeldet: „Ich glaube, das ist gar kein Arzt“, zitiert der Zeuge das Gespräch. Zu diesem Zeitpunkt hätte Dr. Müller bereits ein Hinweis aus seinem Privatumfeld vorgelegen, dass hier ein Hochstapler am Werk sein könnte. Stroh versprach, sich um die Angelegenheit zu kümmern und entsprechende Unterlagen vom Angeklagten, der seinerzeit als Rotkreuzarzt in Haspe tätig war, einzufordern.
Juristische Konsequenzen angedroht
Doch der 1. Vorsitzende des DRK-Ortsvereins Haspe, zugleich Präsidiumsmitglied und Rechtsanwalt, hätte ihn bei den Nachforschungen ausgebremst und sogar juristische Konsequenzen angedroht: „Wenn Sie weiterhin behaupten, er sei kein Arzt und auch kein Doktor, müssen Sie mit einer Unterlassungsverfügung rechnen“, schilderte Zeuge Stroh vor Gericht, warum er sich damals eingeschüchtert fühlte: „Das hat auf mich Wirkung gemacht.“
Der Angeklagte hat zwar später noch seine (gefälschte) niederländische „Approbationsurkunde“ und „Facharzturkunde für Notfallmedizin“ nachgereicht, doch der misstrauisch gewesene Dr. Müller, der inzwischen zum DRK-Kreisverbandspräsidenten aufgestiegen war, hätte gegenüber Stroh einfach nicht lockergelassen: „Lass Dir das bestätigen“, soll er ihn aufgefordert haben.
Keine Reaktion aus Arnsberg
Deshalb sei, um den angeblichen Arzt und Doktor weitergehend zu überprüfen, am 21. Dezember die Bezirksregierung Arnsberg mit Einschreiben und Rückschein angeschrieben worden: „Ganz vorsichtig und vertraulich, denn ich hatte immer noch den Druck vom Hasper Ortsvereinsvorsitzenden im Nacken.“ Der Zeuge Stroh: „Den Rückschein haben wir bekommen, eine Antwort der Bezirksregierung jedoch bis heute nicht.“
Zwischen Weihnachten und Neujahr hätte sich dann die Kripo bei Udo Stroh gemeldet - man müsse ihn dringend sprechen, so der DRK-Kreisvorsitzende, denn es liege eine anonyme Anzeige wegen eines falschen Arztes vor. Kurz darauf, am 30. Dezember, gab‘s dann die offizielle Bestätigung durch die Ärztekammer: Die vorliegende Approbationsurkunde sei falsch. Auf der Stelle, so berichtete DRK-Vorstand Stroh im Zeugenstand, hätte er den Angeklagten angerufen und damit konfrontiert. Der falsche Arzt und Doktor, der sich offenbar im Auto befand, habe am Handy aber alles andere als ertappt, sondern eher locker auf den Vorwurf reagiert: „In Ordnung, das kann sich nur um ein Versehen handeln. Ich kläre das.“